Mannheim. Erstmals in diesem Jahr ist der Mannheimer Gemeinderat zu einer reinen Präsenzsitzung zusammengekommen. Auch die Schnelltestpflicht für alle - unabhängig vom Impfstatus - wurde jetzt abgeschafft. Lediglich Masken, darauf weist ein Schild vor der Tür des Ratssaals hin, sind noch vorgeschrieben. Und Mitarbeiter der Stadtverwaltung müssen ebenso wie interessierte Bürger mit der Videoübertragung vorlieb nehmen, Journalisten dürfen nur auf die Empore.
Dass das Infektionsgeschehen nicht mehr dramatisch ist, verdeutlichen die Kurvendiagramme von Peter Schäfer. Zum einen spricht der Gesundheitsamtschef von einem stabilen Rückgang, mit 515 am Dienstag gemeldeten Neuinfektionen sinkt die Sieben-Tage-Inzidenz auf 1067,1. Zum anderen habe sich die Pandemie mit Omikron komplett verändert, die Ansteckungen mit dieser Virusvariante verliefen in aller Regel deutlich glimpflicher.
Täglich noch 50 Impfungen
Dazu hat Schäfer einen beeindruckenden Vergleich: In diesem März sei die Summe der Corona-Fälle höher gewesen als im gesamten vergangenen Jahr. Gleichwohl habe sich die Situation in den Krankenhäusern davon entkoppelt. In ihnen befänden sich aktuell nur 68 Covid-Patienten, von denen lediglich vier intensivmedizinisch versorgt werden müssten. Eine Woche zuvor waren es noch elf von insgesamt 80.
Auch Impfzahlen hat der Gesundheitsamtschef dabei. Demnach werden im neuen Zentrum in Neckarau (Salzachstraße 15) montags bis freitags jeweils rund 40 Spritzen verabreicht. Etwa zehn weitere Corona-Impfungen kommen pro Tag bei Geflüchteten aus der Ukraine in der Jugendherberge hinzu.
Andrang lässt nach
Die Menschen aus dem Kriegsgebiet beschäftigen mittlerweile den Gemeinderat deutlich mehr als die Pandemie. Nach rund einer Viertelstunde Corona geht es fast eine Dreiviertelstunde um ukrainische Flüchtlinge. Mittlerweile sind hier - auch da wird die Lage zunächst in Zahlen ausgedrückt - 2490 offiziell registriert. Eine Woche zuvor waren es 2337. Der Andrang nimmt nicht mehr so stark zu wie in der Zeit gleich nach der russischen Invasion.
Um möglichst vielen eine längerfristige Bleibe zu vermitteln, will die Stadt nun online ein Wohnungsportal einrichten. Oberbürgermeister Peter Kurz kündigt auch finanzielle Anreize für Privatleute an: Wenn sie separate Räumlichkeiten an Geflüchtete untervermieteten, könnten diese ihre Wohnkosten erstattet bekommen. Anderen wolle die Kommune nun eine Solidaritätspauschale von 300 Euro bezahlen. Die bekomme, wer mindestens fünf Wochen jemanden bei sich aufnehme. Nach mehr als drei Monaten solle dieselbe Summe nochmal beantragt werden können, sagt Kurz.
Die Schaffung dieser Prämie wird von den Stadträten Volker Beisel (FDP) und Chris Rihm (Grüne) begrüßt. Beisel verweist darauf, dass eine Untervermietung nicht nur Folgen bei der Steuer, sondern auch bei der Haftpflicht hätte: Nur unentgeltlich untergebrachte Gäste würden von den Versicherungen mitabgedeckt. Beisel hat, ebenso wie Rihm, selbst Flüchtlinge aufgenommen.
200 ukrainische Kinder an Schulen
Stefan Fulst-Blei von der SPD fragt nach ukrainischen Kindern im schulpflichtigen Alter. Die beziffert Kurz mit 674. Etwa 200 hätten Mannheimer Schulen bereits untergebracht und weitere Kapazitäten. Erkenntnisse, wie viele Eltern lieber auf Online-Fernunterricht aus der Heimat setzten, habe die Stadt nicht.
Der Oberbürgermeister kündigt auch an, dass der Betrieb in der Jugendherberge noch bis einschließlich Donnerstag gehe. Am nächsten Dienstag werde das Thomas-Haus in Neuhermsheim als neue Auffangstation eröffnet. Die darin Untergebrachten zögen über Ostern um.
Nach einer Stunde Corona und Ukraine braucht der Gemeinderat noch etwa eine halbe für alle anderen Tagesordnungspunkte, fast alles nur Vollzug. Dann endet der öffentliche Sitzungsteil. Beeindruckend, wie flott das nun geht.
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