Mannheim. Ab Freitag rollt der Ball bei der Fußball-Europameisterschaft im eigenen Land. Die Hoffnung bei den deutschen Fans auf eine Neuauflage des Sommermärchens von 2006 ist groß. Doch in Mannheim ist kurz vor Anpfiff des Turniers von EM-Fieber noch ziemlich wenig zu spüren. Nur hier und da ist an Balkonen Schwarz-Rot-Gold zu sehen. Autos mit Fähnchen sieht man so gut wie gar nicht durch die Stadt fahren. Auch die Schaufenster in der Innenstadt sind kaum geschmückt. Die Vorfreude hält sich also sichtbar in Grenzen.
Das Bild spiegelt sich auch in Gesprächen wider. Viele, die wir auf die EM ansprechen, wollen es zunächst langsam auf sich zukommen lassen. So etwa ein Mitarbeiter einer Parfümerie, der gerade mit seiner Kollegin eine Raucherpause vor dem Laden in den Planken einlegt. Noch sei er zwar nicht in EM-Stimmung, sagt er. Die Spiele der Deutschen will er sich aber trotzdem anschauen. Bei Erfolg werde sich die Stimmung bei ihm von Runde zu Runde steigern. Das dürfte wohl auch für die noch nicht vorhandene Begeisterung in der Stadt gelten, vermutet er.
Seine Kollegin könnte dafür exemplarisch sein, denn eigentlich interessiere sie sich nicht für Fußball. Doch befürchtet sie, dass selbst sie im Erfolgsfall mitgerissen und vom EM-Fieber befallen werden könnte. Dem gegenüber gibt es auch die, die es bereits kaum erwarten können. Eine Frau etwa kann mit dem Sport eigentlich wenig anfangen. „Aber in den nächsten Wochen bin ich Fußballfan“, sagt sie. Auch ein Jugendlicher ist voller Vorfreude und „schon voll im EM-Fieber“.
Großes Public-Viewing-Angebot zur EM bleibt in Mannheim aus
Wem das EM-Fieber bereits ebenso gepackt hat und deswegen in Mannheim die große Fußball-Party suchen sollte, schaut aber zunächst in die Röhre. Ein offizielles von der Stadt ausgerichtetes Public Viewing wird es nicht geben. Zu kostspielig sei die Angelegenheit, begründet eine Stadtsprecherin auf Anfrage. Private Veranstalter verzichten aus demselben Grund, ein Public Viewing auf die Beine zu stellen.
Die Kosten zum Beispiel für Sicherheit oder Sauberkeit sind zu teuer geworden. Das rechnet sich nicht mehr.
„Die Kosten zum Beispiel für Sicherheit oder Sauberkeit sind zu teuer geworden. Das rechnet sich nicht mehr“, begründet Lutz Pauels, Vorstand der Werbegemeinschaft City. „Es traut sich wohl keiner mehr, ins Risiko zu gehen. Ohne Zuschüsse geht das nicht mehr.“ Hinzu komme eine schwierige Standortsuche, nachdem das alte Eisstadion im Friedrichspark, in dem bis 2018 Fußball-Großereignisse gezeigt wurden, aufgrund des Abrisses ausscheidet.
Allgemein scheinen die Zeiten des Public Viewings vorbei zu sein. Die meisten, mit denen wir gesprochen haben, werden die EM privat mit Freunden und Bekannten verfolgen. Damit schließen sie sich dem Trend der Deutschen an, denn die Mehrheit bevorzugt, die Spiele im kleinen Kreis zu schauen, wie es in einer Studie der Universität Hohenheim heißt, die auf einer Umfrage unter 1000 Personen bundesweit basiert. Mehr als 70 Prozent wollen demnach die EM vor dem heimischen Fernseher verfolgen. Beliebte Optionen seien Kneipen und Bars.
Gastronomie in Mannheim auf EM vorbereitet
In Mannheim sind die Gastronomen vorbereitet. Lokale wie das Malzwerk (Alter Meßplatz), Estragon (Neckarau) oder Lindbergh (am City Airport) zeigen die Spiele, wie sie auf ihren Webseiten oder in den sozialen Medien ankündigen. Die italienischen Fans kommen in der Adria (am Alten Meßplatz) auf ihre Kosten. Hier werden alle Spiele der Italiener und der Deutschen sowie weitere ausgewählte Partien gezeigt. Für türkische Fans bietet sich das Calhanoglu-Fußballzentrum in Käfertal an.
Eine weitere Adresse ist das Neon Beach am Eventcenter (Industriestraße), das mit Turnierbeginn am 14. Juni seine Pforten bis zum 31. August öffnet. Auf Anfrage sagt Betreiber Dekan Karinca, dass in der Strandbar alle Spiele auf einer sechs mal vier Meter großen Leinwand verfolgt werden können oder in fünf Zelten mit eigenem TV-Gerät, die reserviert werden können und in denen jeweils bis zu zehn Personen Platz finden.
Heimtrikot sehr beliebt: Handel in Mannhiem spürt die EM-Vorfreude
Während die Gastronomen noch hoffen, von dem Turnier zu profitieren, ist das im Handel offenbar schon der Fall. Hier zeichnet sich eine EM-Euphorie ab. „Wir spüren die Vorfreude“, sagt ein Mitarbeiter eines Sportgeschäfts. Die Trikots der deutschen Mannschaft - vor allem das weiße Heimdress - „verkaufen sich so gut wie seit Jahren nicht mehr“, betont er. Auch damit folgt Mannheim dem Trend der Studie der Uni Hohenheim. 65 Prozent der Befragten gefalle es gut bis sehr gut. Damit sei es das zweitbeliebteste Heimtrikot der letzten 20 Jahre.
Auch in einem Billigwarenladen kommen die Fanartikel gut an, sagt eine Mitarbeiterin. Wenige Tage vor Anpfiff der EM sind nur noch Reste vorhanden. Zuvor seien ganze Regalwände voll mit Fahnen, Blumenketten, Wimpeln oder Hüten gewesen. Nun warte der Laden auf Nachschub und hoffe, dass auch die Artikel sich weiterhin so gut verkaufen.
Dabei ist der Laden wohl genauso wie die Begeisterung vom Erfolg der deutschen Mannschaft abhängig. Denn: „Entscheidend ist auf dem Platz“, wie eine alte Fußballweisheit so schön besagt. So kann es am Ende wohl nur das Team von Bundestrainer Julian Nagelsmann mit ihren Auftritten richten, dass der Funke vom Rasen über die Ränge endgültig auf den Rest des Landes überspringt. Dann dürfte auch das EM-Fieber in Mannheim noch weiter steigen.
Weitere Public-Viewing-Angebote: visit-mannheim.de/em-2024
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