Mannheim. Der Negativtrend hält an. Die Stadt meldet 345 weitere Corona-Fälle, 69 mehr als vor einer Woche. Erstmals nach elf Tagen gibt es auch wieder ein Todesopfer in Zusammenhang mit dem Virus, ein über 80-Jähriger starb in einem Mannheimer Krankenhaus. Die Sieben-Tage-Inzidenz steigt auf 766,5. Den Südwest-Durchschnitt gibt das Landesgesundheitsamt mit 734,3 an. Doch müsste dieser Wert eigentlich etwas höher liegen, weil wegen anhaltender Computerprobleme immer noch nicht sämtliche Fälle erfasst sind. So aus dem Rhein-Neckar-Kreis, daher fällt in Heidelberg nun dank der zu Unrecht gesunkenen Inzidenz sogar die nächtliche Ausgangssperre für Ungeimpfte weg.
Mehr als zehn Prozent Unterschied
Bei den Impfquoten immerhin liegt Mannheim weiter über dem Landesschnitt. Nach der jüngsten Statistik des Sozialministeriums sind hier 72,6 Prozent einmal geimpft, 70,1 Prozent zweimal und 43,3 Prozent geboostert. Die Durchschnittswerte im Südwesten werden mit 69,8, 68,2 und 43,2 Prozent angegeben.
Stichtag für die wöchentliche Statistik ist der 16. Januar, ein Sonntag. In der Meldung des Landesgesundheitsamts vom Montag waren die Impfquoten allerdings sehr viel höher: 82 Prozent Erst-, 82,2 Prozent Zweit- und 54 Prozent Drittimpfungen. Ein derartiger Anstieg an nur einem Tag wäre so gut wie unmöglich.
Nicht alle Werte „landkreisscharf“
Auf Anfrage teilt Ministeriumssprecherin Theresa Osterholzer mit, beide Statistiken würden auf unterschiedlicher Datengrundlage erstellt. In der einen seien Impfzentren, mobile Teams, Kassenärzte und die meisten Krankenhäuser enthalten, aber nur wenige Betriebsärzte und keine Privatpatienten-Praxen. Letztgenannte würden jedoch vom Landesgesundheitsamt erfasst. Das ist seit Jahresbeginn ins Sozialministerium integriert. Auf die Frage, warum man jene Daten nicht für alles nutze, antwortet Osterholzer, die Zahlen stünden nur summarisch auf Landesebene zur Verfügung und könnten nicht in die „landkreisscharfe Auswertung“ einfließen. Mithin müssten auch die Mannheimer Impfquoten jeweils um mehr als zehn Prozentpunkte höher sein.
Erstaunlich: In einer Pressemitteilung des Ministeriums vom Freitagnachmittag heißt es stolz, Baden-Württemberg werde „noch vor diesem Wochenende“ die 50-Prozent-Marke beim Boostern überschritten haben und im Länder-Ranking auf Platz drei landen. Minister Manne Lucha (Grüne) danke allen Beteiligten „für ihren unermüdlichen Einsatz“. Dabei hatte sein Landesamt ja bereits am Montag 54 Prozent Geboosterte gemeldet. Die Daten fürs Länder-Ranking stammen aber vom Robert-Koch-Institut, das mehrfach beklagt hat, die ihm vorliegenden Impfquoten seien wohl zu niedrig.
Musterschüler Freudenstadt?
Noch eine statistische Merkwürdigkeit ist, dass das Sozialministerium für Freudenstadt einen absoluten Booster-Spitzenwert von 76,5 Prozent angibt. Wie die das dort wohl machen, hat man sich dem Vernehmen nach auch im Mannheimer Rathaus gefragt. Zumal die Quote bei Zweitimpfungen (76,6 Prozent) nur minimal höher ist. Da eine Auffrischung erst nach drei Monaten möglich ist, bedeutet das heruntergerechnet auf die Einwohnerzahl, dass in Freudenstadt in diesem ganzen Zeitraum nur 108 Menschen ihren zweiten Piks bekommen hätten.
Sabine Eisele vom Landratsamt nennt auf Anfrage einen Grund für die vielen Booster: Darauf habe sich eine „fürchterlich fleißige“ Arztpraxis spezialisiert, in die Menschen von überall her gekommen seien. Ausschlaggebend für jene Statistik sei ja die Praxis-Postleitzahl (darauf weist auch das Sozialministerium in einer Fußnote hin). Bei Erst- und Zweitimpfungen hätten jene Ärzte dagegen noch kaum mitgemacht.
Wunsch nach Stadtteil-Zahlen
Gleichwohl löst jene Statistik auch bei den Verantwortlichen in Mannheim nicht immer nur Glücksgefühle aus. Auf Anfrage sagt Stadtsprecher Ralf Walther dazu aber nur diplomatisch: „Es ist sicherlich schwierig, immer aktuell zu sein.“ Wünschen würde man sich indes eine noch kleinräumigere Auflistung, also auch für Stadtteile.
Da es ja nach Postleitzahlen geht, sollte das eigentlich leicht möglich sein. Als der „MM“ und andere Medien dies vergangenen Sommer in Stuttgart anfragten, wurde nach einigen Wochen eine entsprechende Statistik geliefert. Doch darin waren nur Zahlen aus den Impfzentren und von mobilen Teams enthalten, keine aus den Arztpraxen. Das machte die Aussagekraft nicht allzu groß.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Bei Impfquoten Malen nach Zahlen?