Mannheim. Vor dem Dorint in Mannheim stehen am Montagmittag ein Polizeiaufgebot und vier schwarze Limousinen. Zwei mit Berliner und zwei mit Stuttgarter Kennzeichen. Im zweiten Stock des Kongresshotels ist gegen 12 Uhr eine Kamerawand aufgebaut, wie man sie sonst aus Berlin kennt.
Der Mann, wegen dem vor allem die Medien so zahlreich gekommen sind, lässt sich Zeit. Erst schaut sich Alexander Dobrindt die aufgebauten Infostände an. Am meisten hat es dem Innenminister offenbar der des Bundesamts für Kartographie und Geodäsie angetan. Spontaner Gedanke: Was immer das sein mag. Aber Berichterstattung verpflichtet da natürlich zum Googeln: Geodäsie ist eine Wissenschaft, die sich mit Abmessungen nicht nur der Erde, sondern auch im Weltall beschäftigt.
Veranstaltung in Mannheim geht über zwei Tage
Womöglich findet Dobrindt das reizvoller als die Niederungen seines Alltags. Nach Mannheim gekommen ist der CSU-Politiker wegen einer von seinem Ministerium organisierten Fachtagung über die Probleme der Kommunen. Motto der zweitägigen Veranstaltung: „Zusammen zukunftsfest.“
Dass es daran hapert, ist dem Bundesinnenminister hinreichend bekannt. Bei seinem mit halbstündiger Verspätung begonnenen Statement vor der Presse geht er gleich auf die immensen Finanznöte der Kommunen ein. „Eines muss jedem klar sein: Die kommunale Familie ist nicht mehr lange in der Lage, ihre Aufgaben zu erfüllen.“ Das sei für die Demokratie existenzbedrohend.
Stuttgarter Innenminister Strobl: „Es geht ums Geld“
Auch Dobrindts Stuttgarter Amtskollege Thomas Strobl heißt „die gesamte kommunale Familie“ in „The Länd“ willkommen, nach kurzer Pause auch in Mannheim. Womöglich wurde dem CDU-Mann im letzten Moment gewahr, dass neben ihm das Stadtoberhaupt steht, sein Parteifreund Christian Specht. Ortskenntnis beweist der Minister aber später auf eine Journalistenfrage zur Sicherheit im öffentlichen Raum hin. Da lobt Strobl das Ende 2018 begonnene Mannheimer Modellprojekt mit KI-gestützter Videoüberwachung „als deutschlandweit, ja europaweit einmalig“. Wäre nicht die Pandemie dazwischengekommen, gäbe es längst belastbare Ergebnisse.
Was für die Kommunen am dringlichsten ist, weiß Strobl ebenfalls: „Es geht ums Geld.“ Man müsse sich auch Gedanken machen, ob sich nicht von der einen oder anderen Pflichtaufgabe sagen lasse: „Das kann weg.“
OB Christian Specht wünscht: „Genießen Sie Mannheim!“
In dieses Horn stößt auch Specht. Bei den immensen Nöten, in denen die Kommunen seien, gehe es nicht nur um kurzfristige Finanzhilfen. Sondern darum, wie sich die Aufgabenverteilung besser austarieren lasse. In seinem späteren Grußwort im Konferenzsaal nennt der Oberbürgermeister auch ein konkretes Beispiel. Er verweist auf die im Gemeinderat mit großen Mühen und gegen heftige Proteste beschlossenen Kürzungen von 2,8 Millionen Euro. Gleichzeitig würden die Stadt die zehn teuersten Fälle von beruflichen Wiedereingliederungshilfen in diesem Jahr – die sie laut Bundesgesetz erstmal tragen muss – 3,4 Millionen kosten.
Am Ende empfiehlt Specht noch: „Genießen Sie Mannheim!“ Das sei eine sichere Stadt. Und falls doch jemand irgendwelche Probleme haben sollte, sei er ja da. Dann ist wieder Dobrindt dran, der die Konferenz gegen 13.45 Uhr offiziell eröffnet. Da er um 14 Uhr zum nächsten Termin muss, bleibt für einen nochmaligen Abstecher zum Infostand des Bundesamts für Kartographie und Geodäsie leider keine Zeit.
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