Mannheim. Es ist eine Nachricht, die einigen Menschen den Morgenkaffee hochkochen lassen dürfte. Vor der Oberbürgermeister-Wahl am 18. Juni könnten wieder deutlich mehr Plakate im Stadtgebiet hängen, die Verwaltung will die bisherige Obergrenze von zweien pro Mast abschaffen. Am Dienstag steht das Thema auf der Tagesordnung des Hauptausschusses. Hier dazu die wichtigsten Fragen und Antworten.
Warum soll die Obergrenze von zwei Plakaten pro Mast fallen?
„Diese Regelung hat sich in der Praxis als untauglich erwiesen“, steht in der Beschlussvorlage für den Gemeinderat. Im Einzelfall lasse sich typischerweise nicht nachvollziehen, in welcher Reihenfolge die Plakate aufgehängt worden seien und wer mit dem dritten oder vierten gegen diese Vorschrift verstoßen habe.
Diese Vorschriften für Plakate werden auch weiterhin gelten
- Untersagt sind Plakate an Bäumen, Haltestellen, Stadtinfo-Tafeln und Parkscheinautomaten, Verkehrszeichen und Ampeln.
- Allgemein dürfen sie die Verkehrssicherheit nicht beeinträchtigen, indem sie beispielsweise die Sicht auf Schilder versperren.
- Verboten sind Plakate auch auf Kreuzungen, denen sie nicht näher als 15 Meter sein dürfen. Zu Fahrbahnen beträgt der Mindestabstand einen halben Meter.
- In der Innenstadt darf auch an einigen prominenten Stellen – so am Wasserturm, auf dem Paradeplatz und vor dem Nationaltheater – sowie auf bestimmten Straßenseiten (etwa in der Freßgasse in Fahrtrichtung rechts) nicht plakatiert werden.
- Untersagt sind Plakate seit 2021 zudem an jeweils einem besonderen Ort in den Stadtteilen, so am Freyaplatz in der Gartenstadt, am Neumarkt in der Neckarstadt-West, an Marktplätzen in Wallstadt und auf der Rheinau, am Feudenheimer Rathausplatz, am Seppl-Herberger-Platz auf dem Waldhof, vor dem Seckenheimer Rathaus sowie rund um den Vogelstangsee.
- Wahlplakate dürfen erst sechs Wochen vor der Wahl aufgehängt werden, spätestens am siebten Tag danach sind sie wieder zu entfernen. Hier gibt es aber eine gern genutzte Ausnahme: Plakate, die auf Veranstaltungen hinweisen oder politische Botschaften transportieren, sind jederzeit zulässig.
- Die derzeit gültige Plakatrichtlinie ist unter www.bit.ly/3ab0ehN zu finden, der Änderungsentwurf unter www.bit.ly/3wxG6C2.
Will die Verwaltung die Zweier-Regel ersatzlos streichen?
Ja. „Soweit gegen einen Verstoß nicht eingeschritten werden kann, läuft das Ge-/Verbot ins Leere“, so die Begründung. Und bei einer lediglich symbolischen Regelung stehe der Nutzen in keinem Verhältnis zu dem Verwaltungsaufwand, den Beschwerden verursachten.
Also sollen künftig beliebig viele Plakate pro Mast erlaubt sein?
So ist es. Denkbare Einschränkungen wie Mindestabstände nach oben oder unten hätten ebenfalls „signifikante Nachteile“, heißt es. Zumal Wahlplakate ja auch nur alle paar Jahre und dann lediglich für insgesamt sieben Wochen hängen dürften. Allerdings gelten auch an Masten unverändert die allgemeinen Vorschriften, dass etwa die freie Sicht auf Verkehrszeichen nicht beeinträchtigt werden darf.
Sind noch weitere Änderungen an der Plakatrichtlinie geplant?
Nur Präzisierungen. Maßgeblich beim Verbot im 20-Meter-Umkreis von Haltestellen war bisher der Abstand zum Fahrgästeunterstand. Da nicht alle einen solchen haben, gilt es laut Vorlage fortan ab dem Haltestellenschild. Und das Anbringen an Bäumen ist nur noch untersagt, wenn Plakate diese tatsächlich berühren. Davor darf man künftig etwa Ständer aufstellen, sofern die Baumpflege nicht beeinträchtigt wird.
Wie stark wurde denn gegen die Regeln bei den zurückliegenden Wahlen verstoßen?
Das hat sich sehr gebessert. Als größter Sündenfall gilt nach wie vor die Kommunalwahl 2019 mit Tausenden Verstößen, damals entfernte die Abfallwirtschaft sage und schreibe 2644 Plakate von unzulässigen Orten. Danach gelobten die Parteien Besserung. Bei der Landtagswahl im März 2021 registrierte das Ordnungsamt dann insgesamt nur noch 388 Verstöße, wie Sprecherin Anja Kobbe auf Anfrage mitteilt. Bei der Bundestagswahl ein halbes Jahr später waren es lediglich 178.
Was sind wohl die Gründe für diesen Rückgang?
Kobbe verweist auf ausführliche Vorgespräche, die es im Vorfeld der Wahlen mit den Parteien gegeben habe. Zusätzlich seien Informationsblätter für die Plakate-Aufhänger ausgegeben worden. Ordnungsbürgermeister Christian Specht sprach im Sommer 2021 auch ein allgemeines Lob für die Protagonisten aus, sie hätten sich im Vergleich zu 2019 sehr gebessert. Und da der Christdemokrat ja bei der OB-Wahl am 18. Juni antritt, hat er es nun selbst in der Hand, mit allerbestem Beispiel voranzugehen.
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Müssen Parteien oder Kandidaten mittlerweile für unzulässig aufgehängte Plakate zahlen?
Theoretisch sollte das möglich sein. Bei der Kommunalwahl 2019 hatte das Ordnungsamt für die 2644 Plakate, die von der Abfallwirtschaft an unzulässigen Stellen entfernt wurden, den Verantwortlichen noch keinen einzigen Cent in Rechnung gestellt. Fachbereichsleiter Klaus Eberle begründete das mit einer zu schwachen Rechtsgrundlage. Daher wurde die städtische Plakatrichtlinie danach entsprechend verändert.
Welche Beträge sind dann bei den Wahlen 2021 verlangt worden?
Bei der Landtagswahl wurden nach Angaben von Kobbe fünf Beseitigungsanordnungen mit einer Gebühr von jeweils 73,20 Euro erlassen. Bei der Bundestagswahl habe es keine mehr gegeben.
Wieso? Es gab doch selbst da noch 178 Verstöße?
Ein Großteil davon sei gegen Regeln erfolgt, die sich in der Praxis als problematisch herausgestellt hätten, so die Ordnungsamtssprecherin. Als Beispiel nennt sie die bisherige Zweier-Obergrenze pro Mast.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Mannheimer Parteien sollten es mit Wahlplakaten nicht wieder übertreiben!