Auszeichnung

Jüdische Gemeinde Mannheim verleiht Peter Kurz die Ehrenmedaille

Die Jüdische Gemeinde in Mannheim hat dem ehemaligen Mannheimer Oberbürgermeister Peter Kurz für sein Engagement die Ehrenmedaille verliehen. In seiner Rede spricht der Ex-OB auch über seine Familienbiografie

Von 
Waltraud Kirsch-Mayer
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Der frühere Mannheimer OB Peter Kurz mit der Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde, Deborah Kämper. © Michael Ruffler

Mannheim. Eine ungewöhnlich persönliche Dankesrede schließt Peter Kurz mit dem Versprechen: „Die Jüdische Gemeinde wird mich immer als Freund an ihrer Seite haben.“ Sie hat Mannheims ehemaligem Oberbürgermeister die Ehrenmedaille verliehen. Die Auszeichnung gilt seinem Engagement für eine Erinnerungskultur, deren Lebendigkeit sich darin zeigt, dass die Jüdische Gemeinde wieder in die Mitte der Stadt zurückgekehrt und „sichtbar“ geworden ist, wie Deborah Kämper als Vorsitzende hervorhebt.

Wegbegleiter aus Politik, Gesellschaft, Wissenschaft, Wirtschaft und natürlich Mitglieder der Jüdischen Gemeinde sind am frühen Sonntagabend in den Saal neben der Synagoge zur Ehrung von Mannheims langjährigem Stadtoberhaupt (2007 bis 2023) gekommen.

In der Laudatio zeichnet Lothar Quast, einst Baubürgermeister und Vertrauter von Peter Kurz, nicht nur berufliche Stationen nach, er leuchtet auch Handeln und Motive aus: Kurz habe den Glaskubus auf den Planken als Mahnmal für die jüdischen Opfer des Nationalsozialismus aus Mannheim nicht allein zur „Chefsache“ gemacht, sondern generell als „Herzensangelegenheit“ empfunden, der Jüdischen Gemeinde wieder jenen Platz in der Stadtgesellschaft einzuräumen, den sie vor der mörderischen Verfolgung hatte.

Familienbiografie ist bestimmend für sein politisches Engagement

„Gerade in heutigen Tagen“, so die Vorsitzende Deborah Kämper, sei „respektvolles Zusammenleben“, wichtiger denn je. Und für das habe sich Peter Kurz vielfältig und vehement eingesetzt. Beispielsweise mit „der Mannheimer Erklärung“ als Manifest der Vielfalt. Auch wenn die Pro-Palästina-Kundgebung zwei Abende zuvor auf dem Marktplatz unerwähnt bleibt, dürfte so ziemlich allen im Saal das von der schwedischen Aktivistin Greta Thunberg verkündete „Fuck Germany. And fuck Israel“ durch den Sinn gehen.

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Indirekt reagiert Peter Kurz darauf, als er nach seiner Auszeichnung ans Mikrofon tritt: „Im Augenblick ist es wohl illusorisch, dass alle gemeinsam über Israel und Palästina wirklich sprechen können. Aber das Bekenntnis zum Zusammenleben sollten wir versuchen, neu zu aktualisieren.“

Kurz erzählt, dass seine Erinnerung an die Jüdische Gemeinde zur Maximilianstraße zurückreicht, wo Mitte der 1950er ein neuer Betsaal entstand - und zu dem damaligen Rabbiner Nathan Peter Levinson, „eine herausragende Persönlichkeit“. Außerdem hätten ihm so unterschiedliche Künstler wie Heinrich Heine und Kurt Tucholsky bis hin zu Woody Allen und Philipp Roth die jüdisch geprägte Kultur in ihrer nicht-religiösen Dimension nahe gebracht. „Und meine Familienbiografie ist bestimmend für mein politisches Engagement gewesen.“ Wobei für ihn „Nie wieder!“ zur bestimmenden Motivation geworden sei.

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Kurz berichtet vom Großvater aus einer jüdischen Familie, der früh das Land verlassen musste, aber „dennoch dem Regime in die Hände fiel“ und 1941 ermordet wurde. Auch die Großmutter und seine Mutter seien Verfolgung und Emigration ausgesetzt gewesen. Und der Vater, der zunächst zu der von den Nazis „verführten Jugend“ gehörte, habe später unter dem „Mitläufertum seiner Familie“ wie unter dem „dröhnenden Schweigen der Nachkriegszeit“ gelitten.

Kurz betont: In politischen Ämtern habe er sich „nicht als Nachkomme von Verfolgten, sondern immer als Vertreter derjenigen gesehen, deren Großeltern und Eltern irgendwie Verantwortung für den Bruch aller zivilisatorischen Errungenschaften trugen“. Es wühle ihn auf, dass ein so viele Jahre als selbstverständlich erscheinendes Miteinander in Gefahr geraten ist.

Kurz: „Steht das Gegeneinander im Vordergrund, verlieren wir alle“

Für den Politiker und Menschen Peter Kurz steht fest: „Es gibt keine Stadtgesellschaft gegen andere. Steht das Gegeneinander im Vordergrund, verlieren wir alle.“ Es sei „verheerend“, dass sich einerseits Jüdinnen und Juden in unserem Land nicht geschützt und verstanden fühlen - und sich gleichzeitig viele Muslime und Menschen arabischer Abstammung unverstanden und pauschal beurteilt wähnen. Es gelte, Raum für jeweils unterschiedlich geprägte Trauer wie Selbstbestimmungsforderungen zu akzeptieren, so Kurz, „ es darf aber keinen Raum für Hass, Volksverhetzung und Antisemitismus geben“.

„Gesellschaftlicher Zusammenhalt in schwierigen Zeiten“ - dieses brandaktuelle Thema greift Politikwissenschaftlerin Andrea Römmele von der Hertie School Berlin in ihrem Vortrag auf.

Die Autorin des Buches „Demokratie neu denken“ vermag zwar keine Patentrezepte zu nennen, aber Tipps: Wir Deutsche sollten beispielsweise von jenem kleinen nordischen Volk lernen, bei dem der Umgang mit Gefühlen bereits in der Schule zum Unterrichtsstoff gehört: Finnen nehmen im Weltglücksbericht 2024 erneut den Spitzenplatz ein. Zukunftsmut statt Zukunftsangst wünscht sich also die Festrednerin.

Zur Verblüffung so mancher im Publikum zitiert sie Arnold Schwarzenegger, der es vom Bodybuilder zum Gouverneur Kaliforniens gebracht hat. „Be useful!“ - „Bring dich ein“ sollte in unserer Gesellschaft wieder mehr beflügeln. Das anschließende Buffet bietet reichlich Gelegenheit, ins Gespräch zu kommen.

Freie Autorin

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