Soziales

Mannheimer Beratungsstelle Amalie feiert Jubiläum

Seit zehn Jahren kümmern sich Sozialarbeiterinnen bei der Mannheimer Beratungsstelle Amalie um Prostituierte. Anlässlich des Jubiläums informieren die Verantwortlichen über ihre Ziele - aber auch über Probleme

Von 
Sylvia Osthues
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Die Sozialarbeiterin Anna-Lina Schwede (v.l.), Leiterin Astrid Fehrenbach, Sozialarbeiterin Leslie Wensky, Streetworkerin Lea Hepp und Michael Graf, Direktor des Diakonischen Werks, freuen sich auf die Jubiläumsfeier am 7. November im EintanzHaus. Dazu gibt es eine Jubiläumstasse. © Sylvia Osthues

Mannheim. Frauen in der Prostitution erleben auf doppelte Weise eine enorme Belastung: Sie müssen unter schwierigsten Bedingungen arbeiten und sind ständig gefährdet, Opfer von Gewalt zu werden. Zudem werden sie häufig gesellschaftlich geächtet und moralisch verurteilt. In Mannheim bietet die Beratungsstelle Amalie durch psychosoziale Beratung für Frauen in der Prostitution seit nunmehr zehn Jahren betroffenen Frauen und ihren Kindern Hilfe. Anlässlich des Jubiläums informierten die Projektverantwortlichen über die Herausforderungen und Ziele der aus ihrer Sicht notwendigen Beratung für Frauen in der Prostitution.

Beim Pressegespräch in den Räumen von Amalie in der Draisstraße sind sich die Verantwortlichen einig: „Am Ziel sind wir noch lange nicht“. Amalie-Leiterin Astrid Fehrenbach erklärte: „Nach wie vor eine große Herausforderung in Mannheim ist die ausgeprägt prekäre Situation der Frauen.“ Umso wichtiger sei es, jetzt die Beratungsarbeit und Hilfen zu sichern.

Frauen haben meist weder Wohnung noch Arbeit oder Krankenversicherung

Amalie biete den Frauen mit ihren Sorgen und Nöten einen Schutzraum. Die Frauen hätten in der Regel keine Wohnung, Arbeit oder Krankenversicherung. Viele Frauen seien zudem nicht angemeldet und bekämen dadurch auch keine soziale Unterstützung. Amalie habe diesen Frauen, dank Julia Wege, von Anfang an ein tragfähiges Konzept geboten durch niederschwellige Angebote.

Beratungsstelle Amalie in Mannheim

  • Die Beratungsstelle Amalie berät Frauen in der Prostitution und Frauen, die aussteigen möchten. Amalie wurde 2013 gegründet und bietet ganzheitliche Hilfe an. Erste Leiterin war Julia Wege.
  • Vor zwei Jahren übernahm Astrid Fehrenbach die Leitung der Beratungsstelle in der Draisstraße 1.
  • Träger ist das Diakonische Werk. Die Beratungsstelle wird finanziert durch die Stadt Mannheim, das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration Baden-Württemberg und das Diakonische Werk Mannheim.
  • Weitere Infos unter www.amalie-mannheim.de sowie unter www.diakonie-mannheim.de.

Beispielsweise das Frauen-Café, um mit den Frauen ins Gespräch zu kommen. „Wir machen viel aufsuchende Arbeit, gehen ins Rotlichtmilieus und sprechen die Frauen an, sind inzwischen sehr bekannt“, sagt Fehrenbach. „Die Frauen wissen, dass sie hier Hilfe bekommen, neben psychosozialer Beratung auch medizinische Hilfe bei oftmals großen gesundheitlichen Problemen.“ Rezepte würden aus Spenden bezahlt. Allein in den letzten zwei Jahren hätten sie 24 Frauen, die aus der Prostitution aussteigen wollten, begleitet. Eine sehr intensive Arbeit für die vier hauptamtlichen Sozialarbeiterinnen (3,5 Personalstellen - hinzu kommen je 15 Personalstunden für Sprachen und Verwaltung). Seit 2016 bietet Amalie Aussteigerinnen zudem eine Wohnung mit drei Plätzen, in der bis heute 25 Aussteigerinnen betreut wurden.

Aussteigerprogramm: Frauen meist zwischen 25 und 35 Jahre alt

Seit 2016 gibt es außerdem das qualifizierte Aussteigerprogramm „Horizonte Plus“, das vom Europäischen Sozialfonds mitfinanziert, aber in Kürze auslaufen wird. Wie Lea Hepp, Streetworkerin bei Amalie, berichtet nehmen am Aussteigerprogramm Frauen aus unterschiedlichen Altersgruppen teil - meist jedoch zwischen 25 und 35 Jahren. „Das ist eine schwierige und langwierige Arbeit, die nur Schritt für Schritt vorangeht“, sagt Hepp.

Insbesondere wegen der Abhängigkeit vom jeweiligen Partner sei es für die Frauen nicht einfach, aus der Prostitution rauszukommen. „Wir motivieren die Frauen, doch es gibt auch immer wieder Erfolgsgeschichten, sehr viele schöne Momente und auch Spaß.“ Während es früher noch Gelegenheitsprostitution gab, sind es heute viel zu viele Frauen, die in der Prostitution in Abhängigkeit und Gewalt feststecken. Michael Graf, Direktor des Diakonischen Werks Mannheim, sieht deshalb „Handlungsbedarf, insbesondere auch hinsichtlich der Finanzierung“. Graf appellierte an die Politik: „Wir brauchen gesicherte Anlaufstellen und eine Beratung, die den Frauen in ihren Nöten zur Seite steht.“ Vieles habe die Diakonie aus Eigenmitteln finanziert. 150.000 Euro pro Jahr sei der Finanzbedarf von Amalie, 40 Prozent davon übernimmt die Diakonie.

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Doch wegen der Inflation und der gestiegenen Tariflöhne benötige man in diesem Jahr 65.000 Euro, im nächsten Jahr 80.000 Euro und im übernächsten Jahr 90.000 Euro mehr. „Was wir brauchen, ist ein staatliches Ausstiegsprogramm“, sagt Fehrenbach. Erfreulich sei, dass Amalie mittlerweile über ein starkes Netzwerk mit Partnern und Spendern verfüge, angefangen mit dem „Runden Tisch Prostitution“.

Fehrenbach: „Spenden sind unerlässlich“

Inzwischen habe Amalie eine bundesweite Strahlkraft, von der auch andere profitierten, die eine solche Beratungsarbeit aufbauen wollen. Als Beispiel nannte Fehrenbach die Beratungsstelle „Anna“ in Heidelberg. „Um Amalie weiter nachhaltige Arbeit und schnelle unbürokratische Hilfe zu ermöglichen, sind Spenden unerlässlich“, betont Fehrenbach. Sie wies auf die zahlreichen Spenden-Aktionen hin, wie beispielsweise die „Suppenküche für Amalie“ bei der Lichtmeile oder den Verkauf von Handtaschen zugunsten der Beratungsstelle.

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