Mannheim. Im Alter von 95 Jahren ist Manfred Strauch „friedlich eingeschlafen“, heißt es in der Todesanzeige. Am 11. Januar soll der Pionier der „Blutwäsche“ in aller Stille beigesetzt werden. Der Facharzt hat als Nephrologe am Mannheimer Universitätsklinikum Geschichte geschrieben. Strauch führte nämlich 1967 die erste Dialyse im „Städtischen“ durch, wie damals das Klinikum hieß. Inzwischen gelten „Blutwäschen“ (Hämodialysen) als Standardverfahren, selbst auf Intensivstationen.
Manfred Strauch brachte Dialyse von den USA nach Mannheim
Als der „MM“ anlässlich des 50. Geburtstages der „eisernen Kunstniere“, wie Patienten die „Blutwäsche“-Apparatur nannten, mit dem damals emeritierten Professor und Klinikchef ein Gespräch in seinem Feudenheimer Wohnhaus führte, erzählte dieser von dem „aufregenden Ereignis“, als sei es gestern gewesen.
Bei einem Forschungsaufenthalt in den USA hatte Strauch in den 1960ern das Nierenersatzverfahren mittels künstlicher „Blutwäsche“ außerhalb des Körpers kennen und anwenden gelernt. Zunächst noch Assistenzarzt baute er im Auftrag des damaligen Klinikum-Chefarztes der „1. Med.“ , Wolfgang Hoffmeister, eine nephrologische Einheit auf.
Als Grundstock dienten ihm mitgebrachte Geräte, an deren Entwicklung er selbst in den USA beteiligt war: Der würfelartige Block (Typ Dialing) bestand aus 32 dünnen, rillentragenden Plastikplatten, die je nach Positionierung als Blut- oder Dialyseleiter fungierten. Durch die dazwischen liegenden Membranen wurde Giftiges, wie Harnstoff, ausgetauscht. Strauch hatte einen kreativen Medizintechniker über den großen Teich gelotst - „ein Glücksfall“, wie er rückblickend schwärmte.
Mannheimer Mediziner mit viel Einfallsreichtum
Schließlich war Mut zur Improvisation gefragt. Strauch erzählte, wie er die „künstliche Niere“ im Privatauto nach Ludwigshafen gekarrt hat, um in der damals neuen BG-Unfallklinik dortige Patienten, beispielsweise Brandverletzte, mit drohendem Nierenversagen zu dialysieren. Wegen des extremen Engpasses an klinischen Behandlungsplätzen wurde die Heimdialyse ausgebaut.
Heute kann sich niemand mehr vorstellen, dass Dialyse-Patienten anfänglich in einem Fernsehsessel (statt Liegebett) saßen, die „Spülflüssigkeit“ in der Badewanne angemischt und dann durch Aquariumspumpen unter dem Wohnzimmerteppich befördert wurden.
Am Uniklinikum hat sich die Pionier-Einheit zu einer eigenständigen Klinik für Nierenerkrankungen (V. Med.) entwickelt, die der promovierte und habilitierte Internist Manfred Strauch bis 1995 erfolgreich leitete.
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