Mannheim. Er ist erlöst. Schon länger hat Leo Pfanz-Sponagel nicht mehr kraftvoll-kämpferisch gesprochen, konnte man mit dem immer so wunderbar liebenswürdigen wie ironisch-schlagfertigen Bloomaul nicht mehr so herrlich herzhaft lachen wie früher. Nun durfte der viele Jahrzehnte sehr populäre Landwirt, Lehrer sowie langjährige Stadtrat im Beisein seiner Frau Rosemarie im Alter von 95 Jahren endgültig einschlafen. Und Mannheim ist um ein Original ärmer geworden.
Pfanz-Sponagel hinterlässt zwei Söhne und eine Tochter
Noch beim 90. Geburtstag war der Vater von zwei Söhnen und einer Tochter fit. „Und wenn mol was wehtut, geht’s vorbei“, hat er damals gesagt und immer noch den einen Hektar Land am Nordrand von Alt-Käfertal bewirtschaftet, Gemüse gepflanzt und geerntet. Bis kurz vor seinem 85. Geburtstag ist er sogar Traktor gefahren. Doch in seinem „Garten“, wie er das Feld immer bescheiden nannte und das bis ins hohe Alter sein Lebenselixier war, ereilte ihn vor ein paar Jahren ein Schlaganfall. Seither war er nicht mehr der Alte, wie ihn viele kannten und schätzten.
Aus einer Käfertaler Landwirtsfamilie stammend, die sich bis ins 13. Jahrhundert zurückverfolgen lässt, war auch Pfanz-Sponagel im Herzen immer Bauer, freilich ein sehr schlauer Bauer mit vielen weiteren Talenten. Auf dem elterlichen Hof zählte das aber nicht. Der Vater spannte ihn früh ein auf dem Feld und im Stall, dann musste er auf die Landwirtschaftsschule. Es folgte die Verpflichtung zum Reichsarbeitsdienst und noch kurze Zeit zur Marine, bis der Zweite Weltkrieg vorbei war. Aber von den über acht Hektar Land seiner Familie wurden viele Äcker erst von den Amerikanern für Kasernen beschlagnahmt, dann für den Bau des neuen Stadtteils Vogelstang gebraucht. Die Landwirtschaft hatte keine Zukunft mehr, spürte er.
„Werr doch Lehrer, do hoscht viel Ferie“, habe ihm ein Freund geraten, erzählte er mal. Also paukte Leo Pfanz-Sponagel parallel zur Feldarbeit auf der Abendschule, holte das Abitur nach, ging auf die Pädagogische Hochschule, wurde Lehrer und 1975 bis zur Pensionierung 1990 Rektor der Feudenheim-Realschule.
Rührendes Abschiedslied von der Schulband
Er habe viele Schüler gehabt, die später prominent geworden seien, sagte er immer stolz – etwa den SPD-Landtagsabgeordneten Stefan Fulst-Blei oder die Sänger Gennaro Vitale und Xavier Naidoo. Naidoos Karriere startete in der Schulband der Realschule, die damals bei Pfanz-Sponagels Abschied als Rektor spielte – und wer das miterlebt hat, denkt heute noch mit Gänsehaut an die vielen Tränen, die damals flossen.
Pfanz-Sponagel war nämlich immer erst mal Mensch, dann Lehrer; bodenständig sowie mit ganz viel Herz und Verständnis für individuelle Talente und Schwächen. Und er war originell, etwa, als er mal eine Ziege mit in den Unterricht brachte, um ihn anschaulich zu gestalten. Seine Schüler haben ihn daher in allerbester Erinnerung, und wer bei ihm Geschichte oder – wie das damals hieß – „Heimatkunde“ hatte, bei dem verstand er, Neugierde für Geschichte und Heimat zu wecken.
Geschichte – das war immer sein Steckenpferd. Leo Pfanz-Sponagel konnte nicht nur mit seinem profunden heimatgeschichtlichen Wissen Menschen begeistern, ja mit seinen humorvollen, mit Anekdoten gespickten Erzählungen von früher fesseln. Gerade zur Käfertaler Geschichte hat er zum Glück viel veröffentlicht, nur leider nie ein komplettes Buch daraus gemacht.
Auch in Welt- und Kirchengeschichte war er sehr firm, und wer sich mit solchen Themen befasste, konnte früh morgens nach der „MM“-Lektüre bei einem Anruf von ihm ein paar hilfreiche Ergänzungen bekommen, etwa, dass doch der Papst Soundso irgendwann im 13. Jahrhundert (Jahreszahlen hatte er alle auswendig parat!) dazu doch auch mal was gesagt habe. Leo Pfanz-Sponagel war faszinierend, eine schier unerschöpfliche Quelle herrlicher Geschichten, denen man stundenlang gebannt zuhören konnte.
Auch über die Politik konnte er sich lautstark aufregen – und doch war er lange ein Teil von ihr. Verärgert über die Einschränkungen für die Landwirtschaft und den Verlust vieler Felder, trat Pfanz-Sponagel 1954 in CDU und Junge Union (JU) ein. 1959 wurde er Bezirksbeirat in Käfertal, 1960 stellvertretender Vorsitzender des Kreisverbands der JU.
Über Parteigrenzen hinweg hoch anerkannt
Als Nachrücker kam er 1964 in den Gemeinderat. 2004 schied er als dienstältester Stadtrat aus – hoch geachtet auch bei politischen Gegnern, denn in seiner Zeit saß man nach den Sitzungen mit „Andersgläubigen“, wie er immer augenzwinkernd sagte, gemütlich im „Schwarzen Adler“ zusammen, ohne Parteigrenzen. Das war ihm immer wichtig.
Schon 1981 erhielt er den Hans Köble Gedächtnisorden für Verdienste um Käfertal. Dort blieb er verwurzelt und engagiert, auch als er auf die Vogelstang gezogen war. 1990 ist Pfanz-Sponagel Bloomaul geworden – er war längst der dienstälteste Ordensträger. 2004 stellten das Bundesverdienstkreuz und der Ehrenring der Stadt Mannheim die gebührende Anerkennung für unfassbar lange vier Jahrzehnte im Gemeinderat dar. Danach hieß er noch bis 2020 neue Bloomäuler gekonnt gereimt willkommen, erfreute beim Rindfleischessen der Stadt oder beim Spargelessen der „Löwenjäger“ die Zuhörer mit herzerfrischenden, kundigen wie humorvoll-verschmitzten Beiträgen. Traurig, dass er auf Dauer verstummt ist.
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