City-Airport (mit Video und Fotostrecke)

Historische und wertvolle Flugzeuge in Mannheim bereit zum Abflug

In einem Hangar am Mannheimer City-Airport stehen sieben historische Flugzeuge. Ihr Wert ist teilweise enorm, Ersatzteile müssen aufwendig in den USA organisiert werden und sind teuer. Aber die Flugzeuge können besichtigt werden

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Florian Karlein
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Einer der Schätze des Vereins Flugwerk: Die Boeing Stearman hebt über dem Flugplatz in Neuostheim ab. © Christoph Blüthner

Mannheim. Er stottert kurz. Aber dann springt der Propeller an und macht mächtig Wind. Und Lärm, der durch die großen Kopfhörer dringt. Zwischen den Beinen wackelt ein hölzerner, etwas abgegriffener Steuerknüppel, die Füße stehen auf Aluminiumblechen. Die Vibration des Sieben-Zylinders schüttelt den gesamten Körper durch. Instrumente, Höhenmesser – alles ist sehr spartanisch in der Stearman des großen und bekannten Herstellers Boeing. Von Digitalisierung keine Spur. Oder: „Das ist noch ehrliche Fliegerei“, würde Rüdiger Kling sagen.

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30 Minuten vor dem Abflug sitzt der Präsident des Clubs Flugwerk auf einer Bierbank im Hangar 2 des Mannheimer City-Airports: lässiges Vereins-T-Shirt, Sonnenbrille, dicke Uhr am Armgelenk – Pilot durch und durch. Und ein Enthusiast für alte Flugzeuge. Durch das Tor blickt er auf die deutsche Klemm und eine North American T6. Die dunkelblau-graue Maschine glänzt in der Sonne.

Angeblich in Pearl Harbour geflogen

Der Marktwert der US-amerikanischen Maschine, die im Zweiten Weltkrieg geflogen ist? „Bodenlos“, sagt Kling, ein deutlich sechsstelliger Betrag. Das Modell gibt es kaum noch, in Europa sei es gar nicht mehr zu bekommen. Und die Maschine, die in Neuostheim steht, soll angeblich sogar in Pearl Harbour geflogen sein. „Aber das konnte ich noch nicht überprüfen“, gesteht Kling.

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Die T6 und die Stearman sind zwei von sieben historischen Flugzeugen, die dem Verein gehören – die beiden Schätze des Clubs. Von den 150 Mitgliedern ist gut ein Drittel aktiv. Sie warten die Motoren, tauschen Ersatzteile aus, lackieren die Karosserie, die oft aus Holz ist. Und wer einen Pilotenschein für die alten Modelle hat, darf sie auch fliegen. 4500 Flugstunden hat beispielsweise Michael Günther auf dem Buckel. Der Cheffluglehrer, so wird er von Rüdiger Kling vorgestellt. Auch er trägt das schwarze Stearman-T-Shirt, eine auffällige Armbanduhr am Handgelenk und eine Sonnenbrille, die an den Film „Top Gun“ mit Tom Cruise erinnert. Die beiden Seckenheimer sind verliebt in die Stearman, den hellblauen Doppeldecker mit sonnengelben Tragflächen.

Mit 80 Knoten Geschwindigkeit über Großkraftwerk, Hockenheimring und Altrip

Eine halbe Stunde später streift sich Günther seinen olivgrünen Fliegeroverall über, setzt die Kopfhörer auf und sich auf den hinteren der beiden Sitze der Stearman. Sicherheitscheck, Kommunikation mit dem Tower, die Gras-Startbahn ist freigegeben. Dann fährt er die Maschine aufs Rollfeld. Kleine Kurven muss er fahren, um etwas zu sehen. Denn wie das so ist bei Flugzeugen aus der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts: Das dritte Rad ist hinten – die Maschine ragt mit der Schnauze in die Luft, und der Pilot kann nicht drüber schauen. Zum Glück ist das in der Luft anders, denn: Der einzige Passagier sitzt auf dem vorderen Platz und ist Redakteur beim „Mannheimer Morgen“.

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Der Anfang der Startbahn ist erreicht. Michael Günther dreht den Motor noch mal richtig hoch – ein letzter Test vor dem Start. Der mehr als zwei Meter lange Propeller aus Holz macht jetzt erst richtig Krach. Auch er ist ein Originalteil. Allein ihn zu ersetzen würde 15 000 Euro kosten, verrät Präsident Kling. Über den Flugzeugfunk kommt derweil die finale Startfreigabe. Nach kurzem Anlauf hebt der mehr als 80 Jahre alte Flieger ab. In 20 Minuten geht es mit 80 Knoten Geschwindigkeit über Großkraftwerk, Hockenheimring und Altrip wieder zurück. Die Stearman knattert also mit fast 150 Stundenkilometern durch den wolkenlosen Himmel.

Sie ist die Maschine des Vereins, die am meisten in der Luft ist. Vor allem bei Flugtagen ist das Kriegsgerät, das zwischen 1936 und 1944 gebaut wurde, im Einsatz, genauso die T6. Günther bringt die Stearman sicher und ruhig wieder unter. Dann rollt das Flugzeug gemütlich vor den Hangar zurück.

In der Halle steht auch eine Jak 52. Camouflage-Optik, roter Stern, kyrillische Schriftzeichen: unverkennbar ein sowjetisches Militärflugzeug aus dem Zweiten Weltkrieg. Es ist für kommendes Jahr für einen Flugtag in Zweibrücken fest gebucht. „Das hat damals Bomben mit sich getragen“, sagt Kling, der weiß: „Krieg und Russland ist momentan natürlich ein schwieriges Thema.“

Der Verein Flugwerk

  • Gegründet wurde der Verein Flugwerk im Jahr 2010. Aktuell hat er etwa 150 Mitglieder.
  • Die sieben historischen Flugzeuge des Vereins stehen im Hangar 2 am City-Airport. Besichtigungen sind nach Absprache jederzeit möglich.
  • Flugwerk finanziert sich über Beiträge fürs Fliegen sowie Mitgliedsbeiträge. Aktuell zahlen Mitglieder 300 Euro pro Jahr.
  • Die Seite www.flugwerk-mannheim.de ist derzeit unter Bearbeitung.
  • Kontakt zum Verein: unter 0621/76 22 59 12 oder per Mail an info@flugwerk-mannheim.de

Genauso wie der Umweltschutz. Von einem Elektro-Antrieb sind die Flugzeuge des Vereins weit weg. Und sie sind obendrein alles andere als sparsam im Verbrauch. Die Stearman mit ihren etwa 980 Kilogramm Gewicht und dem 220 PS starken Motor verbrennt beispielsweise gut 60 Liter Sprit pro Stunde. Man müsse sich bewusst dafür entscheiden, mit den Flugzeugen abzuheben, sagt Rüdiger Kling.

Aber er sagt auch: „Wer mitfliegt, hat richtig Freude daran.“ Kling erzählt von einem 90-Jährigen, der vor Kurzem unbedingt mit in die Luft wollte. „Er war glücklich hinterher.“ Solche Beispiele schildern Kling und Günther mehrfach. Etwa von einem Lufthansa-Berufspiloten, der seit einiger Zeit Mitglied ist, weil ihn die komplett digitalisierten Zwölf-Stunden-Flüge nach Johannesburg im Airbus A340 mit mehr als 300 Passagieren langweilten.

Besonderheiten beim Fliegen mit alten Flugzeugen

Carlfred Dennefleh teilt diese Leidenschaft. „Es ist direkter“, beschreibt der gelernte Mechaniker das Fliegen mit den alten Flugzeugen. Er verschränkt die Arme vor seinem roten Overall, schaut den Motor seiner eigenen Maschine an. Die steht im Hangar, die Klappe der Verdeckung ist offen. „Kaputt“, kommentiert der Hemsbacher, der seit Jahren Mitglied bei Flugwerk ist. Eine Zündkerze muss Dennefleh erneuern.

Für rund 60 000 Euro hat er seine De Havilland Tigermoth, die in Olivgrün und Gelb lackiert ist, vor 22 Jahren gekauft. Bei so alten Flugzeugen müsse man merken, dass etwas kaputtgeht, bevor es soweit ist. „Aber wenn was nicht rund läuft, spürt man das sofort“, sagt der 61-Jährige. Er sorgt wie andere Vereinsmitglieder auch dafür, dass die Flugwerk-Flieger bedenkenlos abheben oder bei Flugtagen starten können.

Neben Dennefleh steht Rüdiger Kling und stimmt ins Schwärmen über die Tigermoth mit ein. Auch sie ein Doppeldecker, auch aus den 1940ern, auch ein Kriegsflugzeug, aber diesmal ein britisches. „Legendär“, sagt Kling. „Wir stecken unsere ganze Kraft und Liebe rein, um sie wieder zu beleben.“ Und Geld. Viele Ersatzteile müssen aus den USA organisiert werden. Oft verbunden mit langer Suche. 7500 Dollar kostet ein Tank aus Aluminium, 2000 Dollar zwei passende Ersatzreifen.

Keiner sagt, dass es das nicht wert wäre. Schon gar nicht Enthusiast Kling. Er selbst war Unternehmer, hat sein Neckarauer Technik-Unternehmen verkauft und genießt den Ruhestand mit dem Amt des Vereinspräsidenten. Seit Mitte des Jahres steht er an der Spitze von Flugwerk. Angefangen mit dem Segelfliegen als 16-Jähriger – genau wie Michael Günther – hat er das Fliegen auf den historischen Maschinen gelernt, nachdem er sich in die Stearman verliebt hatte. Mit ihr in die Luft zu gehen – „den Traum habe ich mir irgendwann verwirklicht“, sagt der 65-Jährige.

Redaktion Leiter des Redaktionsteams Mannheim

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