Mannheim. Die AfD als Gesamtpartei ist „gesichert rechtsextremistisch“: Zu dieser Einschätzung ist das Bundesamt für Verfassungsschutz Ende vergangener Woche gekommen. Das hat eine breite Debatte ausgelöst. Welche Folgen hat das für den Mannheimer Gemeinderat, wo die AfD mit sieben Mitgliedern immerhin die viertstärkste Fraktion stellt? Einige Reaktionen aus der Stadt.
Stadtverwaltung
Direkte rechtliche Konsequenzen hat die Einstufung des Verfassungsschutzes für die sieben AfD-Stadträtinnen und Stadträte in Mannheim gar keine. Das erklärte eine Sprecherin der Stadtverwaltung auf Anfrage. Obwohl sie nun offiziell der Fraktion einer rechtsextremistischen Partei angehören, könnten sie ihr Amt ganz normal weiter ausführen. Erst wenn es zu einem Verbot der AfD durch das Bundesverfassungsgericht käme, hätte dies formelle Konsequenzen: Denn in Paragraf 31 A der Gemeindeordnung Baden-Württemberg ist geregelt, dass in solchen Fällen die Stadträtinnen und Stadträte der entsprechenden Partei den Gemeinderat verlassen müssen.
Auch politisch scheint sich trotz der Neubewertung der AfD durch die Behörde kaum etwas zu verändern. Das legen die Stellungnahmen der anderen Fraktionen nahe. Nach der Haltung des bürgerlich-liberalen Lagers ist es weiterhin nicht ausgeschlossen, dass die Stimmen der AfD einen entscheidenden Einfluss haben können.
CDU
Für das Verhalten der CDU spielt die Einschätzung des Verfassungsschutzes keine Rolle, erklärt Fraktionsvorsitzender Claudius Kranz: „Es muss weiterhin keine Änderung der CDU-Gemeinderatsfraktion im Umgang mit der AfD-Fraktion geben“, sagt er: „Es hat zu keinem Zeitpunkt eine Zusammenarbeit gegeben. Es wurden und werden keine gemeinsamen Absprachen zu Vorlagen oder Anträgen getroffen.“
Grüne
„Wir sehen uns mit unserer Einschätzung bestätigt“, sagt Gabriele Baier, eine der beiden Fraktionschefinnen, zur Einstufung: „Die AfD hat sich seit ihrer Gründung rechtsextreme und völkische Ideologie immer mehr zu eigen gemacht, diese Entwicklung zeigt sich auch in Mannheim.“ Von Anfang an seien die Grünen sehr distanziert mit der AfD umgegangen. Das setze man fort.
SPD
Die AfD ziele darauf ab, „unsere Demokratie und den Rechtsstaat zu beseitigen“, sagt Fraktionschef Reinhold Götz. Dagegen gelte es, „klare Kante“ zu zeigen: keine Zusammenarbeit mit der AfD, keine Unterstützung derer Anträge sowie auf eigene Anträge zu verzichten, „für die sich eine Mehrheit ausschließlich aufgrund einer möglichen Zustimmung durch die AfD abzeichnet“. Auch bei informellen Treffen wie den Besprechungen des Oberbürgermeisters mit den Fraktionschefs will Götz die Partei künftig außen vor lassen: „Ziel muss es sein, die AfD im Mannheimer Gemeinderat durch alle demokratischen Fraktionen zu isolieren.“
FDP
Für die Liberalen erklärt Fraktionschefin Birgit Reinemund: „Unsere Fraktion hat bisher eine Zusammenarbeit mit der AfD abgelehnt und wird das weiterhin so handhaben.“ MfM-Stadtrat Wolfgang Taubert ergänzt für seine Gruppierung „Mittelstand für Mannheim“, die mit der FDP eine Fraktionsgemeinschaft bildet: „Wir pflegen, wenn überhaupt, einen professionellen und keinen persönlichen Umgang mit der AfD.“
LTK
Linke, Tierschutzpartei und Klimaliste betonen, dass es juristisch nicht möglich sei, die Rechte der AfD-Stadträte pauschal zu beschränken. Im Einzellfall könne die Einstufung aber ein Argument sein „für strengere Prüfungen bei der Vergabe bestimmter Ämter, bei der Abwägung von Ermessensentscheidungen und beim Zugang zu vertraulichen Informationen“, lässt Fraktionsvorsitzende Nalan Erol mitteilen. Zudem erwarte die LTK, „dass die Stadtverwaltung nach dieser Einstufung nun prüft, ob für die Vermietung öffentlicher Räume an die AfD strengere Auflagen zu stellen sind“.
ML
„Die Freien Wähler/Mannheimer Liste werden Ihr Verhalten gegenüber der AfD-Fraktion im Gemeinderat nicht ändern“, erklärt der Fraktionsvorsitzende Holger Schmid. „Wir werden weiterhin mit allen 48 gewählten Stadträten reden, es wird aber wie bisher keinerlei Absprachen mit der AfD-Fraktion geben.“
Ferrat
Auch Einzel-Stadtrat Julien Ferrat sieht keinen Anlass für eine Kursänderung. Er bleibe dabei, für das zu stimmen, was er sinnvoll finde - egal, wer den Antrag gestellt habe: „Wenn die AfD ein berechtigtes Anliegen formuliert, halte ich es für verkehrt, das Anliegen pauschal abzulehnen, nur weil es von der AfD kommt.“
Cademartori
Ganz anderer Meinung ist die SPD-Bundestagsabgeordnete Isabel Cademartori: „Die Demokratie muss sich vor allem gegen diejenigen verteidigen, die sie von innen heraus zerstören wollen“, teilte sie in einem Pressestatement mit. Konkret bedeute das: „Dem Gutachten müssen jetzt juristische Konsequenzen folgen“, erklärt sie. „Entsprechend sollte ein Verbotsverfahren angestrebt werden. Die letztendliche Entscheidung über ein Verbot liegt jedoch beim Bundesverfassungsgericht.“
AfD
Weder Vertreter des Kreisvorstands, der Fraktion noch einzelne Stadträte wollten sich zu dem Thema äußern.
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