Peter Kurz schwört die Mannheimerinnen und Mannheimer auf große Veränderungen in der Zukunft ein und stimmt sie auf nicht ganz einfache Zeiten ein, nicht ohne ihnen Mut machen. Jeder und jede, sagt der Oberbürgermeister bei seiner Ansprache zum Frühjahrsempfang am Sonntag im Rosengarten, solle sich „vergegenwärtigen, dass es bei der Transformation nicht um schlechteres, sondern um ein besseres Leben geht“. Wenig überraschend macht er als größte Herausforderung den Klimawandel aus. Dabei blickt er beim Bürgerfest, das den in den beiden zurückliegenden Jahren wegen der Corona-Pandemie ausgefallenen Neujahrsempfang ersetzt, auf einige Herausforderungen der vergangenen 15 Jahre zurück: Finanzkrise, Syrien-Konflikt, Corona und Ukraine-Krieg. Alle Ereignisse haben, so Kurz, Spuren hinterlassen, aber die Entwicklung Mannheims nicht zurückgeworfen: Wichtige Eckdaten seien sogar deutlich besser als noch im Jahr 2008. „Es kann und darf uns Mut machen“, so der Oberbürgermeister. Das sagt Kurz über …
… den Krieg in der Ukraine
„Wir müssen uns leider auf eine lang andauernde Kriegs- und Konfliktsituation einstellen.“ Wirtschaftliche Folgen und Anstrengungen bei der Aufnahme von Geflüchteten seien damit nicht nur eine Frage von Solidarität, sondern „ein Preis der Freiheit“. Denn Kurz befürchtet, dass die Kriegsgefahr sich ausweiten könnte, wenn Russlands Präsident Wladimir Putin seine militärischen Ziele in der Ukraine erreichen würde. Zwar solle Priorität haben, alle nicht-militärischen Mittel auszuschöpfen. Allerdings kritisiert Kurz auch sicherheitsstrategische Schwächungen in Europa in der Vergangenheit. Man habe die Bedrohung nicht gesehen oder sehen wollen. „Wir haben es uns mit dem Gedanken einer Frieden sichernden, wechselseitigen wirtschaftlichen und energiepolitischen Abhängigkeit viel zu einfach gemacht“, sagt Kurz. Deshalb: „Die Unterstützung mit Waffen ist bittere Notwendigkeit.“ Er erntet Applaus.
… Geflüchtete in Mannheim
Rund 3200 registrierte Geflüchtete halten sich derzeit in Mannheim auf. Jeden Tag kommen demnach 20 bis 40 weitere Menschen an. Bleibt das so, bedeutet das eine weitere „hohe vierstellige Zahl an Geflüchteten“, so OB Kurz. Er sieht darin nicht nur eine Herausforderung, sondern teilweise auch eine Überforderung für Institutionen und Einzelne. Wir müssten „lernen, mit Begrenzungen umzugehen und dabei nicht wechselseitig Vertrauen zu verlieren“. Kurz lobt das Engagement der Mannheimerinnen und Mannheimer, das ihn zuversichtlich stimme.

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… Mannheims Klimaziele
Vor nicht einmal vier Wochen ist Mannheim als eine von 100 europäischen Kommunen als EU-Modellstadt ausgewählt worden. Ziel ist, bis 2030 klimaneutral zu sein - der Weg dorthin betrifft etliche Lebensbereiche, etwa Energie(erzeugung), Lebensmittel, Bauen, Wohnen und Mobilität. „Und das Ganze kann nicht gelingen ohne sozialen Zusammenhalt, soziale Gerechtigkeit und Innovation“, sagt er. Die Ziele seien „sehr ambitioniert“. Als EU-Modellstadt seien die Voraussetzungen für Mannheim aber besser geworden. Weil Peter Kurz den gesellschaftlichen Konsens für den Kampf gegen den Klimawandel vermisst, sogar gesellschaftliche Spaltung befürchtet - auch, weil manche sich Nachhaltigkeit finanziell nicht leisten können -, will er Menschen aus allen sozialen Schichten mitnehmen. „Aus dieser Lebensstil-Diskussion müssen wir raus. Und dies setzt voraus, dass die Lasten der Veränderung von allen getragen werden können.“ Um die Ungleichheit in Deutschland zu bekämpfen, fordert der Oberbürgermeister etwa, Realeinkommen des unteren Einkommensdrittels zu stärken. Kurz wörtlich: „Ein sozialer Ausgleich wäre vor allem die Voraussetzung, um die notwendige ökologische Transformation politisch überhaupt zu ermöglichen.“ Als erste Stadt mit einem lokalen Grünen Deal will Mannheim vorangehen.
… Vertrauen in den Staat
Auch den Zwischenfall vom 2. Mai am Marktplatz, als ein psychisch beeinträchtigter Mann bei einem Polizeieinsatz ums Leben gekommen ist, streift der Oberbürgermeister. Er bezeichnet die umfassende Aufklärung als wichtig. „Um gerade bei jüngeren Menschen mehr Vertrauen in den Staat, in die Stadtverwaltung wie auch in die Polizei aufzubauen, werden wir gezielt den Dialog suchen“, sagt Kurz. Vertrauen in Polizei und Justiz seien fundamentale Eckpfeiler der Demokratie, die es zu stärken gelte.
… die Corona-Lage
Kurz sieht die Pandemie noch nicht als überwunden an. Auch die Omikron-Variante des Coronavirus verlange Achtsamkeit, „aber es ist richtig, die Abwägung der Schutzmaßnahmen im Wesentlichen als persönliche Entscheidung zu gestalten“. Mannheim habe eine höhere Impfquote erreicht, als es nach sozialer Lage zu erwarten gewesen sei. „Wir sind in Mannheim soweit vergleichsweise gut durch die Krise gekommen“, sagt er.
… die wirtschaftliche Situation
Das gelte auch für den städtischen Haushalt. Die wirtschaftliche und soziale Entwicklung Mannheims sei stabil. 192 000 Beschäftigten im vergangenen Jahr bedeuteten einen Höchststand. Allerdings liege die Arbeitslosigkeit mit 6,6 Prozent noch höher als vor der Pandemie.
… die Bundesgartenschau
In weniger als einem Jahr beginnt die Bundesgartenschau. Peter Kurz ist überzeugt: „Sie wird Maßstäbe setzen.“ Die Buga23 werde Mannheim stark prägen und verändern. So bleibe der Grünzug Nordost als „grünes Band inmitten einer Großstadt erlebbar“ und mache Mannheim nachhaltiger und lebenswerter.
… den Verkehrsversuch
Gegen Ende seiner Ansprache geht Kurz auch auf die veränderte Verkehrsführung in der Innenstadt ein. Deren Ziel sei nicht, Menschen vom Besuch in der Stadt abzuhalten, die auf das Auto angewiesen sind. „Der bloße Durchgangsverkehr muss aber verhindert, der Parksuchverkehr gemindert und der Raum für Menschen ausgeweitet werden“, verteidigte der Oberbürgermeister den Testlauf. Nur so könne Mannheim - auch als Einzelhandelsstandort - zukunftsfähig sein.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Klimaneutrales Mannheim: Alles nichts ohne die Bürger