Frohe Ostern - Der Mannheimer Historiker Hiram Kümper über Bräuche, die teilweise auch mit der deutschen Geschichte zusammenhängen

Mannheimer Historiker erklärt: Warum bringt der Osterhase die Ostereier?

Von 
Sebastian Koch
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Warum bringt der Osterhase die Ostereier? © dpa

Hiram Kümper ist an der Universität Mannheim Professor für Geschichte des Spätmittelalters und der Frühen Neuzeit. Er erklärt, woher typische Osterbräuche stammen.

Herr Kümper, mich haben die drei nach Mannheim geflüchteten ukrainischen Mädchen Nastja, Tanja und Sascha gefragt, warum es einen Osterhasen gibt - und damit mein Halbwissen auf eine harte Probe gestellt. Helfen Sie mir, bitte.

Hiram Kümper: Das ist schwer (lacht). Der Hase bringt ja auch das Ei, das schon lange ein christliches Symbol für Wiedergeburt und Leben ist. Aus dem Ei entsteht Leben. Warum jetzt aber der Hase das Ei bringt, ist eine andere Frage. Wir hatten in Deutschland Regionen, in denen traditionell die Henne das Ei gegeben hat, bis die Werbeindustrie den Hasen gepusht hat. Man kann über den Ursprung also nur spekulieren. Eine Theorie geht auf die Germanen zurück - das ist immer leicht, weil es wenige Quellen zu den Germanen gibt und die deshalb gerne herhalten müssen (lacht). Aber es liegt nahe, dass auch der Hase ein Symbol für Fruchtbarkeit und des Lebens ist.

Also hat der Hase keinen christlichen Ursprung?

Kümper: Ich denke, dass sich hier Traditionen verbinden - das volkstümliche Tier bringt das christliche Ei. Ich vermute, dass es auch deshalb den Hasen in der Ukraine gar nicht gibt. Das hängt damit zusammen, dass gerade die frühchristlichen griechischen Kirchenväter, die für die orthodoxe Kirche wichtig sind, ihn eher suspekt fanden. Für sie war der Hase, der so viel Nachwuchs zeugt, eher ein Symbol für das Sündige oder das Kurzlebige.

Historiker Hiram Kümper. © kümper

Warum malen wir Ostereier an und hängen sie an Bäume?

Kümper: Es gibt Quellen aus dem 17. Jahrhundert, die davon berichten. Der Brauch ist also alt. Auch hier verbinden sich Traditionen: Feste sollen bunt sein und Ostern fällt in eine Jahreszeit, in der Knospen blühen und Leben entsteht. Daher stammt wohl die Verbindung, dass man bunte Eier an Äste und Zweige hängt. Außerdem kommt dazu, dass Menschen beim Einzug in Jerusalem eine Woche vor Ostern dem Esel, auf dem Jesu ritt, Palmzweige in den Weg gelegt haben. Weil die Palme in Deutschland nicht heimisch ist, nimmt man andere Zweige, an die man das Symbol des Lebens hängt.

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Die Mädchen haben sich gewundert, dass man hier an Ostern so viel Schokolade isst. Gibt es dafür eine Erklärung?

Kümper: Das ist mit unserer Geschichte verbunden. Mitte des 19. Jahrhunderts wurde in Deutschland ein Verfahren entwickelt, um aus der Zuckerrübe industriell Zucker zu gewinnen. Das heißt, man hatte ganz viel preiswerten Zucker. Gleichzeitig kam Deutschland unter Reichskanzler Bismarck auf die Idee, dass man auch Kolonien in Afrika will. Auf einmal kommt also Kakao nach Deutschland. Der Kolonialismus lebte stark davon, Produkte aus Kolonien zu bewerben: „Die Deutschen finden ihre Kolonien toll und wollen deshalb alle Sachen aus der Kolonie.“ Es kam zu einem Schokoladen-Boom. Und so wurde Schokolade zu jedem willkommenen Anlass gegessen - auch zu Ostern und Weihnachten.

Wie hat sich das Fest aus historischer Sicht verändert?

Kümper: Die Form, wie man feiert, hat sich in Zentraleuropa und in Deutschland verändert: Ostern kann auf diese Weise jeder feiern, egal welcher Religion. Natürlich hat es einen christlichen Kern, aber es gibt so viele Bräuche, die man auch feiern kann, wenn man nicht dem Glauben angehört. Auch Muslime, Juden oder andere christliche Konfessionen können Eier anmalen und sich über den Frühling freuen. Die Freude daran kann man, gerade in einer pluralistischen Gesellschaft, gut und friedlich teilen. Das ist ein Erfolgsrezept von Ostern.

Eine Fassung des Interviews auf ukrainisch finden Sie hier.

Redaktion Reporter in der Lokalredaktion Mannheim & Moderator des Stotterer-Ppppodcasts

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