Mannheim. Wenn alles gut läuft, werden am 2. März, einem Samstag, 1500 Bäume und Sträucher neben dem Kleinfeldsteg auf dem Lindenhof gepflanzt werden. Wo jetzt noch eine grüne Wiese ist, soll ein Tiny Forest, ein kleiner städtischer Urwald, entstehen. Es ist der erste in Baden-Württemberg.
Zwei Dutzend Interessierte sind der Einladung der BIG, der Bürger-Interessen-Gemeinschaft Lindenhof, am Dienstagabend in die Lanzkapelle gefolgt, um sich über die Idee einer Mini-Waldoase zu informieren. Tatsächlich ist die Idee schon weit gereift, denn viel Zeit bleibt nicht mehr. Im März beginnt die Vegetationszeit, da müssen die Bäume im Boden sein, um Wurzeln schlagen zu können. Die Alternative wäre gewesen, bis Herbst zu warten. Doch das wollte die BIG nicht, die sich bereits seit zwei Jahren mit dem Thema beschäftigt.
Tiny Forest in Mannheim muss heißen Sommern standhalten
Eine erste Anfrage an die Stadt nach einem Grundstück auf dem Lindenhof scheiterte damals. „Doch dann erhielten wir im vergangenen September einen Anruf, dass die Fläche neben dem Kleinfeldsteg zur Verfügung stehen würde“, erzählt Ulrich Holl, Vorsitzender der BIG. Es folgten weitere Gespräche mit der Verwaltung, unter anderem über die Frage, welche Bäume und Sträucher gepflanzt werden. Denn die müssen künftigen heißen Sommern standhalten.
Außerdem sollte kein Laub auf Bürgersteig und Steg fallen, den Fußgänger und Radfahrer nutzen, um über die Bahngleise in die Schwetzingerstadt zu kommen. Deshalb wird nun eine 1,50 Meter breite Blühwiese rund um das entstehende Wäldchen angelegt; die ist überdies salzresistent, da die Wege im Winter gestreut werden müssen. Bei der Wahl der Pflanzen setzte die BIG auf die Empfehlung eines Instituts für Biodiversität und die Beratung der Stadt. Auf der Liste stehen nun jede Menge Baum- und Straucharten unter anderem:
- Feldahorn
- Vogelkirsche
- Wildapfel
- Schwarznuß
- Weißdorn
- Feldrose
- Roter Hartriegel
Tiny Forest in Mannheim ist dichter bepflanzt als ein gewöhnlicher Wald
„Das Faszinierende ist, dass durch die enge Bepflanzung die Bäume und Sträucher schnell wachsen und in die Höhe schießen“, erklärt Uwe Buckenauer, Mitglied im Vorstand der BIG und gelernter Landwirt. So entsteht innerhalb kurzer Zeit eine Waldoase. Die Flächen eines Tiny Forests sind mit 200 bis 1000 Quadratmetern relativ klein. Die Waldoase auf dem Lindenhof wird auf 350 Quadratmeter kommen. In einem normalen Wald würden auf einer solchen Fläche zehn Bäume stehen, im Tiny Forest sind es 500 plus 1000 Sträucher.
Das Konzept geht auf den japanischen Botaniker Akira Miyawaki zurück, der sich in den 1970er Jahren für den Schutz von Waldökosystemen einsetzte; seitdem sind überall auf der Welt Tiny Forests entstanden, darunter mehrere in Deutschland.
„Schon in fünf Jahren werden Effekte zu sehen sein“, so Uwe Buckenauer. Effekte heißt: Es entsteht ein hochdiverses Ökosystem, in dem Schmetterlinge, Vögel und Insekten einen Lebensraum finden. Gleichzeitig filtern die Bäume Schadstoffe aus der Luft, reduzieren den Feinstaub und wirken bei Starkregen wie ein Schwamm, der das Wasser speichert.
Tiny Forest in Mannheim sucht Spenden und Helfer
Das einzige, was dem Projekt aktuell fehlt: Spenden und freiwillige Helferinnen und Helfer. Die Kosten - Bäume, Sträucher, Blütenmischung, Bodenhilfsstoffe für ein besseres Wachstum, Elefantenstreu, das in der Anfangsphase Unkraut und Schnecken fernhalten soll - belaufen sich auf rund 7500 Euro.
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Für die Bodenbearbeitung, die vor der Pflanzung im Februar durchgeführt werden muss, hat sich bereits ein Mitstreiter gefunden. John Deere, der Landmaschinenhersteller, der gegenüber vom Kleinfeldsteg sein Werksgelände hat, wird die Fräsgänge und die Einarbeitung der Bodenhilfsstoffe übernehmen. „Das wäre sonst sehr teuer geworden“, freut sich Holl über den Sponsor. Im Sommer wird das große Thema dann die Bewässerung sein. „Mindestens 20 Mal im Jahr werden wir die Fläche wässern müssen“, hat Buckenauer ausgerechnet. Hier ist die BIG in Gesprächen.
Messstation misst Luftqualität in der Nähe des Tiny Forest in Mannheim
Ob der Tiny Forest tatsächlich für gute Luft sorgt, wird eine Messstation feststellen. Die Stadt hat nämlich angeboten, eine solche in der Mitte der Pflanzung aufzustellen, um Temperatur, Niederschläge, Stickoxide, Feinstaub und andere Einflüsse zu erfassen. Kern des Konzepts ist neben dem Umweltgedanken jedoch noch etwas anderes: die Teilhabe. „Wir pflanzen nicht nur Bäume, sondern wir schaffen ein Projekt, mit dem wir uns gemeinsam identifizieren können“, werben die Initiatoren um Freiwillige, die den Tiny Forest langfristig mitbetreuen wollen.
Im Übrigen wird es im Laufe des Jahres noch einen zweiten Tiny Forest in Mannheim geben. Beim Beteiligungshaushalt hatte es die Idee, eine solche Waldoase in der Neckarstadt-West zu schaffen, unter die ersten zehn Platzierungen geschafft und wird jetzt mit 20 000 Euro gefördert. Voraussichtliche Anpflanzung: Herbst dieses Jahres.
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