Vor mehr als zwei Jahren, im März 2017, haben die Bauarbeiten auf den Planken begonnen. 26 Monate sind bis heute vergangen. Für die Kunden, noch viel mehr jedoch für die Einzelhändler eine gefühlte Ewigkeit, in der ihnen vieles abverlangt wurde. Die Geschäftsleute hatten unter teils massiven Umsatzeinbußen zu leiden. Insbesondere im ersten Jahr, als die Fußgängerzone an mehreren Stellen gleichzeitig aufgerissen war, ging es bei einigen Händlern beinahe an die Existenz.
Der Tenor unter vielen Geschäftsleuten angesichts der Zustände war eindeutig: „Eine Katastrophe – dilettantisch – unter aller Kanone“, waren noch die harmloseren Unmutsbekundungen. „40 Prozent weniger Kunden“, beklagte etwa Antonio Platero Weber von Koffer Weber schon in den ersten Monaten des Umbaus. Früh suchte er das Gespräch mit der Stadt – doch konkrete Lösungsvorschläge kamen seiner Ansicht nach nicht heraus. Deshalb gründete er die „Initiative zur Unterstützung und Rettung des Mannheimer City-Einzelhandels“.
Petition an Kurz
Industrie- und Handelskammer, City-Werbegemeinschaft und Handelsverband ergriffen schließlich die Initiative und warben bei der Stadt für die Belange der Händler. Sie machten sich für eine städtische Unterstützung der besonders von Umsatzeinbußen betroffenen Geschäfte stark. Rund 30 Einzelhändler übergaben Oberbürgermeister Peter Kurz im Spätsommer 2017 eine Petition, in der sie Entschädigungszahlungen und die Beauftragung eines unabhängigen Wirtschaftsprüfers forderten.
Nach einigem Hin und Her sagte die Stadt im Oktober 2017 ihre Unterstützung zu und bot ein „strukturiertes Verfahren“ an. Inhabergeführte Geschäfte aus den Planken und ihren Nebenstraßen konnten einen Online-Antrag ausfüllen und Unterlagen einreichen, die dann dem Rationalisierungs- und Innovationszentrum der Deutschen Wirtschaft vorgelegt wurden. Auf Basis dieser Angaben entschieden unabhängige Wirtschaftsprüfer, ob ein Unterstützungsanspruch besteht.
„Drei Händler haben einen Antrag gestellt“, erklärte Baustellenmanagerin Anja Ehrenpreis in der vergangenen Woche. „Ein Antrag ist noch in Bearbeitung, die beiden anderen Händler haben ihren Ausgleich bekommen.“ Wer von dem Angebot Gebrauch gemacht hat, darf sie aus Datenschutzgründen nicht sagen. Auch nicht, wie viel Geld die Stadt dafür gezahlt hat.
Aufwendiges Verfahren
Ein Grund, warum nicht mehr Händler einen Antrag gestellt haben, könnte darin liegen, dass die Betroffenen ihre wirtschaftlichen Verhältnisse komplett offenlegen mussten. „Nur diejenigen, für die es wirtschaftlich existenzbedrohlich ist durch die Umsatzverluste, werden diesen Schritt gehen“, hatte damals Christiane Ram, Leiterin der städtischen Wirtschaftsförderung, gesagt. Außerdem berichteten Unternehmer, ohne namentlich genannt werden zu wollen, dass das Verfahren sehr komplex gewesen sei.
Alexander Seppel, der unter den Namen Gero und Gero Mure drei Schuhgeschäfte auf den Planken führt, möchte keine Zahlen nennen, spricht aber von „hohen Umsatzeinbußen“. Darüber hinaus hat ihn geärgert, dass die Stadt oft spät über die anstehenden Arbeiten informiert habe. Im Februar sei plötzlich vor einem seiner Läden das Pflaster nochmals geöffnet worden, ohne dass er davon gewusst hatte: „Da fehlte es an Kommunikation.“
Entscheidend sei jetzt, was man daraus mache, so Seppel. Er hofft, dass die Stadt wirklich, wie angekündigt, auf die Sauberkeit achtet und darauf, dass weniger Autos in die Fußgängerzone fahren. Dass mit dem Ende der Baustelle alle Kunden sofort wieder zurückkehren, glaubt er indes nicht: „Man kann nicht einfach den Schalter umlegen, das ist ein Prozess von ein, zwei Jahren.“
Kunden zurückgewinnen
„Wir und der gesamte Einzelhandel haben in den vergangenen Jahren sehr gelitten“, bestätigt Andreas Hilgenstock, geschäftsführender Gesellschafter von Engelhorn. Sein Unternehmen habe sich immer für den Umbau eingesetzt. Die Kundenfrequenzen seien dadurch jedoch stark zurückgegangen. Sie gelte es, nun wieder zurückzuholen. Dafür sei mit dem Umbau der Planken ein wichtiger Schritt getan. „Die neuen Planken sind eine echte Aufwertung Mannheims als Einkaufs- und Erlebnisstadt. Das wird uns guttun.“ Mit Verweis auf das boomende Onlinegeschäft sagt er: „Essen und Trinken geht nicht im Internet.“
Schwierige Zeiten durchlebten auch die Gastronomen. „Die Kundenfrequenz ist während der Bauphase um durchschnittlich 30 Prozent gesunken“, klagt Eiscafé-Inhaber Dario Fontanella. Er habe in den vergangenen fünf Jahren „gelitten“, denn vor dem Planken-Umbau hatte er schon einmal zweieinhalb Jahre lang eine Baustelle neben seinem Café, als das frühere Bankpalais abgerissen und neu errichtet wurde.
Jetzt will er nur noch nach vorne schauen und sagt: „Das ist Schnee von gestern.“ Er freut sich auf die aufgewertete Fußgängerzone und wünscht sich, „dass wir uns jetzt auf die Arbeit konzentrieren können“. Fontanella hofft, dass die Planken wieder ihren früheren Stellenwert erreichen können.
Die Möglichkeit zur Unterstützung besteht für Einzelhändler weiterhin – bis zum Abschluss der Bauarbeiten können sie ihre Anträge einreichen. Immerhin, das ist die gute Nachricht, musste keiner der Händler infolge der Bauarbeiten sein Geschäft aufgeben. Das haben Lutz Pauels, Chef der City-Werbegemeinschaft, und Anja Ehrenpreis auf Anfrage bestätigt.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim_artikel,-mannheim-in-den-letzten-zwei-jahren-sehr-gelitten-_arid,1428329.html