Klimaschutz

Klimaschonender Beton aus Mannheim: Über die Vorteile des eigens entwickelten Baustoffs

Lösungen in der Klimakrise? TBS Transportbeton aus Mannheim hat mit seinem klimaschonenden Beton was in petto – wäre aber fast an der Bürokratie gescheitert.

Von 
Martin Geiger
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Mit Unterstützung der Stadt Mannheim zum Erfolg: TBS-Transportbeton-Chef Joachim Gilles (r.) mit OB Christian Specht sowie Judith Geiser (M.) und Kea Vehnekamp (2. v. l.) vom Local-Green-Deal-Team. © Martin Geiger

Mannheim. Aus ökologischer Sicht betrachtet, ist die Baubranche eine Art Sorgenkind. Denn bei der Herstellung von Zement, der für Beton benötigt wird, entsteht jede Menge CO₂. Nach Angaben von Kea Vehnekamp – in Mannheims Local-Green-Deal-Team zuständig für den Bereich „Zukunftsfähiges Bauen“ – entstehen rund zehn Prozent des weltweiten Treibhausgas-Ausstoßes bei der Herstellung von Zement. Daran lässt sich jedoch etwas ändern. Das beweist unter anderem das Mannheimer Unternehmen TBS Transportbeton.

Vor fast 50 Jahren haben es die Eltern von Joachim Gilles gegründet. Inzwischen arbeiten etwa 40 Beschäftigte für das mittelständische Unternehmen am Verbindungskanal, das zuletzt einen jährlichen Umsatz von rund 16 Millionen Euro erwirtschaftet hat. Etwa zehn Prozent des verkauften Betons entfallen Geschäftsführer Gilles zufolge auf eine klimaschonende Variante des wichtigen Baustoffs. Diese hat das Mannheimer Familienunternehmen selbst entwickelt – durfte sie zunächst aber nicht verwenden.

Mannheimer Beton verursacht etwa ein Drittel des bisherigen Treibhausgas-Ausstoßes

Der innovative Beton hatte es nämlich zwar, erzählt der TBS-Chef bei einem Pressegespräch am Montag, auf die einmal im Jahr erscheinende Liste der Baumaterialien geschafft, die verwendet werden dürfen. Jedes Bundesland müsse diese aber zusätzlich per Verordnung bestätigen. Und dabei sei es in Baden-Württemberg zu Verzögerungen gekommen. Das Ergebnis: In Hessen oder Rheinland-Pfalz hätte TBS die Neuheit einführen dürfen – nicht jedoch in Baden-Württemberg, wo aber nun mal der Firmensitz ist.

In dieser skurrilen Situation kam jedoch Hilfe von einer anderen Seite. „Die Stadt Mannheim hat uns da sehr stark unterstützt“, berichtet Gilles. Deren Local-Green-Deal-Team rund um Vehnekamp und Leiterin Judith Geiser vermittelte Kontakte zum zuständigen Landesministerium und konnte so das Zulassungsverfahren beschleunigen. Sehr zur Freude der TBS-Führung, aber auch im Sinne des Klimaschutzes.

Local Green Deal

  • Der sogenannte Local Green Deal ist Mannheims Antwort auf den Green Deal der Europäischen Union . Er soll dessen Ziele in lokale Aktivitäten überführen und damit die Stadt langfristig lebenswerter und nachhaltiger machen.
  • In acht Aktionsfeldern will die Stadtverwaltung Vereinbarungen zwischen Bürgerinnen und Bürgern, Wirtschaft, Politik und Forschung anregen und unterstützen.
  • Neben einer umweltfreundlichen Mobilität geht es etwa um gesunde Lebensmittel und Landnutzung, Biodiversität , eine schadstofffreie Umwelt oder um zukunftsfähiges Bauen.
  • Weitere Informationen zum Local Green Deal sowie zu Beteiligungsmöglichkeiten gibt es im Internet unter: www.mannheim-gemeinsam-gestalten.de.

Denn der neue Beton verursacht im Vergleich zum herkömmlichen nach Angaben des Unternehmens gerade mal etwas mehr als ein Drittel der Treibhausgase. Konkret bedeutet das: Bei der Herstellung eines Kubikmeters des traditionellen Baustoffs entstehen rund 300 Kilogramm CO₂. Bei der Herstellung eines Kubikmeters des klimaschonenden Betons sind es laut TBS rund 110 Kilogramm.

Möglich werde dies, erklärt Gilles, indem der Klinkeranteil bei der Herstellung des Zements – der wiederum für den Beton benötigt wird – von den üblichen 70 bis 80 Prozent auf etwa 50 reduziert werde. Als Ersatz kämen etwa Hüttensand, Kalksteinmehl oder Flugasche zum Einsatz. Die Qualität werde dadurch nicht beeinflusst: „Das macht für die Endkunden keinen Unterschied.“

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Auch andere Beton-Hersteller wie etwa Heidelberg Materials, besser noch bekannt unter dem früheren Namen Heidelberg Cement, arbeiten längst an klimafreundlicheren Varianten des Baustoffs und erzielen mindestens vergleichbare Ergebnisse, bestätigt Gilles: „Die können das auch.“ Ihn macht es dennoch stolz, dass sich sein Familienunternehmen nicht vor solchen globalen Konzernen verstecken muss: „Dies zeigt, Innovation ist auch als kleinstes Zementunternehmen Deutschlands möglich.“

Mannheims Oberbürgermeister Specht: „Baustoffe sind ein Riesenthema“

Vielen Klimaschützern reicht der Fortschritt aber noch nicht: Sie plädieren eher dafür, weniger zu bauen, ältere Gebäude häufiger zu sanieren, anstatt abzureißen und Baustoffe nach Möglichkeit wiederzuverwenden.

Diese Silhouette kennen die meisten Mannheimerinnen und Mannheimer: das Werk von TBS Transportbeton am Verbindungskanal. © Martin Geiger

„Baustoffe insgesamt sind ein Riesenthema“, sagt auch Oberbürgermeister Christian Specht (CDU). Schließlich müsse praktisch deutschlandweit die Infrastruktur wieder auf Vordermann gebracht werden, wofür gewaltige Mengen benötigt würden. Darum sei er froh darüber, „dass hier aus Mannheim einer der nachhaltigeren Baustoffe der Zukunft kommt“. Und er ist erfreut darüber, dass die Stadtverwaltung mit dem Local-Green-Deal-Team einen Anteil daran hat: „Dieses Beispiel zeigt, wie die klimafreundliche Transformation der Wirtschaft in der Praxis gelingen kann, wenn Verwaltung, Land und Unternehmen gut zusammenarbeiten.“

Der neue Beton ist dem TBS-Chef zufolge pro Tonne zwar drei, vier Euro teurer. Bei durchschnittlichen Preisen von 140 bis 150 Euro sind das jedoch gerade mal zwei bis drei Prozent Mehrkosten. Dennoch ist das den meisten Bauherren und -frauen noch zu teuer, berichtet Gilles, immerhin kämen so bei einem größeren Bauvorhaben durchaus ein paar Tausend Euro zusammen: „Die Baubranche ist sehr träge. Da kommt es auch noch auf die letzten 50 Cent an.“ Aber auch das könnte sich ja mal ändern.

Redaktion Reporter für das Ressort "Mannheim".

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