Mannheim. Er kam noch nicht einmal richtig rein in die SAP Arena, schon wurde Lukas Glocker umarmt und beglückwünscht. Nur Adler-Fans aus der Gegend zwischen Waghäusel und Bruchsal, die reagierten traurig - weil er sie verlässt. Dafür freuen sich viele Mannheimer, dass Pfarrer Lukas Glocker ab 2026 in die Quadratestadt zurückkehrt und hier oberster Chef der Katholiken wird. Aber auch an dem Tag, an dem der Freiburger Erzbischof Stephan Burger seine Berufung zum neuen Leitenden Pfarrer verkündet und morgens in allen Gottesdiensten hat verlesen lassen, ist Glocker nachmittags privat in der SAP Arena, denn er lässt kaum ein Adler-Spiel aus.
„Ein Traum“, strahlt der 56-jährige Pfarrer nach der Berufung. „Ich freue mich riesig“, bekannte er. Zwar habe er „Riesenrespekt vor der Aufgabe“, aber „ich weiß, dass es in Mannheim tolle Leute gibt“. Mit denen wolle er „vernünftig und visionär“ an die rangehen“, so Glocker.
Schon in der Übergangszeit bis 2026 wird er den Prozess der Neustrukturierung mitgestalten. Ab 1. Januar 2026 steht Glocker dann an der Spitze der neuen Pfarrei St. Sebastian, benannt nach dem Stadtpatron und der ältesten katholischen Kirche Mannheims. In ihr gehen sämtliche 29 Pfarreien der Quadratestadt sowie von Edingen-Neckarhausen und Ilvesheim mit rund 80 000 Gläubigen und etwa 3000 hauptamtlichen Mitarbeitern auf.
Priestermangel und Kirchenaustritte
In der gesamten Erzdiözese Freiburg wird es künftig nur noch 36 solche neuen Großpfarreien geben. Das Erzbistum zieht mit der neuen Struktur die Konsequenz aus dem enormen Priestermangel sowie dem Verlust vieler Mitglieder, ob durch Austritte oder die demografische Entwicklung. Die bisherigen Dekanate wird es dann nicht mehr geben. Mannheims seit 2005 amtierender Dekan Karl Jung (64) tritt Ende 2025 in den Ruhestand.
Er begrüßt aber die Berufung von Glocker. Mit ihm kehre „ein bekanntes Gesicht nach Mannheim zurück“, freut sich Jung. Er habe „volles Vertrauen in seine Fähigkeiten, diese herausfordernde Aufgabe erfolgreich zu bewältigen“, ist Jung sicher, denn einst habe er ihn auch im Priesterseminar in St. Peter (Schwarzwald) mit ausgebildet.
Glocker leitet künftig mit einem Stellvertreter, einem leitenden Referenten und einem Ökonomen für die Verwaltung die Pfarrei. Hinzu kommen einige weitere Priester. Wie das im Detail funktioniert, soll im Laufe des Jahres in einem Pastoralplan erarbeitet werden.
Aus Sicht der Gläubigen ist das „bei Weitem noch nicht zu Ende gedacht“, hatte Hansheinrich Beha, als Dekanatsratsvorsitzender oberster Repräsentant aller Ehrenamtlichen, erst vor einigen Tagen beim Neujahrsempfang des Dekanats kritisiert. Mit der Berufung von Glocker ist er aber „spontan zufrieden“, wie Beha jetzt auf Anfrage sagt: „Ich war sehr angetan, als ich den Namen hörte. Wir kennen ihn, er war zum Gespräch da und er hat auf alle Fragen eine Antwort gehabt“, berichtet Beha über die Vorbereitung der Berufung, über die - auch wenn es Gremien der Ehrenamtlichen und des pastoralen Personals gab - letztlich der Erzbischof alleine entschied. Allerdings sei er „absolut nicht einverstanden, wie man mit Karl Jung umgeht, der so eine gute Vernetzung in der Stadt und der Kirche hat“, wie Beha dessen Abschied bedauert.
Die Vorgabe des Erzbischofs lautete aber, dass die neuen „Leitenden Pfarrer“ von Außen kommen müssen, also nicht zuletzt am neuen Wirkungsort tätig gewesen sein dürfen. Die Ernennung erfolgt für acht Jahre mit der Möglichkeit einer Verlängerung um weitere sechs Jahre.
Als die Entscheidung in Glockers früherer Heimatgemeinde St. Peter und Paul in Feudenheim verkündet wurde, gab es spontan Beifall. „Es wurde positiv aufgenommen, weil es jemand ist, den wir kennen“, so Hilde Koch, Sprecherin des Gemeindeteams. Sie persönlich schätze die Entwicklung der Kirche und die Strukturreform zwar als „sehr schwierig“ ein, doch Glocker werde zugetraut, dass er die Aufgaben meistern könne. „Aber mal abwarten, wie viele Berührungspunkte wir dann vor Ort mit ihm haben - ich fürchte, er wird weit weg sein, wie bisher ein Dekan“, so Koch.
„Positiv ist gar kein Ausdruck, massiv positiv“ - so beschreibt Markus März, Vorsitzender des Pfarrgemeinderats der Kirchengemeinde Maria Magdalena, die Reaktion der Gläubigen. „Ich freue mich“, betont er, denn Glocker sei „jemand, der Menschen anspricht und überzeugt“. „Sehr positiv, eine gute Lösung“, findet die Berufung von Glocker auch Bernhard John, seit 50 Jahren ehrenamtlich in der Pfarrgemeinde in der Gartenstadt engagiert. Er hätte es „nicht gut gefunden, wenn ein ganz Fremder kommt“, so John. Glocker aber sei „jemand, der die Stadt und die Strukturen kennt, der die Ärmel hochkrempelt, der die Ehrenamtlichen nicht zur Seite drängt, der sozial ist und von der Mentalität zu Mannheim passt“.
Lebenslauf eines „großen Sympathieträgers“
Tatsächlich ist Glocker 1967 in Neckarau geboren. Er wuchs in Rastatt und Ettlingen auf, war dort Ministrant und Mitglied der Katholischen jungen Gemeinde (KjG). Nach dem Studium wurde er Diakon in Pforzheim und 1996 in Sinsheim zum Priester geweiht. Nach Stationen in Offenburg und Wiesloch wurde Glocker 2001 Dekanatsjugendseelsorger in Mannheim sowie Leiter vom Haus der Jugend. Ab 2008 übernahm er die Verantwortung als Pfarrer in Käfertal-Vogelstang, formierte ab 2015 für Feudenheim, Käfertal, Vogelstang, Wallstadt und Ilvesheim zuständige Seelsorgeeinheit Maria Magdalena. Zudem war er stellvertretender Stadtdekan, Malteserseelsorger sowie aktiv in der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit und in der Ökumene. Als er 2017 zum Dekan in Bruchsal berufen wurde, gab es auf der Vogelstang einen sehr emotional-anrührenden Abschiedsgottesdienst. Da wurde er als „großer Sympathieträger der Kirche“ bezeichnet: „Er wird an allen Ecken und Enden fehlen“, hieß es.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Warum Lukas Glocker der Richtige an der Spitze der Mannheimer Katholiken ist