Natur

Goldschakal im Pfälzerwald: Wie gefährlich ist das Tier?

Ein Goldschakal sorgt auf Sylt für Aufregung. Nun wurde ein Tier im Pfälzerwald gesichtet. Sind Nutztiere in Gefahr?

Von 
Bernhard Zinke
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Ein solcher Goldschakal ist offensichtlich auch im Pfälzerwald unterwegs. © dpa

Goldschakale haben nahezu zeitgleich in den vergangenen Tagen in Deutschland für Schlagzeilen gesorgt. Auf Sylt hat ein Tier rund 100 Lämmer gerissen und sorgt auf der Insel für Aufregung. Ein anderes Tier ist im Pfälzerwald in eine Fotofalle getappt. Nachdem das Landesamt für Umwelt in Schleswig-Holstein eine Ausnahmegenehmigung zum Abschluss des Tieres auf Sylt gegeben hatte, hat das Verwaltungsgericht in Schleswig die Entscheidung per sogenanntem Hängebeschluss wieder kassiert: Der Goldschakal darf vorerst nicht abgeschossen werden. Damit sei aber noch keine grundsätzliche Entscheidung gefallen, so das Gericht. Mit dem Hängebeschluss solle sichergestellt werden, dass vor einer Entscheidung in der Sache keine „unumkehrbaren Tatsachen“ geschaffen werden. Jetzt müssten zunächst die Akten gesichtet werden. Unterdessen haben zahlreiche Jäger aus ganz Deutschland Interesse angemeldet, an der Jagd teilzunehmen.

In der Pfalz stellen sich Nutztierhalter nun die Frage: Wird der Goldschakal nun auch hier Lämmer angreifen? Und folgen nach dem Luchs und Goldschakal noch andere Arten? Fragen und Antworten.

Woran erkenne ich einen Goldschakal?

Der kleine Bruder vom Wolf ist scheu, nachtaktiv und leicht mit einem Fuchs oder einem schlanken Hund zu verwechseln. Er kann knapp einen Meter lang werden und hat ein gelblich-graues bis rötliches Fell.

Wie groß ist der Bestand in Rheinland-Pfalz?

Wie viele Goldschakale es in Rheinland-Pfalz gibt, weiß niemand. Die Tiere seien extrem scheu, noch scheuer als Luchse, sagt Peter Sound vom Umweltministerium in Mainz. Dass jetzt eines der Exemplare der einzigen Schakal-Art in Europa im Pfälzerwald in eine Fotofalle getappt sei, nennt der Biologe einen „Glücksfall“.

Ob das Tier ein Rüde und allein unterwegs ist, sei unbekannt. „Wir haben nur ein einziges Bild, sonst nichts.“ Die Tiere seien grundsätzlich allein, als Paar oder in Familienstrukturen unterwegs. Und wie der Wolf erschließe erst ein einzelner Schakal neue Landschaften. Unklar ist, ob das fotografierte Tier bleibt oder weiter zieht.

Ist der Nachweis eine Sensation?

Es ist der erste Nachweis in der Geschichte des Bundeslands. Aber: „Wir hatten schon lange die Vermutung, dass er da ist“, sagt Sound. Seit 1997 gebe es Nachweise bis nach Schleswig-Holstein, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern. Goldschakale seien auch schon lange in den meisten an Rheinland-Pfalz angrenzenden Staaten und Bundesländern nachgewiesen worden.

In Baden-Württemberg habe sich ein Paar bereits fest etabliert und auch Junge zur Welt gebracht. Genaue Zahlen für Deutschland gibt es nicht. Fachleute gehen davon aus, dass mehr Goldschakale im Land leben als entdeckt werden.

Einige Jagdreviere in Rheinland-Pfalz hätten bereits 2023 Sichtungen des Goldschakals gemeldet, sagt Thomas Wulff vom Landesjagdverband. Eine Studie zur Ausbreitung der Gattung aus dem Jahr 2022 habe die Oberrheinische Tiefebene schon ab etwa 2021 als potenziellen Lebensraum definiert.

Die Art breitet sich der Large Carnivore Initiative for Europe (LCIE) zufolge in Mittel-, West- und Nordeuropa aus. Wandernde Goldschakale können sich dem Naturschutzbund Nabu zufolge bei der Suche nach neuen Revieren mehrere hundert Kilometer zurücklegen. Nach LCIE-Hochrechnungen lieben etwa 150.000 Goldschakale in Europa. Der Wolfsbestand wird auf 23.000 Tiere geschätzt.

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Wie gefährlich ist ein Goldschakal?

Er ist ein generalistischer Jäger mit einem weiten Nahrungsspektrum von kleinen bis mittelgroßen Säugetieren über Amphibien, Insekten und Aas bis hin zu pflanzlicher Nahrung, wie es im Umweltministerium heißt. „Er kann Schafe reißen, tut es aber normalerweise nicht“, sagt Biologe Sound. In Rheinland-Pfalz gebe es noch keinen Nachweis, dass ein Goldschakal ein Tier gerissen habe. Dies wäre bekannt, weil gerissene Tiere wissenschaftlich untersucht werden. Für den Menschen direkt seien die Tiere keine Gefahr.

Woher kommt der Goldschakal und warum wandert er?

„Das traditionell beschriebene Verbreitungsgebiet des Goldschakals erstreckt sich von Nordafrika und Südost-Europa bis nach Zentral- und Ostasien“, heißt es im Ministerium. In Europa sei die historische Verbreitung und ihre Veränderungen im Laufe der Zeit nur lückenhaft dokumentiert. Studien zufolge habe sich das Verbreitungsgebiet des Goldschakals in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts vom Balkan bis nach Anatolien und zum Kaukasus ausgedehnt.

Die Population habe sich nach einem Tiefpunkt in den 1960er Jahren wieder erholt und breite sich derzeit über das bisherige Gebiet in den Norden und Westen Europas aus. Vereinzelte Populationen seien sogar in Estland und in Norwegen nachgewiesen, sagt Sound. Ein Grund könnte der Klimawandel sein, denn das traditionelle Verbreitungsgebiet des Goldschakals liege vornehmlich außerhalb winterkalter, schneereicher Areale.

Leben Goldschakale mit Luchsen und Wölfen zusammen?

Nein. „Sie erkennen sich gegenseitig als Nahrungskonkurrenten“, erklärt Sound. In der Schweiz habe gerade erst ein Luchs einen Wolf vertrieben. Alle drei Arten gehören zu den Karnivoren (Fleischfressern). Anders als Wolf und Luchs ist der Goldschakal aber kein Rückkehrer, sondern ein Neueinwanderer.

Was passiert, wenn der Goldschakal doch Schafe reißt?

Wie beim Wolf werde es Entschädigungsleistungen für Betroffene geben, kündigt Sound an. Die Einzelheiten würden derzeit geklärt.

Luchs, Wolf, Goldschakal – und was kommt dann?

„Wir müssen uns darauf einstellen, dass mittlere und größere Karnivoren immer mehr präsent sein werden“, sagt Sound. Andere Arten wie Elche seien bereits vereinzelt in Brandenburg und Sachsen gesehen worden. Und Wisente überschritten ab und zu die Grenze von Polen nach Deutschland.

Diese beiden Tierarten werden es aber höchstwahrscheinlich nie nach Rheinland-Pfalz schaffen, meint Sound und nennt Straßen und Züge als Grund. Auch die Haupttodesursache des Wolfs in Deutschland sei der Verkehr.

Ginsterkatzen, eine gefleckte afrikanische Gattung der Schleichkatzen, könnten auch irgendwann in Rheinland-Pfalz gesehen werden, meint Sound. Sie leben vor allem in Spanien, Portugal und Frankreich. Für nicht ausgeschlossen hält er es auch, dass Bären irgendwann dazu gehören – zumindest im deutschen Teil des Alpenraums.

Bleibt der Goldschakal scheu?

Tiere, die sich neue Lebensräume erschlössen, seien zunächst wahnsinnig scheu, sagt der Biologe. Dass sich das mit den Jahrzehnten ändern kann, zeige aber das Beispiel Waschbär. dpa

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