Mannheim. Auch wenn die Zahlen leicht gestiegen sind, ist Mannheims Polizeipräsidentin Ulrike Schäfer zufrieden mit der Kriminalitätsentwicklung in der Stadt. „Es sind nicht so gravierende Veränderungen, dass das besorgniserregend wäre“, sagte Schäfer im Ausschuss für Sicherheit und Ordnung des Gemeinderats, in dem sie am Dienstag die Polizeiliche Kriminalstatistik 2024 für den Stadtkreis Mannheim vorgestellt hat.
In der Stadt hatte die Zahl der Gesamtstraftaten im vergangenen Jahr im Vergleich zu 2023 von 30.913 auf 31.542 zugenommen, wie aus der bereits Ende März veröffentlichten Statistik hervorgeht. Besorgniserregend sei der Anstieg um zwei Prozent aber nicht, machte Schäfer deutlich.
Rein objektiv betrachtet, bewegen wir uns jetzt nicht in einem Bereich, wo man sich nicht mehr auf die Straße trauen dürfte“
Straftaten im öffentlichen Raum, Aggressionsdelikte und Gewaltkriminalität seien zurückgegangen, betonte Schäfer und hob gleichzeitig hervor: „Fast 38 Prozent der Gesamtstraftaten sind einfache Diebstähle und das Erschleichen von Leistungen“, also etwa das Fahren ohne gültigen Fahrschein im öffentlichen Personennahverkehr. Das sei zwar nicht schön. „Aber das ist jetzt nicht die Kriminalität, die für ein Unsicherheitsgefühl sorgen sollte“, sagte Schäfer. „Rein objektiv betrachtet, bewegen wir uns jetzt nicht in einem Bereich, wo man sich nicht mehr auf die Straße trauen dürfte.“
Wie ist die Kriminalitätslage in Mannheims Stadtteilen?
Unverändert blieb 2024, dass mit 8.551 die mit Abstand meisten Straftaten im Bereich Innenstadt/Jungbusch begangen wurden. Ein Plus von 3,7 Prozent im Vergleich zu 2023, als 8.246 Straftaten in dem Stadtteil gezählt wurden. Hier schlägt vor allem das Erschleichen von Leistungen zu Buche: Um 40,4 Prozent waren die Fälle von 549 auf 771 angestiegen. Positiv erwähnte Schäfer, dass die Zahlen bei schweren Delikten im Stadtteil rückgängig waren. Bei Gewaltkriminalität etwa um 12,6 Prozent, bei gefährlicher und schwerer Körperverletzung um 10,7 Prozent und bei Raubstraftaten um 28,2 Prozent.
Auch auf der Rheinau gab es 2024 „eine signifikante Steigerung“. Um 20,2 Prozent nahm die Zahl der Straftaten von 1.266 auf 1.522 zu. Auch hier entfiel ein hoher Teil auf das Erschleichen von Leistungen (von 186 auf 269 Fälle, plus 44,6 Prozent), erläuterte die Polizeipräsidentin. Doch auch bei Sexualdelikten habe die Zahl auf der Rheinau deutlich zugenommen. Zurückzuführen sei das auf einen sogenannten „Vielschreiber“, also jemand, der besonders viele Fälle anzeigt. 21 Straftaten hatte er in dem Deliktsbereich zur Anzeige gebracht, „die aber sehr wahrscheinlich nicht stattgefunden haben“, ordnete Schäfer ein.
Ansonsten spricht die Polizeipräsidentin von einer „insgesamt gleichbleibenden Entwicklung“ in den Stadtteilen. In manchen Bezirken habe es Rückgänge von Straftaten gegeben, in anderen dafür Anstiege. „Das ist aber im Rahmen der normalen Kriminalitätsentwicklung, da gibt es auch keinen Schwerpunkt oder eine großartige Problemstellung“, sagte Schäfer.
Was bereitet Polizeipräsidentin Ulrike Schäfer Sorge?
Bei Sexualstraftaten bewegen sich die Zahlen auf einem Zehnjahreshoch. Insgesamt gab es 622 Fälle, ein Anstieg um 20,5 Prozent im Vergleich zu 2023, als es 516 gab. Wie in den vergangenen Jahren entfiel der überwiegende Teil der Delikte mit 45,7 Prozent auf die Verbreitung pornografischer Schriften. Besonders angestiegen sind Straftaten im Bereich der sexuellen Belästigung. Die Fälle nahmen von 66 auf 101 zu. Zwar spielt da auch der bereits erwähnte „Vielschreiber“ von der Rheinau mit rein, erklärte Schäfer.
„Aber trotzdem muss man konstatieren, dass wir krasse Steigerungen haben, um die wir uns kümmern müssen“. Zielgerichtete Maßnahmen dafür zu ergreifen, sei jedoch schwierig, weil sich keine Schwerpunkte erkennen ließen. „Tatsächlich kommt man da auch irgendwann halt an eine Grenze bei dem Thema“, sagte Schäfer und verwies darauf, dass solche Taten oft im privaten Umfeld stattfinden.
Auch wenn sie nur 0,1 Prozent aller Straftaten in Mannheim ausmachen, findet Schäfer auch die Entwicklung bei den Straftaten gegen das Leben „besorgniserregend“. Von 18 auf 24 Taten sind diese gestiegen. Dabei gab es vier vollendete Tötungsdelikte.
In welchen Bereichen gab es 2024 positive Entwicklungen?
Besonders hervor hob Schäfer den Rückgang der Zahlen im Deliktsbereich Raub/räuberische Erpressung . In der Vergangenheit waren hier laut der Polizeipräsidentin „wahnsinnige Steigerungen“ zu verzeichnen gewesen. 2023 gab es 280 Fälle, im vergangenen Jahr nahm die Zahl auf 200 ab, ein Minus von 28,6 Prozent. „Dieser enorme Rückgang ist wirklich positiv zu bewerten“, betonte Schäfer.
Schäfer begründet die rückläufigen Zahlen mit erfolgreich umgesetzten Maßnahmen der Polizei: „Da haben wir sehr viel unternommen, das sieht man jetzt auch an der Entwicklung“, sagte sie. Selbst im Stadtteil Innenstadt/Jungbusch, der 2024 mit 89 Fällen einen Schwerpunkt bei Raub und räuberischer Erpressung in Mannheim bildete, nahm die Zahl gegenüber dem Vorjahr um 28,2 Prozent ab.
Bei Aggressionsdelikten im öffentlichen Raum sind die Zahlen um 7,9 Prozent zurückgegangen. „Das ist eine gute Nachricht“, sagte Schäfer. 1.409 Fälle zählte die Polizei im Jahr 2023, im vergangenen Jahr waren es 1.289. „Interessant“ findet Schäfer dabei, dass Messerdelikte abgenommen haben.
Nicht zu verwechseln sind Messerdelikte mit Messerangriffen . Während bei ersterem das Messer lediglich mitgeführt wird, kommt es bei Angriffen als Droh- oder Tatmittel zum Einsatz. Auch hier gab es einen Rückgang. Die Zahl sank von 154 auf 139 Taten um 9,7 Prozent.
Wer sind die ermittelten Tatverdächtigen? Der überwiegende Teil der von der Polizei ermittelten Tatverdächtigen war männlich. Auf rund drei Viertel bezifferte Schäfer den Wert. Überdurchschnittlich hoch war die Zahl der männlichen Verdächtigen mit 82,2 Prozent bei Aggressionsdelikten im öffentlichen Raum.
Auffällig war, dass sich bei Delikten aus dem Bereich Raub/räuberische Erpressung die Anzahl der nichtdeutschen Tatverdächtigen um zehn Prozent erhöhte. Sie nahmen einen Anteil von 58,4 Prozent an den Gesamtverdächtigen ein. Ähnlich verhielt es sich bei Eigentumsdelikten. Der Anteil nichtdeutscher Tatverdächtiger lag hier bei 59 Prozent.
Einen Rückgang um insgesamt 4,6 Prozent habe es laut Schäfer bei jugendlichen und heranwachsenden Tatverdächtigen gegeben. Im Bereich der Eigentumsdelikte ist der Anteil der Heranwachsenden um zehn Prozent auf 273 gestiegen. Bei Straßenkriminalität seien Jugendliche ebenso überproportional oft vertreten, sie machten 15,7 Prozent aller Tatverdächtigen aus.
Besonders besorgniserregend ist laut Schäfer die hohe Anzahl tatverdächtiger Kinder im Bereich der ansonsten rückläufigen Gewaltkriminalität. Sie stieg von 29 auf 59. „Eine Steigerung von über 100 Prozent“, unterstrich Schäfer. Hier will die Polizei mit mehr Präventionsprojekten gegensteuern.
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