Kunstprojekt

Kunstprojekt im Herzogenried: Diese Gegenstände lieben Mannheimer

Von Pappmaché-Döner bis bulgarischer Wasserkocher: Ein Künstlerduo bat Mannheimer, ihre Lieblingsgegenstände für eine Ausstellung einzureichen. Diese Dinge und die Geschichten dahinter kamen dabei rum

Von 
Lea Seethaler
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Sicherlich eines der Highlights: der Pappmaché-Döner. Er war einst auf einer Bühne mit einer Darstellerin aus der Türkei als Requisite im Einsatz. © Privat

Mannheim. Was haben eine Autofelge, ein türkischer Pass von 1967, eine Beinprothese und eine Foto-Poesie-Collage von der Vogelstang gemeinsam? Sie alle stehen für Menschen, ihre Geschichten und Meinungen. Und sie alle sollen Vielfalt zeigen und dafür sorgen, dass Menschen ins Gespräch kommen - und darüber sprechen, was uns ausmacht. Das war Ziel des Kunstprojektes „Mein?Dein?Unser? - Dokumente der Vielfalt“.

Knapp 200 Gegenstände haben Mannheimer Bürgerinnen und Bürger dafür nach einem Aufruf zusammengetragen, um sie und die Geschichten dahinter zu präsentieren, und zwar in der interaktiven Ausstellung. Begonnen hatten das Projekt die Künstler Thurid Goertz und Stephan Rixecker vom Kunstkollektiv km42 und Fouzia Hammoud vom Arabischen Haus mit dem Mannheimer Quartiersmanagement.

Mannheimer hängen an Lieblingsgetränken und Koffein

Eingereicht wurden mannigfaltige Dinge. Die Mannheimer scheinen sich auch sehr über ihre Heißgetränke zu definieren. Eingereicht wurde etwa eine Kaffeemühle. Und zu dieser war bei der Ausstellung die Geschichte eines Urmannheimers, der begeistert vom Duft des frischgemahlenen Kaffees erzählt, zu hören. Denn der erinnere ihn noch heute an die Besuche bei seiner Großmutter in Käfertal, für die er damals die Bohnen mahlte.

Ob Prothese oder Bild: Die Mannheimer brachten Unterschiedlichstes. © Privat

Zudem reichte jemand einen bulgarischen Wasserkocher ein. Er erlaubt es, „überall und immer eine schnelle Tasse Tee zu genießen“ - ein Beitrag einer Bulgarin aus der Neckarstadt-West. Eingereicht wurde von den Mannheimern auch bulgarischer Schnaps. Der traditionelle selbstgebrannte Hochprozentige teilte sich bei der Ausstellung unter anderem mit einer türkischen Kaffeekanne und einem schwermütigen Gedicht über Vater Rhein ein Regal.

Das Skateboard als Symbol für ein „strauchelndes Land“

Und auch wirklich sehr ungewöhnliches brachten die Mannheimer. Etwa einen riesigen Dönerspieß aus Pappmaché, der erneut aus dem Genre kulinarisch, wenn auch ungenießbar, in der Ausstellung thronte. Ursprünglich war er Requisit eines großen soziokulturellen Theaterprojekts, dann zog er ins Wohnzimmer einer der Darstellenden aus der Türkei und ist nun als Sinnbild des Lebens zwischen den Kulturen als Leihgabe in die Ausstellung zurückkehrt, so Kurator Stephan Rixecker.

Eine Person brachte auch ein Skateboard. „Als Symbol für ein Land, das beim Versuch, alles perfekt zu machen, strauchelt“, so die Botschaft dazu. Der Mann, der es eingereicht hat und der früher selbst Skater war, ist heute im medizinischen Bereich tätig. Und der nächste Gegenstand hatte etwas mit dem Thema Krankenhaus zu tun.

Die Ausstellung war gut besucht: Viele Interessierte kamen und machten mit. © Privat

Ein bunt gestreiftes Zebra war ein Krankenhausgeschenk, auf dem in Russisch geschrieben steht: „Lass niemals schwarze und weisse Streifen in dein buntes Leben kommen.“ Es wurde von einem elfjährigen Mädchen, das mit seiner Mutter aus Kasachstan nach Deutschland gekommen ist, zur Ausstellung eingereicht. Und es blieb tierisch: Eine Hundejacke und ein Katzensnack waren bei der Ausstellung zu finden. „Stellvertretend für unsere Haustiere, die wir wie Familienmitglieder verwöhnen, von einem deutschen Haustierliebhaber, der selbst Hund und Katze hat und dessen Stoffhund schon seit Jahrzehnten mit seinen Besitzerinnen und Besitzern von Auto zu Auto umzieht“, so die Botschaft dazu.

Ausstellung entstand aus Begegnungsworkshops quer durch Mannheim

Persönliche Gegenstände, Biographisches, Typisches, Überraschendes: Die eingereichten Gegenstände zeigten also das wahre Leben - mal mit lockeren, witzigen Objekten, mal mit Dingen, die zum Nachdenken anregten.

In Begegnungsworkshops quer durch die Stadt und ihre Quartiere waren die Menschen vor der Ausstellung in den Austausch gekommen, sie lernten sich kennen und hinterließen ihre Stimmen, die als Soundcollage die Ausstellung bereicherten. Die meisten ließen auch noch eine kleine Anekdote, Geschichte oder Erklärung zu ihrem Ausstellungsstück da, in Form einer Sprachnachricht.

Mitmachaktionen für Jung und Alt im Kulturpoint Herzogenried

Gemeinsam mit vielen Interessierten hatte das Projektteam den Kulturpoint Herzogenried komplett umgestaltet, so dass die Besucherinnen und Besucher in eine kleine eigene Welt eintauchen konnten. Ein buntes Sammelsurium der Bewohner Mannheims, eine Entdeckungsreise „in das, was uns einzigartig macht und gleichsam vereint“, resümierte Rixecker stolz über die sehr gut besuchte Ausstellung.

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„Es gab viel zu erleben, inklusive verschiedener Mitmachaktionen für Menschen jeden Alters, die so selbst aktiv Teil der Ausstellung werden konnten.“ Rixecker: „Alle waren begeistert und haben sich trotz der großen Hitze in die Ausstellung vertieft, gebannt den Geschichten der Menschen gelauscht, selber Regale und Sticker gestaltet und ihre Wünsche auf die Wünschewand notiert. So wurde die Ausstellung direkt noch vielfältiger!“

Redaktion Redakteurin und Online-Koordinatorin der Mannheimer Lokalredaktion

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