Mannheim. Für Leif hat diese Woche schon mal super angefangen. Eigentlich hätte der Siebtklässler des Feudenheim-Gymnasiums in Mannheim am Montag bis um 13.50 Uhr Schule gehabt. Doch jetzt ist nach der fünften Stunde Schluss, um 12.10 Uhr. Hitzefrei! „Das ist schon cool, viel besser geht‘s eigentlich nicht“, grinst der Junge. Es habe schon lange kein Hitzefrei mehr gegeben, sagt der Zwölfjährige. Er ist froh über die Entscheidung seines Schulleiters, die bis einschließlich Mittwoch gilt. „Unser Klassenzimmer ist im zweiten Stock, da ist es schon nochmal heißer“, erzählt Leif. Am Montagnachmittag hat er Training, aber am Dienstag und am Mittwoch will er an den Badesee nach Heddesheim gehen. Auch seine Schwester Carla kann sich gar nicht mehr daran erinnern, wann es das letzte Mal Hitzefrei gab. Und deshalb freute auch sie sich sehr über die bereits am Freitag von der Schulleitung verschickte Nachricht. Stunden, in denen Tests oder Klassenarbeiten angesetzt sind, sind von der Regelung allerdings ausgenommen.
Schulstunden fallen aus – oder werden verkürzt
Wie am Feudenheim-Gymnasium gibt es in dieser Woche an vielen Mannheimer Schulen Hitzefrei. Entweder, indem die Stunden am Mittag oder am Nachmittag komplett ausfallen. Oder – wie am Karl-Friedrich-Gymnasium in der Oststadt oder am Johanna-Geissmar-Gymnasium auf der Schönau – indem jede Stunde um fünf oder zehn Minuten verkürzt wird und so der Schultag ebenfalls früher vorbei ist. Diese Verkürzung aller Stunden habe den Vorteil, dass der Unterricht in einzelnen Fächern nicht komplett ausfalle, sagt Roland Haas, Direktor des Geissmar-Gymnasiums und geschäftsführender Schulleiter der Mannheimer Gymnasien. Sind Klassenarbeiten geplant, werden die entweder verkürzt oder die Unterrichtsstunde entsprechend verlängert, wir in einer Mitteilung des Karl-Friedrich-Gymnasiums an die Eltern erklärt.
Hitzefrei in Deutschland hat eine lange Geschichte. Als „Vater“ wird häufig der preußische Kultusminister Julius Robert Bosse genannt. Der gab demnach bereits im Jahr 1892 einen Erlass heraus, der es Schulen möglich machte, bei sehr hohen Temperaturen den Nachmittagsunterricht ausfallen zu lassen. In Baden-Württemberg gibt es keine generelle Vorgabe des Kultusministeriums. Die Entscheidung treffen die Schulleitungen. Die, so das Ministerium in einem Info-Schreiben aus dem vergangenen Jahr, müssten dabei auch die jeweils unterschiedliche Situation vor Ort berücksichtigen. Etwa die Gebäudesituation oder die Frage, wie Schülerinnen und Schüler bei einem früheren Schulende gegebenenfalls betreut werden und wie sie – wenn sie im Umland wohnen – nach Hause kommen.
Empfehlungen gibt das Ministerium in dem Schreiben aber sehr wohl. Demnach ist ein Kriterium, dass die Außentemperatur um 11 Uhr mindestens 25 Grad im Schatten beträgt. Gleichzeitig kann es nach der Vorgabe der Behörde Hitzefrei frühestens nach der vierten Stunde (vom allgemeinen Unterrichtsbeginn ab) geben. Benachbarte Schulen sollen sich abstimmen und „möglichst gleichmäßig“ entscheiden. Für die beruflichen Schulen und die gymnasiale Oberstufe ist Hitzefrei laut Ministerium nicht vorgesehen.
Bei Grund- und Ganztagesschulen ist es außerdem wichtig, dass berufstätige Eltern trotzdem die Möglichkeit haben, auf die vereinbarten Betreuungszeiten zurückzugreifen. In der Mannheimer Johannes-Kepler-Grundschule in K5 mit Ganztagsangebot ist zum Beispiel für Mittwoch und Donnerstag Hitzefrei mit Unterrichtsschluss um 12.15 Uhr vorgesehen. Eltern hätten aber die Möglichkeit, dass ihre Kinder auch am Nachmittag betreut werden, heißt es aus der Schule.
Abiturienten haben mündliche Prüfung – für die anderen fällt die Schule aus
Sogar bis einschließlich Freitag gilt die Hitzefrei-Regelung in der Konrad-Duden-Realschule auf der Rheinau - ebenfalls in Form von verkürzten Unterrichtsstunden, wie Schulleiter Lars Hoffmann berichtet. Er ist auch geschäftsführender Schulleiter für alle Real-, Werkreal- und Gemeinschaftsschulen im Stadtgebiet. Benachbarte Schulen sollten sich ja absprechen, erklärt er. Viele im Mannheimer Süden würden in Sachen Hitzefrei diese Woche ähnlich verfahren wie die Duden-Realschule. Am Donnerstag werde entschieden, wie es nächste Woche weitergehe, so Hoffmann. Aber für nächste Woche sagt der Wetterbericht derzeit ohnehin wieder niedrigere Temperaturen voraus.
Aus Sicht von Haas und Hoffmann ist es durchaus sinnvoll, dass die Entscheidung über Hitzefrei bei den Schulleitern liegt - schließlich hänge ja auch viel von den baulichen Gegebenheiten ab. Und Hoffmann betont, dass es bereits vor dem Aussprechen von Hitzefrei Möglichkeiten gebe, „möglichst lange auf möglichst angenehme Weise den Unterricht aufrechtzuerhalten“ –indem man zum Beispiel die Schulstunden vom Klassenzimmer in schattige Ecken auf dem Schulgelände verlege.
Die Abiturientinnen und Abiturienten in Mannheim allerdings müssen – sofern sie nicht schon top vorbereitet sind – trotz der Hitze lernen. Die mündlichen Prüfungen stehen an. Im Karl-Friedrich-Gymnasium fällt deshalb am Donnerstag und Freitag der Unterricht für die anderen Klassen aus, am Feudenheim-Gymnasium am Freitag. Für den zwölfjährigen Leif und seine Schwester Carla hat die Woche also nicht nur super angefangen. Sie wird auch super enden.
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