„Uff da Schääänauu“, wie es auf gut Mannheimerisch heißt, sind es am Samstag um 9.30 Uhr schon wunderschöne 15 Grad. Im Siedlerheim sieht man die Sonne nur durch schmale Fensterstreifen. Aber heiß im übertragenen und ausschließlich positiven Sinn geht es trotzdem zu. Die SPD stimmt sich auf ihrem Kreisparteitag auf die Kommunalwahl ein. Hauptredner sind, nicht völlig überraschend, Spitzenkandidat Reinhold Götz und Melanie Seidenglanz, die auf Listenplatz 2 antritt.
Zu Beginn werden von ihnen kurze Videobotschaften eingespielt. Da kann man sich der Vermutung nicht erwehren, dass die beiden in diesem Leben vor der Kamera eher keine Karriere mehr machen werden. Aber wozu auch? Der frühere IG-Metall-Gewerkschaftssekretär Götz etwa ist ein in ungezählten Auseinandersetzungen bewährtes Schlachtross. Bei seiner einstimmigen Nominierung im Dezember war er wegen einer Corona-Infektion nur mit einer aufgezeichneten Ansprache zugeschaltet. Auf der Schönau kann er nun leibhaftig ans Mikrofon treten.
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Er erinnert daran, dass seine Partei mehr als 50 Jahre lang den Oberbürgermeister stellte. In dieser Zeit habe sich die Stadt „enorm entwickelt“. Jetzt gehe es bei der Wahl am 9. Juni darum, im künftigen Gemeinderat die stärkste Fraktion zu stellen und zu verhindern, dass eine konservative Mehrheit mit dem neuen Stadtoberhaupt eine für Mannheim schädliche Politik durchsetze.
Auch müssten die „Demokratiefeinde von der AfD“ auf allen Ebenen bekämpft werden. Anträge, die nur mit deren Stimmen eine Mehrheit bekämen, werde die SPD niemals stellen, so der Fraktionschef. Diese Klarheit hätte er sich als eindeutiges Signal auch von den anderen Parteien gewünscht. CDU, Mannheimer Liste und FDP hatten auf „MM“-Anfrage erklärt, ihre Anträge unabhängig davon einzubringen, ob die AfD ihnen zustimmen werde oder nicht.
„Im fetten Elektro-SUV zum Biomarkt und die Welt retten?“
Götz lobt sehr die von der SPD aufgestellte Kommunalwahlliste. Mit ihrer Mischung aus Jüngeren und Älteren, gleichvielen Frauen und Männern sowie unterschiedlichsten Biografien sei sie nicht die ausgeglichenste von allen, sondern auch ein „Spiegelbild der Stadtgesellschaft“.
Für seine kämpferische Rede wird der 69-Jährige heftig beklatscht. Nach Götz ans Mikrofon zu kommen, sei immer schwer, sagt Seidenglanz. Daher habe sie sich etwas Besonderes überlegt. Die 40-Jährige hat eine Trauben-Nuss-Schokolade mitgebracht. Diese eine Tafel wäre für die 76 Delegierten im Saal ein bisschen wenig. Sie dient allerdings nur als Symbol: Im Wahlkampf wie im Gemeinderat habe man manch harte Nuss zu knacken, finde aber auch immer wieder mal Rosinen und leckere Schokolade.
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In ihrer nicht minder kämpferischen und am Ende nicht minder beklatschten Rede wirbt Seidenglanz vor allem um gute Bildungspolitik. Die SPD wolle gleiche Chancen für alle, nicht nur für diejenigen, „die im fetten Elektro-SUV zum Biomarkt fahren und denken, dass sie dadurch die Welt retten“. Auch müssten Kitas endlich verlässlicher werden. Wenn wie bei ihrer ständig Zettel an der Tür hingen: „Personalnotstand, bitte holen Sie Ihr Kind um 13 Uhr ab“, sei das unzumutbar für Berufstätige.
Wahlprogramm der SPD Mannheim einstimmig angenommen
Im einstimmig angenommenen Wahlprogramm stehen unter anderem 5000 neue Kita-Plätze bis 2030, ein Jugendtreff in jedem Stadtteil, mehr bezahlbarer Wohnraum, begrünte Fassaden sowie barrierefreie Begegnungsräume und der Erhalt des Industriestandorts. Der Durchgangsverkehr in der Innenstadt soll minimiert, als erster Schritt die Fressgasse umgestaltet werden. Ferner fordert die SPD, die Entscheidung über einen Erhalt des Carl-Benz-Stadions oder einen Neubau nicht auf die lange Bank zu schieben und dabei die Interessen der Waldhof-Fans zu berücksichtigen.
Der SVW-Aufsichtsratsvorsitzende, der schon die Begrüßung im Siedlerheim übernommen hat, hält auch eine Rede, natürlich in seiner Eigenschaft als Kreisvorsitzender. Die gerät, dem Anlass angemessen, ebenfalls kämpferisch. Stefan Fulst-Blei schwärmt „von der tollsten Stadt der Welt“ und: „Wir sind die SPD Mannheim! Zeigen wir den politischen Mitbewerbern in den kommenden Wahlen, was das heißt!“
Bei den anschließenden Vorstandswahlen wird Fulst-Blei auf dem Kreisparteitag mit 88 Prozent im Amt bestätigt, ebenso seine beiden Vize Sascha Brüning (90,7) und Isabel Cademartori (82,7). Die besten Ergebnisse holen Schriftführerin Petra Carrera (98,6) und Kassierer Marko Lange (97,3), beide neu gewählt. Mit 96 Prozent rückt auch Simon Schwerdtfeger als Beauftragter für Neue Medien und Digitales in den Vorstand. Darin bleiben Annalena Wirth (85,3), zuständig für Mitgliederbetreuung, Hamun Zourmand (89), mit Organisationsaufgaben betraut, sowie Nadja Fakesch, Rosanna Herold, Dennis Müller und Marie-Luise Stallecker (zu den Beisitzern errechnet die Zählkommission keine Prozentzahlen).
Bei den Vorstandswahlen bei der Mannheimer SPD ist nur ein Platz strittig
Eine Kampfkandidatur gibt es nur darum, wer Beauftragter für politische Bildung und SPD-Geschichte wird. Da setzt sich Kai-Uwe Herrenkind mit 60 Prozent gegen Sebastian Camerero Garcia durch.
Nach rund vier Stunden ist im Siedlerheim auf der Schönau alles vorbei - und draußen scheint immer noch die Sonne. Wäre ja auch völlig abwegig, dass die wegen der SPD ungenutzt untergehen könnte. Im Gegenteil, es ist noch wärmer geworden. Jetzt sind es herrliche 21 Grad, und das in der ganzen Stadt.
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