Mannheim. Parteiversammlungen in Fußballstadien liegen in Corona-Zeiten fast schon im Trend. Friedrich Merz ist kürzlich im Sauerland auf einem Fußballplatz zum Bundestagskandidaten gekürt worden, und auch die Mannheimer CDU hatte im Dezember bei der Wahl von Lennart Christ zum Landtagskandidaten ins Seppl-Herberger-Stadion eingeladen. Jetzt wechselt der Kreisverband zur Konkurrenz: Im VfR-Stadion sollen die Mitglieder – mit Maske und Abstand – in einer Woche den Nachfolger von Nikolas Löbel als Bundestagskandidaten wählen. Doch noch immer kommt die Partei nicht zur Ruhe.
Der Kreisvorstand hatte sich Ende April mit großer Mehrheit für Roland Hörner, den langjährigen Direktor des Mannheimer Hafens, als Kandidaten ausgesprochen. Die eigens gegründete Findungskommission hatte den 67-Jährigen vorgeschlagen. Neben ihm treten am Samstag, 15. Mai, um 11 Uhr im VfR-Stadion noch drei weitere Bewerber an: der frühere Friedrichsfelder Ortsverbandsvorsitzende René Weißenberger (25, oberes Bild), der Wieslocher IT-Unternehmer Jörn Döring (53, mittleres Bild) sowie Ulrich Seel (41, unteres Bild), Rechtsanwalt und langjähriger Büroleiter des früheren Abgeordneten Egon Jüttner.
Weißenberger und Seel haben sich in dieser Woche an die Öffentlichkeit gewandt – sie sehen sich vom Kreisvorstand im Vergleich zu Hörner unfair behandelt. Dessen Lebenslauf und Ziele würden seit Ende April auf der CDU-Internetseite präsentiert, kritisiert Weißenberger. Außerdem habe der Kreisvorstand bereits eine Mail an die Mitglieder verschickt, in der Hörner vorgestellt und als Kandidat empfohlen worden sei. Eine solche Mail sei für die anderen Bewerber erst viel später geplant, beklagt Weißenberger. Er kritisiert darüber hinaus, dass Hörner erst am Tag seiner Nominierung CDU-Mitglied geworden sei und nun gleich für eines der höchsten Ämter vorgeschlagen werde.
Seel erklärt, er hätte sich als Kandidat auch gerne dem Kreisvorstand vorgestellt – ein Angebot von ihm sei aber unbeantwortet geblieben.
Für den geschäftsführenden Kreisvorstand erklärt Schriftführer Christian Stalf am Freitag, man lege großen Wert auf einen transparenten innerparteilichen Wettbewerb. Deshalb hätten alle vier Bewerber die Möglichkeit, sich in einem Mitgliederbrief unter gleichen formalen Bedingungen vorzustellen. Den habe man am Donnerstag verschickt. Die Findungskommission habe sich am Ende für Hörner entschieden, sagt Stalf. „Wären dem Vorstand zwei Kandidaten vorgeschlagen worden, hätten wir auch zwei Personen im Gremium angehört.“ Stalf betont, jedes CDU-Mitglied habe das Recht, sich parteiintern um die Bundestagskandidatur zu bewerben – „egal ob die Person kürzere Zeit Mitglied ist, in Mannheim wohnt oder nicht wohnt oder wie auch immer“. Mit einer Nominierung am 15. Mai kann der Mannheimer CDU-Kandidat auch noch einen Platz auf der Landesliste bekommen – der Bezirksverband Nordbaden nominiert seine Vertreterinnen und Vertreter dafür eine Woche später.
„Kontroverse Vorfälle“
Unruhe gibt es auch noch an einer anderen Stelle im Kreisverband: Dem Ehrenvorsitzenden Egon Jüttner droht eine sogenannte Ordnungsmaßnahme durch den Vorstand. So steht es in der Einladung zu dessen Sitzung an diesem Montag, die dem „MM“ vorliegt. Darin ist von „kontroversen Vorfällen im Rahmen unserer letzten Kreisvorstandssitzung“ die Rede. Was genau passiert ist, will Stalf mit Blick auf die Vertraulichkeit der Sitzungen nicht sagen. Auch Jüttner äußert sich derzeit nicht. Laut CDU-Bundesstatut kann ein Kreisvorstand Ordnungsmaßnahmen gegen Mitglieder verhängen, „wenn diese gegen die Satzung der Partei oder gegen ihre Grundsätze oder Ordnung verstoßen“. Als vier mögliche Ordnungsmaßnahmen nennt das Statut Verwarnung, Verweis, Enthebung von Parteiämtern sowie eine zeitweise Aberkennung der Fähigkeit zur Bekleidung von Parteiämtern.
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