Justiz

Lebenslange Haftstrafe für Sulaiman A. nach Mannheimer Messerangriff – die Reaktionen

Im Prozess um das Messerattentat auf dem Mannheimer Marktplatz ist das Urteil gefallen. Das sagen Mannheims Oberbürgermeister sowie die Polizeigewerkschafter dazu.

Von 
Simone Kiß und Steffen Mack
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Der Polizist Rouven Laur wurde am 31. Mai 2024 auf dem Mannheimer Marktplatz von Sulaiman A. so schwer verletzt, dass er wenige Tage später starb. © Michael Ruffler

Mannheim. Eine lebenslange Haftstrafe, dazu die besondere Schwere der Schuld – mit diesem Urteil für den Angeklagten Sulaiman A. ist der Prozess um das Messerattentat auf dem Mannheimer Marktplatz am Oberlandesgericht in Stuttgart-Stammheim zu Ende gegangen. Wie wird das Urteil in Mannheim aufgenommen und bewertet?

Oberbürgermeister Christian Specht

„Der heutige Tag ist für uns kein Abschluss, sondern ein weiterer wichtiger Schritt in der Verarbeitung dieser Tat“, so Oberbürgermeister Christian Specht in einer Mitteilung. Die Stadt Mannheim werde weiterhin an der Seite der Familie Laur, der Polizei und der Bürgerinnen und Bürger stehen und sich für Sicherheit, Zusammenhalt und ein respektvolles Miteinander einsetzen.

Oberbürgermeister Christian Specht. © Stadt Mannheim, Ben van Skyhawk

Das Messerattentat vom 31. Mai 2024 stehe in einer Reihe von Anschlägen in ganz Deutschland. Dennoch habe der Mord an „unserem Polizisten Rouven Laur“ nicht nur Mannheim, sondern ganz Deutschland zutiefst erschüttert, schreibt das Stadtoberhaupt weiter: „Ein religiöser Fanatiker hat einen vorbildlichen und weltoffenen jungen Polizisten heimtückisch ermordet – nur weil er die Sicherheit einer Kundgebung verteidigt hat, die trotz ihrer kontroversen Inhalte unter dem Schutz unseres Grundgesetzes steht.“

Die grausame Tat habe eine politische Debatte über Migration, Integration und den Schutz vor religiösem Fanatismus ausgelöst. Dabei sei die Diskussion nicht immer sachlich und mitunter auch verletzend gewesen, so Specht. In Mannheim selbst habe man diese Debatte insgesamt zurückhaltender und differenzierter geführt. „Das zeigt, dass wir in unserer Stadt wissen: Fragen von Schuld und Verantwortung hängen nicht von Religion, Herkunft oder Hautfarbe ab. Politischer Extremismus – gleich welcher Ausprägung – widerspricht den Grundwerten unserer Stadtgesellschaft und hat keinen Platz in Mannheim“, stellt der Oberbürgermeister klar.

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Der 31. Mai 2024 bleibe ein Tag, der Mannheim tief bewegt habe. „Ein Tag, an den sich unsere Stadt dauerhaft erinnern wird. Für die Familie von Rouven Laur bleibt der unfassbare Verlust ihres Sohnes und Bruders, den auch das Urteil nicht wiedergutmachen kann. Ihnen gilt auch heute unser tief empfundenes Mitgefühl“, so Specht.

GdP-Vorsitzender Thomas Mohr

Thomas Mohr, Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP) Mannheim, hat kein anderes Urteil erwartet. „Für uns war von Beginn an klar, dass nur ein Urteil auf Lebenslang dem unfassbaren Leid und der Brutalität dieser Tat gerecht werden kann. Mit dem Urteil ist der juristische Teil abgeschlossen. Für die Familie, die Angehörigen, die Freunde und die Kolleginnen und Kollegen von Rouven bedeutet das zumindest einen Abschluss und die Möglichkeit, etwas mehr Ruhe zu finden. Trotz allem werden wir diesen tragischen Verlust nie vergessen und auch Rouven nicht, der für immer in unseren Herzen einen Platz haben wird“, schreibt Mohr in einer Mitteilung.

Thomas Mohr, GdP-Vorsitzender Mannheim. © GdP BW, KC Media

DpolG-Vorsitzender Frank Raisig

Von einem „folgerichtigen und notwendigen Urteil“ spricht Frank Raisig, Vorsitzender des Bezirksverbandes Kurpfalz der Deutschen Polizeigewerkschaft (DpolG). „Die lebenslange Freiheitsstrafe wegen Mordes an dem Polizisten Rouven Laur sowie mehrfachen versuchten Mordes und gefährlicher Körperverletzung, verbunden mit der Feststellung der besonderen Schwere der Schuld, entspricht der unfassbaren Brutalität und Grausamkeit dieser Tat. Die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld ist ein wichtiges Signal. Auch wenn das Gericht keine Sicherheitsverwahrung angeordnet hat, bleibt entscheidend, dass der Täter dauerhaft von der Gesellschaft ferngehalten wird“, so Raisig.

Frank Raisig, Vorsitzender des Bezirksverbandes Kurpfalz der DpolG. © DpolG, Frank Raisig

Für die Deutsche Polizeigewerkschaft sei klar, dass dieser Täter nur dann den Fuß in Freiheit auf einen Boden setzen könne, wenn er dies in seinem Heimatland tue. Die Politik fordert er zum Handeln auf: „Es braucht klare gesetzliche Regelungen, die es ermöglichen, Schwerstkriminelle auch in Länder wie Afghanistan zurückzuführen – insbesondere, wenn sie eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellen. Die Polizei steht tagtäglich im Dienst der Gesellschaft und darf nicht zum Ziel extremistischer Gewalt werden“, erklärt der Polizeigewerkschafter.

DITIB-Sekretär Cem Yalcinkaya

Der Prozess habe gezeigt, „dass unser Rechtsstaat funktioniert“, teilt Cem Yalcinkaya, Gemeindesekretär des türkisch-islamischen Religionsverbandes DITIB Mannheim, auf Anfrage dieser Redaktion mit: „Wir haben Vertrauen in Polizei und Justiz. Es ist auch gut, dass die Bundesanwaltschaft dieses Verfahren an sich gezogen hat. Damit hat es die nötige Beachtung gefunden. Wir haben das Attentat damals ja anschließend öffentlich verurteilt und der Polizei kondoliert.“ Es sei wichtig, dass man solche schrecklichen Taten nicht mit Fragen der Zuwanderung verknüpfe, so Yalcinkaya weiter: „Leider gibt es eine rechtspopulistische Partei, die das immer wieder vermischt. So haben wir damals auch eine Welle des Hasses abbekommen, einige Zuschriften haben wir zur Anzeige gebracht. Zum Glück hat sich das wieder eingependelt. Wir alle hier wollen ein friedliches Miteinander, dafür engagieren wir uns auch in der Mannheimer Zivilgesellschaft.“

DITIB-Gemeindesekretär Cem Yalcinkaya. © DITIB

Polizeiseelsorger Friedel Goetz

Von einem wichtigen Tag für Mannheim und seine Menschen spricht Friedel Goetz, Polizeiseelsorger und Pfarrer der evangelischen ChristusFriedenGemeinde, auf Anfrage dieser Redaktion. „Das Urteil nimmt den Schmerz und das Leid nicht weg, dass Rouven Laur nicht mehr da ist. Dass ein Mensch nicht mehr lebt, der hätte leben müssen. Aber es ist wichtig, dass ein Gericht objektiv festgestellt hat, dass hier Unrecht geschehen ist und dass nicht Hass und Wut die Beurteilung dieser Tat bestimmen.“ Beeindruckt habe ihn, in welcher Klarheit Sulaiman A. seine Schuld eingestanden habe. Sein Mitgefühl gelte weiter der Familie von Rouven Laur.

Polizeiseelsorger Friedel Goetz. © Thommy Mardo

Aber auch den beiden Kindern des Verurteilten. „Diese Kinder werden ohne ihren Vater aufwachsen und müssen damit leben, dass ihr Vater diese Schuld auf sich geladen hat“, so Goetz. Es sei gut und unverzichtbar, dass der Prozess nun zu Ende gegangen sei: „Er hat viele Menschen enorm Kraft gekostet. Menschen, die vor Gericht aussagen mussten und das Geschehen damit noch einmal durchleben mussten.“ Für die Stadtgesellschaft sei der Weg mit der Verkündung des Urteils aber noch nicht zu Ende. „Wir müssen wieder Vertrauen finden in unsere Stadt und alle gemeinsam an einer friedlichen Gemeinschaft arbeiten.“ Auch für die Mannheimer Polizei sei das Ende des Prozesses ein wichtiger Schritt. „Für die Polizistinnen und Polizisten ist es wichtig, dass sie Recht und Gerechtigkeit auf ihrer Seite haben“, so Friedel Goetz.

Redaktion Reporterin Team Mannheim

Redaktion Steffen Mack schreibt als Reporter über Mannheimer Themen

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