Mannheim. Die Zahl der erfassten Gewalttaten bei Minderjährigen ist 2024 deutlich gestiegen – diese Nachricht des Bundeskriminalamtes (BKA) hatte vor Kurzem aufgeschreckt. Die Rhein-Neckar-Region ist hier keine Ausnahme. Laut der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) im Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Mannheim wurden im vergangenen Jahr 426 Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren als Tatverdächtige im Bereich Gewaltkriminalität registriert. Das sind deutlich mehr als im Jahr davor mit 359 tatverdächtigen Kindern und Jugendlichen.
Der Anstieg liegt damit bei knapp 19 Prozent. Unter Gewaltkriminalität fallen Delikte wie gefährliche und schwere Körperverletzung sowie Raub. Zum Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Mannheim zählen die Stadtbereiche Mannheim und Heidelberg sowie der Rhein-Neckar-Kreis.
Besonders auffällig ist – und auch das zeigt sich in der bundesweiten Statistik des BKA –, dass vor allem Kinder gewalttätig werden. So waren im vergangenen Jahr 108 der Tatverdächtigen im Bereich Gewaltkriminalität jünger als 14 Jahre, damit hat sich ihre Zahl im Vergleich zu 2023 fast verdoppelt (67 Tatverdächtige).
Kinder und Jugendliche leiden unter psychischen Belastungen
Das BKA spricht beim Blick auf den Zeitverlauf hier von neuen Höchstständen und sucht nach Erklärungen. So gebe es Hinweise darauf, dass psychische Belastungen bei Kindern und Jugendlichen seit einigen Jahren vermehrt auftreten. Diese seien zwar keine direkte Ursache für kriminelles Verhalten, aber im Zusammenwirken mit anderen ungünstigen Faktoren könnten sie die Wahrscheinlichkeit der Begehung von (Gewalt-)Straftaten erhöhen.
Daneben machten sich junge Menschen zunehmend wirtschaftliche Sorgen, fühlten sich aufgrund gesellschaftlicher Krisen belastet und sähen sich ausgegrenzt. Aber auch toxische Männlichkeitsnormen und gewaltakzeptierende Einstellungen spielten hier eine Rolle.
Zahl der Tatverdächtigen unter 14 Jahren steigt - auch in Mannheim
Augenfällig ist der Anstieg der Gewaltkriminalität 2024 auch deshalb, weil die Tatverdächtigenzahlen insgesamt, also bezogen auf alle Delikte, gesunken sind. So hat das Polizeipräsidium Mannheim im vergangenen Jahr 3485 Kinder und Jugendliche als Tatverdächtige registriert, das waren 387 weniger als 2023.
Ein Blick ein paar Jahre zurück zeigt allerdings auch, dass der Trend zu mehr Straftaten speziell bei Kindern und Jugendlichen ein steigender ist. Wobei es hier erneut die unter 14-Jährigen sind, die zu dem Anstieg beitragen. Wurden 2020 rund 680 tatverdächtige Kinder von der Polizei festgestellt, waren es vier Jahre später fast 300 mehr, ein Plus von 40 Prozent. Bei den 14- bis 18-Jährigen lag der Anstieg demgegenüber bei „nur“ sieben Prozent. Die Anzahl der polizeilich registrierten Straftaten insgesamt steigt zwar seit Jahren, aber nicht so stark wie bei den Minderjährigen.
Die Polizeiliche Kriminalstatistik gibt im Übrigen nur das Hellfeld wider. Nur Straftaten, die der Polizei bekannt geworden sind, gehen in die Statistik ein. Wie groß das jeweilige Hell- und Dunkelfeld ist, hängt unter anderem davon ab, wie häufig Delikte angezeigt werden. Besonders groß ist das Dunkelfeld beispielsweise im Bereich der Cyberkriminalität und bei Sexualstraftaten, wohingegen Kfz-Diebstahl und Wohnungseinbruchdiebstahl nahezu immer zur Anzeige gebracht werden.
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