Mannheim. Mannheim ist die Stadt, in der die moderne individuelle Mobilität ihren Anfang nahm. Und als solche stiftet sie alle zwei Jahre den Bertha-und-Carl-Benz-Preis an Personen, Gruppen und Organisationen, „die sich um eine bedeutende Verbesserung der Mobilität – insbesondere um eine umweltgerechtere, sozialere oder einfachere Mobilität – verdient gemacht haben“, wie es in der Satzung heißt. Preisträger dieses Jahres ist das Dortmunder Unternehmen „4ma 3ma Rehatechnik“, das spezielle Rollstühle für Kinder anfertigt.
Firma für Rehatechnik eröffne neue Perspektiven für ein selbstbestimmtes Leben
Im Festakt in der Baumhainhalle des Luisenparks sprach Oberbürgermeister Christian Specht davon, dass Mannheim die Wiege der Mobilität sei, und bezog sich dabei auf die Erfindung des Laufrads, aus dem sich das Fahrrad entwickelte, sowie des Automobils. Um Mobilität geht es schließlich auch dem gewürdigten Unternehmen: Die 4ma 3ma Rehatechnik GmbH zeige eindrucksvoll, wie technologische Innovation und soziales Engagement zusammenwirken können, um Menschen echte Teilhabe an moderner Mobilität zu ermöglichen, lobte der OB. „Ihre spezialisierten Rollstühle eröffnen Kindern mit Mobilitätseinschränkungen neue Perspektiven und ein selbstbestimmtes Leben. Dieses Engagement verdient höchste Anerkennung. Mit der Verleihung des Bertha-und-Carl-Benz-Preises 2025 würdigen wir eine wegweisende Initiative, die Mobilität als Schlüssel zur persönlichen Entwicklung begreift.“
Das Unternehmen setze dabei auf innovative, leichte und individuell angepasste Mobilitätslösungen, die nicht nur funktional überzeugen, sondern auch zur psychischen und motorischen Entwicklung der Kinder beitragen. Mit ihrer Spezialisierung auf die Bedürfnisse dieser jungen Zielgruppe sei die Firma einzigartig, führte er weiter aus.
Der Prototyp: Ein Rollstuhl aus Legosteinen
1997 wurde die Firma von Stephan Rosenow, Fabian Dirla und Dirk Dietrich gegründet. Ein bahnbrechendes erstes Projekt, ein Rollstuhl aus Lego und Carbon für die viereinhalbjährige Marina mit Glasknochen, habe den Startpunkt markiert für eine Unternehmensphilosophie, die sich ganz an den Bedürfnissen von Kindern orientiert, berichtete Fabian Dirla, der den Preis entgegennahm. Er lüftete auch das Geheimnis um den Unternehmensnamen: „Die Firma (4ma) wurde von drei Mann (3ma) gegründet.“ Der „Lego-Rolli“ sei einer der ersten Versuche gewesen, einen in Funktion und Optik möglichst kindgerechten Rollstuhl zu bauen. Er bestand aus Legosteinen, die mit Glas- und Kohlefaser verstärkt und miteinander verklebt waren. Er wog vier Kilogramm, ließ sich von Marina mühelos fahren und hatte immer einige lose aufgesteckte Legosteine als Spielzeug dabei. Marina nutzte ihn zwei Jahre lang. Danach kam der erste Rolli ins „Museum“.
Heute produziert und vertreibt das Unternehmen individuell angepasste Rollstühle und Elektrorollstühle, die eine bestmögliche Bewegungsfreiheit schaffen. Dabei begleitet das Unternehmen Familien auch durch das komplexe Antrags- und Genehmigungsverfahren der Krankenkassen, wie in der anschließenden Podiumsdiskussion deutlich wurde. Daran nahmen Jürgen Dussel, der Beauftragte der Bundesregierung für die Menschen mit Behinderung, Stephan Frantzen, der stellvertretende Geschäftsführer des Dortmunder Unternehmens, Simey Truong, eine Kundin der ersten Stunde, und Benedikt Winter, Leiter des Sozialpädiatrischen Zentrums (SPZ) der Universitätsmedizin Mannheim (UMM), teil.
Preis und Preisträger
- Seit 2011 wird der Bertha-und-Carl-Benz-Preis verliehen. Die Auszeichnung ist mit 10.000 Euro dotiert und wird alle zwei Jahre auf Vorschlag eines Preisgerichts vergeben.
- Das Preisgericht unter Vorsitz von Oberbürgermeister Christian Specht hatte sich 2025 einstimmig für das Dortmunder Unternehmen ausgesprochen.
- Bisherige Preisträger waren: Shai Agassi (2011), José del R. Millán (2013), Jan Gehl (2015), World Bicycle Relief (2017), Loujain Al Hathloul (2019), Andreas Knie und Weert Canzler (2021), Formula Student Germany (2023) und 4ma 3ma Rehatechnik GmbH, Dortmund (2025).
Mannheim ist die Geburtsstadt des Automobils, wie Christian Specht betonte. Der Ingenieur Carl Benz (1844–1929) entwickelte 1885 in seiner Werkstätte in T 6 einen dreirädrigen Motorwagen, der 1886 patentiert wurde: Die Geburtsstunde des Automobils hatte geschlagen, Mannheims Ruf als Pionierstadt der Mobilität wurde immer deutlicher. 1888 unternahm seine Frau Bertha Benz die erste erfolgreiche automobile Fernfahrt: Sie fuhr mit ihren Söhnen Eugen und Richard von Mannheim rund 120 Kilometer in ihre Geburtsstadt Pforzheim, wo sie nach fast 13 Stunden ankam – eine Leistung in Sachen Marketing, die kaum zu überbieten war, so der Oberbürgermeister.
In Würdigung dieser Erfindung stiftete die Stadt im Jahr 2011 anlässlich des 125-jährigen Geburtstags des Automobils den Bertha-und-Carl-Benz-Preis. Auch wenn der mit 10.000 Euro dotierte Preis historisch auf die Erfindung des Automobils zurückgeht, so verkörpert er als „Mobilitätspreis“ ein aktuelles und zukunftsorientiertes Thema: Mobilität bedeutet weit mehr als die bloße Überwindung von räumlichen Distanzen. Mobilität schaffe Bildung, wirke integrierend, überwinde soziale Schranken und befördere eine umweltgerechte, nachhaltige Zukunft, war auch der Preisträger überzeugt.
Die musikalische Umrahmung des Festaktes, der zum achten Mal stattfand, gestalteten Schülerinnen und Schüler des Moll-Gymnasiums.
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