Mannheim. Das Carl-Benz-Stadion erinnert an diesem Sonntag ein wenig an einen Bienenkorb: Immer wieder strömen Fußballfans, darunter viele Familien, in die Arena. Am Ende feiern sie begeistert den Waldhöfer 2:0-Erfolg über Viktoria Köln. Die Partie stand zudem unter einem besonderen Motto – dem Inklusionstag: Bei den Einlaufkindern waren daher Kids mit und ohne Behinderung dabei. Anlässlich dieses Aktionstags hatte auch das Inklusionsmobil im Stadion Station gemacht. Bei den Mitmachaktionen konnten Kinder und Erwachsene nicht nur ihre Kräfte beim Torwandschießen und Rollstuhlbasketball messen, sondern auch Paralympics-Sieger Niko Kappel persönlich treffen.
Die Torwand wirkte vor allem auf die jüngsten Waldhof-Fans wie ein Magnet. Immer wieder kickten sie den Ball auf die Tore und jubelten, wenn ein Schuss gelang. Pascal Scheffel, Projektmanager des Inklusionsmobils, das es seit Jahresbeginn gibt, schaute den Kickern zu. „Wir fahren durch Deutschland, zu Schulen, zu Vereinen oder zu Events und wollen den Behindertensport inklusiv präsentieren“, sagte er. Man wolle Berührungspunkte schaffen. Und Kinder, aber auch Erwachsenen dafür sensibilisieren, wie Sport im Rollstuhl, aber auch einer Sehbeeinträchtigung funktioniert, etwa mithilfe einer Simulationsbrille.
Gäste können beim Inklusionstag im Calr-Benz-Stadion Sport im Rollstuhl ausprobieren
„Viele Kinder sehen jemanden im Rollstuhl, aber wissen nicht, wie es ist, im Rollstuhl zu sitzen oder Sport zu treiben“, erzählt Scheffel. „Deswegen sind wir jetzt ganz oft bei Events dabei, um auch das zu zeigen.“ Die Resonanz sei laut Scheffel „super“. „Wir haben sehr viele Anfragen für das Mobil deutschlandweit, querbeet.“ Der SV Waldhof sei auf das Inklusionsmobil zugekommen. „Sie kamen zu Beginn zu uns und haben sich bedankt, weil sie auch sehr hinter dem Thema stehen. Manche nutzen das gerne als Marketing, aber der Waldhof steht wirklich hinter der Inklusion.“
Man sei zu dritt vor Ort, zudem gebe es noch zahlreiche Helfer vom SV Waldhof. Die Nachfrage im Carl-Benz-Stadion sei stärker, als gedacht, erzählte Scheffler erfreut. Er habe gedacht, dass viele Fans eigentlich kurz vor dem Anpfiff ankämen und direkt zu ihrem Platz gingen. „Aber heute sind viele Eltern mit ihren Kindern hier. Wir haben schönes Wetter und unser Markenbotschafter Niko Kappel zieht auch noch mal den einen oder anderen Sportler und sportbegeisterten Zuschauer an.“
Kappel hatte sichtlich Spaß: Gut gelaunt kickte er mit den Besucherinnen und Besuchern, unterhielt sich mit ihnen, machte Fotos und schrieb Autogramme. Er ist vielen ein Begriff: Der Leichtathlet des VfB Stuttgart hat etwa bei den Paralympics 2016 in Rio de Janeiro im Kugelstoßen eine Goldmedaille geholt. Auch bei weiteren Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften feierte der 30-Jährige zahlreiche Erfolge und bereitet sich aktuell auf die WM in Indien vor. Zudem hat er bis zur A-Jugend selbst Fußball gespielt. Die Initiative sei von Rewe, der Aktion Mensch und im Deutschen Behindertensportverband verankert.
Sport besteht aus mehr als nur dem Gesundheitsaspekt
„Wir wollen das Thema Inklusion sichtbar machen und insbesondere zeigen, wie stark das Thema im Sport eigentlich untergebracht werden kann und wie einfach es ist“, sagt er. Sport bestehe aus mehr als nur dem Gesundheitsaspekt, es gehe unter anderem auch darum, Rücksicht aufeinander zu nehmen.
„Es bedeutet lernen zu verlieren, es bedeutet lernen zu gewinnen“, so Kappel. „Es bedeutet auch zu lernen, im Team zu agieren – das sind alles so spielerische Aspekte, die man durch den Sport gewinnen kann. Wir wollen mit dem Inklusionsmobil zeigen, wie gut man das gemeinsam machen kann.“
Mit konzentrierter Miene taxiert Levin die Torwand: Schließlich nimmt der Achtjährige Anlauf und donnert den Ball direkt ins Tor. Sein Bruder Leon sowie David, der Lebensgefährte der Mutter der Jungen, schauen ihm begeistert zu. Levin, der bei der TSG Rheinau kickt, findet das Torwandschießen toll. Lob gibt es auch von David. „Ich finde es gut, dass vor allem Kinder die Zeit vor dem Spiel vertreiben können.“
Melina ist auf Heimatbesuch in Mannheim. Sie testet die Fahrt im Rollstuhl und findet die andere Perspektive interessant, auch im Hinblick auf die Wahrnehmung von anderen Menschen. „Weil man tiefer sitzt“, erklärt sie. Dass man mit der Mitmachaktion auf Inklusion aufmerksam macht, findet sie gut. Auch Mike Metzger, Helfer vom SV Waldhof, findet es spannend, mal selbst einen Rollstuhl zu bedienen. Jens Rückert vom TV 1864 Schwetzingen und Sportkreis Mannheim setzt sich für Integration und Inklusion ein. Inklusion sei nicht nur der reine Behindertensport, sondern bedeute auch, dass Menschen mit und ohne Behinderung gemeinsam Sport machen.
Fußball Weltmeister Niko Kappe will als Botschafter Hemmungen abbauen
Tobias Werner ist mit seiner Frau und seinen drei Kindern im Stadion. Sein Sohn Emilian kickt begeistert den Ball auf die Torwand. Für den Heppenheimer ist die Aktion des Inklusionsmodells eine spannende Sache. „Ich folge Niko Kappel in den sozialen Medien“, erzählt er.
Niko Kappel möchte als Botschafter unter anderem auch dabei helfen, Barrieren und Hemmungen abzubauen. „Ich glaube, dass Inklusion spielerisch funktioniert. Und es braucht wenig Bürokratie, um Inklusion und um Gemeinschaft zu erleben“, sagt der Sportler. „Es braucht Berührungspunkte und das schaffen wir durch den Sport.“
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