Invasive Art

Kampf gegen Asiatische Hornisse aufgegeben: Was das für Bürger bedeutet

Als invasive Art gilt sie immer noch. Doch mittlerweile ist der Kampf gegen die Asiatische Hornisse so gut wie verloren – mit Folgen auch für die Bürger.

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Steffen Mack
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Die Asiatische Hornisse hat einen dunkleren Körper als die Europäische und gelbe Füße. Sie ist etwas kleiner, aber ihre Nester sind weitaus größer. © Boris Roessler/dpa

Mannheim. Gerhard Rietschel hatte schon vor eineinhalb Jahren die Nase voll. „So können wir nicht weiter machen. Ich bin Naturschutzbeauftragter, kein Hornissenvernichter“, sagte er dem „MM“. Die invasive Art sei hier jetzt heimisch. In den Wochen zuvor waren in Mannheim an die 100 Nester gemeldet worden, in denen jeweils bis zu 2000 Tiere lebten. Rietschel, ehrenamtlich für die Stadt tätig, kam kaum hinterher, die Beseitigung zu organisieren. Die weitere Verbreitung sollte unbedingt verhindert werden. Speziell zum Schutz heimischer Honigbienen, Leibspeise der Asiatischen Hornisse.

Nun hat der Staat so gut wie kapituliert. Das bestätigt auf Anfrage Claudia Hailfinger vom Stuttgarter Umweltministerium: „Aufgrund der Erfahrungen in Baden-Württemberg, in anderen Bundesländern und in anderen europäischen Ländern ist klar, dass eine weitere Ausbreitung der Asiatischen Hornisse nicht aufgehalten werden kann.“ Eine Ausrottung sei gänzlich unrealistisch. Daher habe das Bundesumweltministerium die Beseitigungspflicht der Nester aufgehoben.

Baden-Württemberg versucht laut Hailfinger gleichwohl noch, die Verbreitung einzudämmen. Daher sollten Einzeltiere und vor allem Nester weiter über eine zentrale Plattform .gemeldet werden. Die dafür mittlerweile zuständige Landesanstalt für Bienenkunde prüfe dann, stelle bei Bedarf weitere Informationen und Kontaktdaten von Experten in der Umgebung bereit. Werde eine Firma mit der Nestbeseitigung beauftragt, müssten das Grundstückseigner indes selbst bezahlen, räumt die Ministeriumssprecherin auf Nachfrage ein. Die Kosten schwankten zwischen 100 und 300 Euro.

Bei einer Verwechslung kann man sich strafbar machen

Paul Hennze, Vorsitzender des Naturschutzbundes Mannheim, warnt davor, Nester auf eigene Faust zu entfernen. Weniger, weil man gestochen werden kann. Sondern vor allem wegen der Verwechslungsgefahr. Im Gegensatz zur Asiatischen Hornisse steht die Europäische unter strengem Schutz, die Beseitigung ihrer Nester ist strafbar.

Kommentar Asiatische Hornisse eindämmen: Kosten nicht den Bürgern überlassen

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Hennze – der wie Rietschel und Gabi Parthenschlager als ehrenamtliche Naturschutzbeauftragte der Stadt häufig bei Hornissen-Sichtungen kontaktiert wird – findet es richtig, die massenhafte Vernichtung einzustellen. „Der Zug ist abgefahren.“ Man habe es auch versäumt, umweltfreundlichere und weniger aufwendige Methoden zur Bekämpfung der Sekundärnester zu finden, die ab dem Hochsommer auf Bäumen hängen. Bisher geschah das mit Gift und oft auf Hebebühnen.

Sinnvoller sei es, ist die Primärnester anzugehen, sagt Hennze. Darin befindet sich im März/April in der Regel noch allein die Königin (Arbeiterinnen überleben den Winter nur bei warmen Temperaturen), die könnten Fachleute leicht beseitigen. Da sollten sich auch Imker aus eigenem Interesse stärker in ihrer Umgebung einbringen.

Die Asiatische Hornisse



  • Die Asiatische Hornisse ist etwas kleiner als die Europäische, hat einen dunkleren Körper und gelbe Füße.
  • Die aus Südostasien stammende Art kam über Warentransporte nach Europa. 2004 wurde sie erstmals in Frankreich entdeckt, und in Mannheim 2019 im Käfertaler Wald.
  • In der Regel überleben nur Königinnen den Winter, die dann im Frühjahr neue Primärnester bauen. Im Hochsommer ziehen die Völker in große Sekundärnester um.

Weil alle Meldungen an die Plattform der Landesanstalt gehen, hat die Stadt mit Asiatischen Hornissen nur am Rande zu tun. Sprecher Kevin Ittemann kann keine genauen Zahlen nennen, erklärt aber, dass die Spezies auch in Mannheim immer häufiger gesichtet worden sei. Wohl nicht nur, weil sie sich weiter ausbreite. Sondern auch, weil sie durch Medienberichte Aufmerksamkeit gewonnen habe. Nester beseitige die Kommune allein auf ihr gehörenden Grundstücken wie Spielplätzen. Das sei in den vergangenen beiden Jahren rund 20 Mal vorgekommen. Aktuell steht die Hochsaison mit Sekundärnestern noch aus.

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Wie man mit denen diesmal umgeht, wird laut der Ministeriumssprecherin noch mit dem Agrarressort abgestimmt, für die Honigbienen-Haltung zuständig. Wie bedrohlich dafür Afrikanische Hornissen sind, musste auch Imkerin Ulrike Meboldt-Brenneis aus Feudenheim erleben. „Die haben bei mir schon ziemlich geräubert“, in zweien ihrer 20 Völker gebe es enorme Verluste. Dieses Jahr habe sie bereits einige Königinnen gesehen und gedacht: „Oh je, was das wohl gibt!“ Derzeit mache ihr indes etwas anderes Sorgen: der Ausbruch der Amerikanischen Faulbrut in der Umgebung.

Eines Tages könnte ein Pilz die Population dezimieren

Diese sehr ansteckende Krankheit sei eine weitaus größere Gefahr für Honigbienen, bestätigt Hennze. Sein Kollege Rietschel (aktuell im Urlaub) äußerte übrigens die Erwartung, dass sich der Bestand der Asiatischen Hornisse durch Pilzbefall oder Ähnliches dezimieren werde.

Auch Hennze meint, das könne sein. Über die Wahrscheinlichkeit will er nicht spekulieren. Aber selbst wenn die Verbreitung weiter zunehme, sei das für Bienen unterm Strich verkraftbar. Man dürfe nicht vergessen, dass eine pro Tag bis zu 2.000 Eier ablege. Und die Zahl der Hobby-Imker habe in Deutschland zuletzt ja auch immer weiter zugenommen.

Das Nest in Neckarau musste von einer Spezialfirma entfernt werden, die Hornissen darin wurden mit Gift getötet. © Peter Schmidt

Plattform des Landes Baden-Württemberg zur Meldung von Nestern

Redaktion Steffen Mack schreibt als Reporter über Mannheimer Themen

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