Wirtschaft - Gastronomie in schwieriger Lage / Erneuter Lockdown könnte für manche Betriebe das Ende bedeuten

Mannheimer Gastronomie in schwieriger Lage - viele Feiern auf 2022 verschoben

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Stefanie Ball
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Das Estragon in Neckarau ist kreativ und verwandelt an Wochenenden den Biergarten in einen Wintergarten. © Stefanie Ball

Mannheim. Die Silberpappel steckt in einer schwierigen Lage. Die Corona-Pandemie hat dem noch jungen Betrieb zugesetzt. „50 Prozent unseres Umsatzes machen wir mit Veranstaltungen“, sagt Inhaber Florian Groß. Doch davon gab es in den letzten zwei Jahren nur wenige. „Auch in diesem Sommer haben viele Gäste ihre Feiern verschoben – auf 2022.“ So zieht die Hoffnung weiter, ins nächste Jahr. Doch nicht nur die Gäste bleiben aus. Auch das Personal. Das Restaurant mit seiner großen Terrasse vor und hinter dem Gebäude, das direkt hinter dem Rheindamm in Neckarau liegt, bezieht seine Lebensmittel von Klein- und Kleinsterzeugern aus der Region; auf der Speisekarte stehen ausgesuchte saisonale Gerichte, zuletzt waren es Wildgulasch und Wildschweinbratwürste. „Es ist schwierig, jemanden zu finden, der sich mit unserem Kochstil identifiziert“, bedauert Groß. Jetzt geht die Silberpappel erst mal in die Winterpause.

Silvester-Partys fallen aus

Auch im Bootshaus am Neckar war die Stimmung schon mal besser. „Normalerweise haben wir an beiden Weihnachtsfeiertagen geöffnet, jetzt gibt es nur am 25. Dezember ein Mittags- und Abendbuffet.“ Auch das Dinner an Silvester hat das Bootshaus abgesagt. „Das war uns zu unsicher“, bedauert eine Mitarbeiterin. Dann sind Betriebsferien – bis Mitte Januar, eine Woche länger als ursprünglich geplant. Ähnlich die Situation bei den Rheinterrassen auf dem Lindenhof: Am ersten und zweiten Weihnachtstag ist geöffnet, zwischen den Jahren geschlossen, und auch die Party an Silvester fällt aus, bis 22 Uhr können Gäste aber zum Essen vorbeikommen.

Die Absage großer Weihnachtsfeiern beklagen eigentlich alle Gastronomiebetriebe in der Stadt, doch manch einer gewinnt dem auch Positives ab. „Dafür sind kleinere Gruppen gekommen“, berichtet etwa der Gasthof zum Ochsen in Feudenheim. Auch das Sterne-Restaurant Doblers in der Schwetzinger Vorstadt konnte mehr Privatgäste als sonst im Dezember begrüßen. „Die sind mir genauso lieb“, erklärt Norbert Dobler. Vor ein paar Tagen sei das Restaurant kontrolliert worden, was Dobler freut: „Wenn die Einhaltung der Hygienemaßnahmen nicht kontrolliert wird, hält sich zum Schluss keiner dran.“

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Im Marly in der Rheinvorlandstraße im Mannheimer Hafen sind die großen Weihnachtsfeiern ebenfalls ausgefallen. „Dafür hatten mehr Privatleute eine Chance, einen Tisch zu bekommen“, heißt es. Zwischen den Jahren und an Silvester ist das Restaurant, das wie das Doblers mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet ist, praktisch ausgebucht. Dennoch sei die Stimmung getrübt. „Das Thema Corona legt sich wie ein Schleier über alles.“

Es fehlt an Personal

Und dann fehlt auch noch das Personal. „Normalerweise kommen im Oktober die Studierenden nach Mannheim, und die suchen meistens einen Job“, sagt die Chefin der Café-Bar Dolce Amaro am Wasserturm, Iris Haas. Doch weil das Studium vielfach noch virtuell stattfindet, sei der große Schub neuer Studenten ausgeblieben – und damit die Bewerbungen. So gelten an den zwei Weihnachtsfeiertagen im Dolce Amaro verkürzte Öffnungszeiten, an Heiligabend ist bis 16 Uhr offen, an Silvester bis 17 Uhr.

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An der Antwerpener Straße, in unmittelbarer Nähe zum Rhein, liegt die Heimat, und das Team dort freut sich, überhaupt vor Ort sein können. „Es ist viel, viel weniger los als sonst, aber es ist immer noch besser als zu schließen“, sagt ein Mitarbeiter. Aus psychologischen Gründen, weniger aus wirtschaftlichen. „Wir haben im letzten Jahr, im Lockdown, den Gästen das Essen nach Hause gebracht, es ist aber doch schöner, sie persönlich am Tisch zu bedienen.“

Wenn Tuncay Atacan in sein Reservierungsbuch für den ersten und zweiten Weihnachtstag blickt, sieht er 60 Prozent weniger Buchungen, als er vor der Pandemie an den Feiertagen hatte. Trotzdem will er die Maruba am Neckar nicht schließen. Weil er den Stammgästen auch in diesem Jahr ein Weihnachtsfest in seinem Gasthaus ermöglichen will. Weil er seinen Mitarbeitern das Gefühl vermitteln möchte, einen sicheren Arbeitsplatz zu haben. „Wir können nicht den Kopf in den Sand stecken“, sagt Atacan. In Krisenzeiten wie diesen müsse die Gastronomie kreativ sein, versuchen, das Beste rauszuholen, das Personal bei der Stange, die Gäste bei Laune zu halten.

Kreativ war man im Estragon in Neckarau. Dort wurde an den Wochenenden der Biergarten kurzerhand zum Wintergarten umfunktioniert – mit Birnenglühwein, Winzerglühwein und Waffeln. Fürs Erste soll der auch weiter geöffnet bleiben. Im Gasthaus selbst sieht die Buchungslage für den ersten und zweiten Weihnachtsfeiertag gut aus, und sollten doch noch Gäste kurzfristig absagen, hat das Estragon eine Warteliste.

Appell von OB Kurz vermisst

Trotzdem ist Inhaber Sven Landua verärgert – über die Kommunikationspolitik der Stadt. „Ich hätte mir von unserem Oberbürgermeister Peter Kurz gewünscht, dass er sich mal hinstellt und dazu aufruft ,Kauft bei den Einzelhändlern, geht in die lokale Gastronomie’.“ Ob das allerdings noch lange möglich sein wird, weiß er nicht, Landua fürchtet schon bald einen Lockdown. „Finanziell wird es dann eng, das wird mancher Betrieb nicht überleben.“

Freie Autorin

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