Städtische Richtlinie - Fraktionen kritisieren kurzfristig von der Verwaltung geplante Ergänzungen / Grüne: „Völlig abwegig“

Ringen um neue Plakatregeln in Mannheim

Von 
Steffen Mack
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Plakate – teils abgerissen – vor der Bundestagswahl 2017. © Thomas Tröster

Mannheim. Die Zeit drängt. Damit vor der Landtagswahl am 14. März 2021 schärfere Plakatregeln greifen können, sollte sie der Gemeinderat nächsten Dienstag beschließen. Diese Woche beriet darüber in nicht-öffentlicher Sitzung der Hauptausschuss. Nach „MM“-Informationen zeigten sich die Fraktionen einig, das bereits an prominenten Stellen der Innenstadt geltende Verbot auf jeweils einen Platz in den Vororten auszuweiten. Über weitere Punkte gehen die Meinungen aber noch weit auseinander.

Keine Werbung für Videoformate?

Eine Obergrenze für Plakate, wie sie insbesondere Grüne und LI.PAR.Tie wünschen, ist nach Aussage der Stadt rechtlich nicht möglich. In ihrer Beschlussvorlage für den Gemeinderat sieht sie nun aber vor, die Ausnahmen für schon vor der heißen Wahlkampfphase (die sechs Wochen vor dem Wahltag) erlaubte Plakate stark einzuschränken. Demnach soll fünf Monate vor der Wahl „Werbung für allgemeine politische Ziele“ untersagt werden. Und Plakatankündigungen wären nur noch für Veranstaltungen erlaubt, die „an realen Orten“ stattfinden – also ausdrücklich keine Telefonsprechstunden und Videoformate. Dem Vernehmen nach gibt es gegen mindestens einen dieser beiden Punkte Widerstände aus jeder Fraktion. Nun wird hinter den Kulissen an einer veränderten Fassung gearbeitet.

Der „MM“ hat am Mittwoch alle Fraktionsspitzen um Stellungnahmen zu den geplanten Änderungen der Plakate-Regeln gebeten. Hier Auszüge aus den Antworten.

Grüne: „Der Vorschlag der Verwaltung ist in dieser Form nicht akzeptabel“, kritisiert Fraktionschefin Melis Sekmen. Einige ohne Absprache eingefügte Einschränkungen seien realitätsfremd und nicht umsetzbar. Insbesondere das geplante Verbot, für Online-Veranstaltungen auf Plakaten zu werben, nennt Sekmen „in diesen Zeiten völlig abwegig“.

SPD: Zwar sei ein sauberes Stadtbild wichtig, so Fraktionsvize Isabel Cademartori. Die Parteien müssten aber gerade in der Corona-Zeit auch auf ihre Themen aufmerksam machen können. Cademartori begrüßt das geplante Plakate-Verbot auf Vorortplätzen. „Wenn die Stadt die Regeln entsprechend durchsetzt und sich alle an die Vorgaben halten, ist das eine gute Gesamtlösung.“

CDU: Fraktionschef Claudius Kranz lobt den „sehr konstruktiven Dialog“, mit dem sich alle gemeinsam mit der Verwaltung auf eine präzisierte Plakate-Richtlinie verständigt hätten. Nun müsse die Stadt die Einhaltung der Regeln künftig eben auch überwachen. Die von ihr jedoch „im Nachgang eingefügten, nicht abgesprochenen Änderungen“ – also etwa für Veranstaltungsankündigungen – lehne die CDU ab.

Linke: Die Fraktion LI.PAR.Tie spricht sich weiter für eine Höchstgrenze von 2500 Plakaten pro Partei aus. Diese könnten etwa mit Aufklebern gekennzeichnet werden. Ein Verbot an zentralen Vorort-Plätzen sei richtig, erweiterte Regeln zum Inhalt der Plakate werde man allerdings ablehnen.

Mannheimer Liste: Fraktionschef Achim Weizel lehnt Vorschriften zur Gestaltung der Plakate ebenfalls ab. Werbung müsse auch für Online-Angebote erlaubt sein. Mit zwei plakatfreien Monaten vor der heißen Wahlkampfphase wäre Weizel einverstanden. Das Vorortplatz-Verbot hatte seine Fraktion beantragt.

AfD: „ Wir unterstützen die Novellierung der Plakatierungsrichtline“, so AfD-Fraktionschef Bernd Siegholt. Von dem gemeinsamen Entwurf sei die Verwaltung nun aber ohne Rücksprache deutlich abgewichen. „Dies stellt einen massiven Eingriff in das Darstellungsrecht politischer Parteien dar“ und werde von der AfD in der Form abgelehnt.

FDP: Fraktionschefin Birgit Reinemund hält die bisherigen Regeln für gut, nur müssten Verstöße auch geahndet werden. Dass Oberbürgermeister Peter Kurz den zwischen den Fraktionen gefunden Konsens aufkündigen und sogar in die Gestaltung von Plakaten eingreifen wolle, „geht gar nicht“, findet Reinemund.

Info: Stellungnahmen im Wortlaut unter morgenweb.de/mannheim

Verbotene Plätze

Neben prominenten Innenstadt-Bereichen – wie dem Paradeplatz und Planken – sollen politische Plakate künftig an jeweils einem Stadtteil-Ort generell verboten sein.

Nördlich des Neckars zählen dazu die Rathausplätze in Feudenheim, Käfertal und Wallstadt, Freyaplatz (Gartenstadt), Neumarkt (Neckarstadt-West), Clignetplatz (Neckarstadt-Ost), Stich (Sandhofen), Lena-Maurer-Platz (Schönau), Seppl Herberger Platz (Waldhof) sowie rund um die beiden Vogelstangseen.

Südlich des Neckars soll das Verbot für die Marktplätze in Neckarau und auf der Rheinau, Becherer-Platz (Friedrichsfeld), Meeräckerplatz (Lindenhof), Seckenheimer Straße (Schwetzingerstadt), Otto-Beck-Straße (Oststadt) sowie vor dem Seckenheimer Rathaus gelten. sma

Redaktion Steffen Mack schreibt als Reporter über Mannheimer Themen

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