„MM“-Bürgerbarometer - 63 Prozent der Befragten haben ihr Verhalten zum Schutz der Umwelt geändert / Deutlich weniger spüren den Wandel am eigenen Leib

Klimaschutz spielt größere Rolle

Von 
Joana Rettig
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Der Klimawandel ist momentan eines der heiß diskutierten Themen in der Kommunal-, Bundes- und Weltpolitik. Spätestens, nachdem weltweit Schüler für eine bessere Klimapolitik freitags auf die Straße gehen und unter dem Namen „Fridays for Future“ den Unterricht sausenlassen, sind der Wandel im Weltklima und die möglichen Folgen in der Diskussion. Auch in Mannheim. Das zeigt das „MM“-Bürgerbarometer: Obwohl sie den Klimawandel selbst noch nicht alle am eigenen Leib spüren, ändern viele Mannheimer ihr Verhalten für den Umweltschutz.

„Es ist überhaupt schon sehr feinfühlig, dass so viele Menschen angeben, den Wandel zu spüren“, erklärt Matthias Jung, Leiter der Forschungsgruppe Wahlen, die die Telefonumfrage im Auftrag des „Mannheimer Morgen“ durchgeführt hat. Demnach gaben 43 Prozent der Befragten an, den Klimawandel stark oder sehr stark zu spüren. Dagegen nehmen 48 Prozent die Veränderungen des Weltklimas nicht so stark bis gar nicht wahr.

„Wir leben in einer Region, in der die Veränderungen eigentlich nicht so stark zu spüren sind“, sagt Jung. „Wenn wir den Kopf aus dem Fenster halten, spüren wir die höheren Temperaturen ein bisschen, sehen ein bisschen weniger Schnee.“ Das hält aber offenbar die Mannheimer nicht davon ab, umweltbewusster zu handeln. Denn 63 Prozent sagen, sie hätten für den Klimaschutz etwas Wesentliches in ihrem Verhalten geändert.

Sieben Prozent Leugner

Jung interpretiert das Ergebnis auf zwei unterschiedliche Weisen. Zum einen spiele die soziale Erwünschtheit bei dieser Antwort eine Rolle. „Das ist ein ganz normales Phänomen“, sagt er. „Bei sozial positiv bewerteten Verhaltensweisen gibt es eine erhöhte Antwortbereitschaft, die in diese Richtung tendiert.“ Soll heißen: Wenn ein Befragter nicht explizit lügen muss, um gut anzukommen, gibt er gern die Antwort, die von ihm in der Gesellschaft erwartet wird. Sein Verhalten für den Klimaschutz zu ändern, ist eine solche positiv bewertete Verhaltensweise. Ein weiterer Grund für die Abweichung sei das Wissen um den Klimawandel. „Nur, weil ich die Veränderungen nicht selbst spüre, heißt es nicht, dass ich den Klimawandel leugne“, sagt Jung.

Leugner gibt es in Mannheim allerdings auch. Sieben Prozent der Befragten gaben an, dass es den Klimawandel nicht gibt. Zwei Prozent gaben an, dass sie das nicht wissen. Ein ganz normaler, wenn nicht sogar vergleichsweise niedriger Wert, sagt Jung. „In den USA wäre der Wert sicherlich höher.“ Auffallend sei da, dass die politische Einstellung einen großen Einfluss habe. „Wir haben nicht viele Leugner, aber wir sehen, wo sie vor allem sitzen: bei der AfD.“ Von den Befragten, die bei der nächsten Gemeinderatswahl die AfD wählen würden, sagten 29 Prozent, eine Veränderung im Weltklima gebe es nicht. Acht Prozent sagten, sie wüssten es nicht. „Und hätten wir gefragt, ob der Klimawandel menschengemacht ist, dann wäre die Quote bei der AfD mit großer Wahrscheinlichkeit noch sehr viel kleiner“, so Jung.

Signifikante Abweichungen zeigen sich zudem in den unterschiedlichen Bildungsniveaus der Interviewten. Je höher die Schulbildung ist, desto mehr spüren die Menschen den Klimawandel. Lediglich 27 Prozent der Hauptschulabsolventen gaben an, die Auswirkungen stark oder sehr stark wahrgenommen zu haben. Dagegen steht die Zahl der Hochschulabsolventen mit 48 Prozent. „Daran erkennt man, dass Bildung auf die Information, und die wiederrum auf die Wahrnehmung wirkt“, erklärt der Wahlforscher.

Auch interessant sei, dass mehr junge Menschen den Klimawandel spüren. Hier könne man in drei Gruppen unterscheiden: Da sind die unter 40-Jährigen – hier spürt laut Jung fast jeder Zweite die Veränderungen. „Bei den 40- bis 60-Jährigen sind es nur noch 40 Prozent und bei den über 60-Jährigen ist es nur noch etwa ein Drittel.“ Das sage sehr viel darüber aus, wie sich Information auf die Wahrnehmung ausübe. „Die jungen Menschen haben ein größeres Bewusstsein für den Klimawandel, deshalb spüren sie ihn mehr.“ Obwohl man laut Jung hätte annehmen können, ältere Menschen seien vor allem beim Wetter feinfühliger. Auffällig sei daneben auch: Anhänger der CDU (28 Prozent), der Freien Wähler/Mannheimer Liste (34) und der Linken (38) spüren den Wandel im Weltklima weniger als Wähler der anderen Parteien (AfD ausgenommen). „Das sind Gruppen, die glauben an den Klimawandel, aber sie nehmen ihn nicht wahr.“

Für das aktuelle Bürgerbarometer hat die Forschungsgruppe Wahlen im Auftrag des „Mannheimer Morgen“ 1022 wahlberechtigte Menschen in Mannheim ab 16 Jahren befragt. Die repräsentative Telefonumfrage lief in der Woche vom 6. bis 12. November.

Redaktion Wirtschaftsreporterin

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