Mannheim. Die Mannheimer CDU sorgt erneut für Schlagzeilen: Der Kreisvorstand um die kommissarische Vorsitzende Katharina Funck hat gegen den Ehrenvorsitzenden Egon Jüttner einen sogenannten Verweis nach dem Parteienstatut ausgesprochen und ihn darüber hinaus aufgefordert, seinen Ehrenvorsitz abzugeben. Der Beschluss in der Vorstandssitzung am Montagabend sei „mit sehr großer Mehrheit gefallen“, heißt es in einer Mitteilung der Partei am Dienstag. Grund sei Jüttners „Verhalten“ in der Vorstandssitzung vor 14 Tagen. Weitere Angaben dazu macht die Parteiführung weder in der Mitteilung noch auf Nachfrage. Sie verweist auf die Vertraulichkeit der Sitzungen.
Konkreteres gibt es allerdings in einer E-Mail, die an die Mitglieder verschickt wurde. Darin heißt es, den Verweis habe man ausgesprochen, weil Jüttner während der Online-Sitzung „mehrmals mit einer Person telefonierte“, die nicht dem Vorstand angehöre. Dabei habe Jüttner „Inhalte über den Sitzungsablauf, das Abstimmungsverfahren und die Äußerung von Gremienmitgliedern“ weitergegeben. Andere Mitglieder der Vorstandssitzung hätten die Gespräche hören können, weil Jüttners Mikrofon nicht ausgeschaltet gewesen sei. Bei der Sitzung damals sprach sich der Kreisvorstand für die Kandidatur des früheren Hafen-Direktors Roland Hörner für den Bundestag aus.
Der 78-jährige Jüttner, seit 2002 Ehrenvorsitzender des Kreisverbandes, bestreitet die Sache auf Anfrage dieser Redaktion nicht. Er sieht das Ganze aber als Folge unglücklicher Umstände. Der Ablauf war laut Jüttner wie folgt: Er konnte sich an jenem Abend wegen technischer Probleme erst verspätet per Telefon in die Sitzung einwählen. Über ein anderes Telefon bekam er dann während der Online-Versammlung einen Anruf. Weil er die Verbindung zur CDU-Sitzung halten wollte, legte er dieses Telefon in die Schublade seines Schreibtisches. Am anderen Apparat nahm er dann den Anruf entgegen. Die Person am anderen Ende der Leitung - Jüttner will sie nicht nennen, aber sie gehört nach seinen Angaben nicht zum Kreisvorstand - kritisierte, dass Jüttner in der Sitzung angeblich für Hörner gestimmt habe. Jüttner wies das am Telefon zurück und erklärte, wie es stattdessen war. Soweit die Schilderung Jüttners - die übrigens nahelegt, dass die anrufende Person noch eine andere „Leitung“ in die Sitzung hatte.
Der Ehrenvorsitzende hat nach eigenen Angaben den Mitgliedern des formal mehr als 30 Personen umfassenden Kreisvorstandes am Wochenende seine Sicht schriftlich mitgeteilt und gesagt, dass es ihm leidtue. Er habe die CDU nicht bewusst schädigen wollen, betont Jüttner. Den Verweis könne er noch akzeptieren, wie er im Gespräch mit dieser Reaktion erklärt. „Aber die Forderung nach der Abgabe des Ehrenvorsitzes halte ich für total überzogen.“ Er sei seit 49 Jahren Parteimitglied, seit 37 Jahren Stadtrat und fast 20 Jahre lang Bundestagsabgeordneter gewesen. „Ich habe immer beste Ergebnisse für die CDU geholt. Ich werde den Ehrenvorsitz nicht abgeben.“ Wenn man ihm den Ehrenvositz abnehmen wolle, werde er vors Parteigericht gehen, kündigte Jüttner an. Er ist aktuell - neben dem früheren Bürgermeister Wolfgang Pföhler und dem früheren Bundestagsabgeordneten Josef Bugl - einer von drei Ehrenvorsitzenden der Mannheimer CDU.
Das Statut der Bundes-CDU, auf das sich der Kreisverband beruft, sieht gegen Parteimitglieder, die „gegen die Satzung der Partei oder gegen ihre Grundsätze oder Ordnung verstoßen“ vier Sanktionsmöglichkeiten vor. Diese sind - in aufsteigender Reihenfolge - Verwarnung, Verweis, Enthebung von Parteiämtern und zeitliche Aberkennung der Fähigkeit zur Bekleidung von Parteiämtern.
Jüttner sagt, über eine Absetzung als Ehrenvorsitzender müsste eine Mitgliederversammlung entscheiden. Kreisvorstandsmitglied Christian Stalf erklärt dazu auf Anfrage, der Kreisvorstand „hätte mehrere Möglichkeiten, falls er diesen Schritt gehen möchte“. Konkreter wird Stalf dazu aber nicht. Das Gremium habe sich mit dieser Frage bisher nicht befasst.
Unterstützung erhält Jüttner vom früheren Mannheimer CDU-Fraktionsvorsitzenden und MVV-Chef Roland Hartung. „Ich habe Jüttner geraten, auf keinen Fall zurückzutreten“, teilt er dem „MM“ mit. „Die Ehrenmitgliedschaft haben ihm die Mitglieder verliehen, nicht der Kreisvorstand.“ Deshalb müsse man die Mitglieder bei einer Präsenzmitgliederversammlung fragen.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Mannheimer CDU handelt im Umgang mit Egon Jüttner unklug