Benefiz

Handtaschenaktion von Amalie ist ein voller Erfolg

Die Benefizveranstaltung zugunsten von Amalie bringt ein Rekordergebnis ein. Am Verkaufsstand kommt es zu spannenden Begegnungen

Von 
Christine Maisch-Bischoff
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Für jeden Geschmack und für einen guten Zweck: Handtaschen bei der Aktion zugunsten von Amalie. © Christoph Blüthner

Mannheim. Birgit Wieth schüttelt verdutzt den Kopf: „Das glauben Sie nicht, wenn ich Ihnen erzähle, was ich gerade erlebt habe.“ Mit einem strahlenden Lächeln schildert die ehemalige ärztliche Leiterin der Notaufnahme im Diakonissenkrankenhaus, wie ein älterer Mann auf den Benefiz-Stand am Paradeplatz zugeht und ihr einfach 40 Euro in die Hand drückt. „Es ist bewundernswert, was ihr hier macht“, habe er noch gesagt: „Und war auch schon weg.“

Solche und ähnliche Begegnungen sind es, die das Team der Handtaschenaktion motivieren. Sozialarbeiterinnen und Ehrenamtliche unterstützen den Bazar, den der Deutsche Frauenring (DFR) und das Diakonische Werk bereits im sechsten Jahr zugunsten der Beratungsstelle für Prostituierte organisiert. Und am späten Nachmittag beträgt die vorläufige Spendensumme knapp 8000 Euro. „Das sind jetzt schon 500 Euro mehr, als letztes Jahr“, verkündet Amalie-Leiterin Astrid Fehrenbach stolz.

Betrag großzügig aufgerundet

Dicht umringt von Schnäppchenjägern ist der Stand an den Planken bereits am Morgen. „Kommen Sie und kaufen Sie für eine gute Sache“, ruft Ute Münch, die erste Vorsitzende des DFR Mannheim den Passanten zu, während sich vor ihr Berge von gespendeten Clutches, Umhänge- und Abendtaschen, Shoppern sowie Beuteln und Rucksäcken auftürmen. Eine plüschige Kreation mit applizierten Blumen für die Nichte, zwei dezentere für die beiden Schwestern: Ute Rehberger hat gleich drei Taschen eingepackt. Und den erwarteten Betrag großzügig aufgerundet.

Beratung für Prostituierte

  • Seit 2013 begleitet das Amalie-Team des Diakonischen Werks Frauen, die aus der Prostitution aussteigen wollen, hilft bei der Wohnungs- und Arbeitssuche.
  • Seit 2021 hat Amalie im Aussteigerinnen-Projekt 18 Frauen begleitet, darunter auch immer wieder Schwangere. 2021 wurde das zehnte „Amalie-Baby“ geboren.
  • Informationen im Netz unter amalie-mannheim.de.

 

„Erstens ist es eine sinnvolle Spende. Und zweitens haben wir Frauen ja bekanntlich nie genug Handtaschen und Schuhe“, gesteht sie mit leicht ironischem Unterton – obwohl ihre letzten Worte fast im Lärm untergehen. Grünen-Stadtrat und Musiker Markus Sprengler setzt ein pinkfarbenes Megafon an die Lippen und verkündet: „Handtaschenaktion, helfen Sie mit.“ Und tatsächlich ersteht an seinem Tresen ein Student zwei Computerbehältnisse aus Kunststoff.

Spannende Begegnungen bei der Amalie-Handtaschenaktion

Der Kulturmanager ist nicht der einzige Kommunalpolitiker, der sich am Benefizverkauf als talentierter Händler erweist. „Die Begegnungen hier sind immer total spannend“, versichert SPD-OB-Kandidat Thorsten Riehle, der bereits bei der Premiere der Aktion vor sechs Jahren mit am Start war: „Obwohl ich ja den Hype um Taschen nicht ganz nachvollziehen kann“, räumt er lachend ein: „Aber diese Solidarität, die Power die da rüberkommt, wenn sich so viele Frauen für Frauen engagieren, das ist einfach toll.“

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Da kann Samy Sadiki, der eine bunte Sporttasche für seine Tochter mitnimmt und den Kaufpreis mit einem Extraschein aufrundet nur zustimmen: „Diese positive Energie, die man hier bei Helfern und Käufern spürt, die ist beflügelnd.“ Auch er habe sich sein ganzes Leben lang für Frauenrechte starkgemacht, berichtet der Marokkaner, der 40 Jahre in Mannheim in sozialen Projekten und als Altenpfleger tätig war. „Wie kann ich mich denn bei Amalie ehrenamtlich einbringen?“, will er wissen.

Ich finde, dass wir Frauen untereinander eine Verpflichtung haben, für diese kurze Zeitspanne unseres Daseins füreinander da zu sein. Das gilt natürlich auch für Männer, für alle Menschen.
Nora Maisch Ehrenamtliche bei Amalie

Zu den Ehrenamtlichen zählt auch Nora Maisch. Wie sie zu Amalie kam? An einer Ampel blieb im Februar 2022 der Blick der Roche-Diagnostics-Mitarbeiterin an einem Plakat zu der Ausstellung „gesichtslos – Frauen in der Prostitution“ in den Reiss-Engelhorn-Museen haften. „Es war der letzte Tag der Schau, aber ich wusste, da muss ich unbedingt hin.“ Seither sei sie fester Bestandteil des Helfer-Teams: „Ich finde, dass wir Frauen untereinander eine Verpflichtung haben, für diese kurze Zeitspanne unseres Daseins füreinander da zu sein. Das gilt natürlich auch für Männer, für alle Menschen.“

Die ehemalige SPD-Landtagsabgeordnete Helen Heberer bietet Designer-Taschen feil. „Schauen Sie mal, die da? Ich glaube, die nehm’ ich selber. Oder wollten Sie?“ Helferin Hanne Kerker und ihr Mann Lutz Pauels, Erster Vorsitzender der Werbegemeinschaft Mannheim City loben das Benefiz-Verkaufstalent der Sozialdemokratin. „Ich freue mich, dass dieses Geld Frauen zugute kommt, die eine neue Lebensperspektive brauchen“, so Heberer.

Exemplar in Fischform

Gleich nebenan baumelt eine kastige Tasche in Fischform vor Ralph Hartmann, der mit Diakonie-Direktor Michael Graf im Einsatz ist. „Wenn Sie in fünf Minuten nicht weg ist, dann kauf’ ich sie“, beschließt das Mannheimer Kirchenoberhaupt, das nicht nur fleißig Exponate anbietet, sondern auch für seine Frau kauft. Zu deren großer Freude? „Ich gestehe, dass sich unser beider Vorstellung von der idealen Tasche offenbar stark unterscheidet“, berichtet er lachend: „Ich hab’ bis jetzt nur ein Mal ins Schwarze getroffen.“

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