Stadtgeschichte

Historiker zieht Bilanz: So lief das Carl-Theodor-Jahr in Mannheim

Der einst in Mannheim regierende Kurfürst habe immer noch viele Fans, findet Professor Kümper. Aber das Gedenken an ihn wurde überwiegend privat getragen. Ein kritischer Blick zurück

Von 
Peter W. Ragge
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An Carl Theodor erinnert in Mannheim wenig – nur der Bereich vor dem Ostflügel des Schlosses, wo der Haupteingang der Universität ist, heißt Carl-Theodor Platz – was aber kaum jemand weiß. © Markus Prosswitz

Mannheim. Er weiß noch genau, wie er Anfang November im Foyer vom Schloss stand, inmitten drängelnder Menschenmassen, und seine Führungen völlig überbucht waren. „Carl Theodor zieht“ - das schließt Historiker Hiram Kümper von der Universität Mannheim aus dem Carl-Theodor-Jahr. Im vergangenen Jahr war der 300. Geburtstag und der 225. Todestag des Kurfürsten, der von 1742 bis 1777 von Mannheim aus regiert hatte. Die größten Veranstaltungen dazu wurden aber privat initiiert und organisiert, blickt Kümper zurück.

Anfang 2024 sah es noch so aus, dass in Mannheim außer zwei kleinen Ausstellungen in den Reiss-Engelhorn-Museen und im Marchivum sowie einigen Vorträgen nichts dazu stattfinden würde. „Mannheim hat das Nachsehen“, fürchtete damals Helen Heberer, Vorsitzende vom Verein Stadtbild und zu dem Zeitpunkt noch SPD-Stadträtin. Kulturbürgermeister Thorsten Riehle rief zwar gleich nach seinem Amtsantritt im März 2024 viele Menschen und Institutionen zusammen, doch eine städtische Veranstaltung kam nicht mehr zustande - mangels Vorbereitungszeit, Personal, Etat.

Ausstellungen

  • Auch über das Carl-Theodor-Jahr hinaus laufen in Mannheim noch zwei Ausstellungen:
  • Marchivum: Ausstellung „Carl Theodors Mannheim“ über die Residenz Mannheim und beispielhaft 18 Menschen, die hier gelebt haben. Marchivum, Ochsenpferchbunker, Archivplatz 1, 68169 Mannheim, bis 26. Januar 2025, Di., Do. bis So. 10 bis 18 Uhr, Mi. 10 bis 20 Uhr, Eintritt frei.
  • Reiss-Engelhorn-Museen: Ausstellung „Ein Kurfürst auf Zukunftskurs“ über Wissenschaft, Technik und Wirtschaft mit teils erstmals gezeigten Preziosen, Zeughaus C 5, 68169 Mannheim, bis 25. Mai 2025, Di. bis So. 10 bis 17 Uhr, Eintritt für Erwachsene 5 Euro, Begünstigte drei Euro, Kinder und Jugendliche frei. pwr

„Kultur darf nichts mehr kosten“, bedauert Kümper daher. „Es war wirklich schwer, Mittel für das alles zu bekommen“, kritisiert er. „Die Stadtspitze hat durchaus unterstützt, das ist nicht kleinzureden. Aber die finanzielle Basis für einen Großteil der Aktionen ist in Zeiten klammer Kassen ganz wesentlich aus bürgerschaftlichem Engagement gekommen“, stellt Kümper fest. Die größten Veranstaltungen organisierten der Feuerio mit dem Carl-Theodor-Fest auf den Kapuzinerplanken im September und Anfang November ganz wesentlich Helen Heberer und Mitstreiter aus dem Verein Stadtbild im Schloss.

Kurpfalz als historischer Sehnsuchtsort

„Das kann man bemäkeln. Oder man kann es positiv wenden: Es gibt eben auch noch dieses bürgerschaftliche Potenzial für ein Thema, das den Leuten wichtig ist“, sagt Kümper dazu. Das Interesse sei jedenfalls „unglaublich stark und noch immer“ vorhanden: „Das habe ich nicht nur beim völlig überlaufenen Schloss-Tag, sondern auch bei der Ausstellungseröffnung in den Reiss-Engelhorn-Museen und vielen Einzelvorträgen, die ich über’s Jahr gehalten habe, gemerkt“, so der Lehrstuhlinhaber.

Carl Theodor habe immer noch „eine wahnsinnige Fan-Base - wie die Kurpfalz insgesamt eine Art historischer Sehnsuchtsort in der Region zu sein scheint“, so Kümper. Gerade in Mannheim meinten zwar viele, schon alles über den Kurfürsten zu wissen: „Interessant, dass man dann trotzdem noch zu Veranstaltungen kommt!“

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Tatsächlich sei das Thema „ja längst nicht ausgeforscht“, so der Professor: „Ich bin froh, dass wir das Jahr genutzt haben, auch einmal jenseits von Kunst, Kultur und Wissenschaft zu schauen, für die Carl Theodor ja immer - und fraglos auch zu Recht! - so hoch gelobt wird“. Zusätzlich seien Wirtschafts- und Innovationspolitik wieder etwas stärker ins Interesse gerückt. „Zukünftig müsste man aber auch die etwas staubigeren Themen der Sozialgeschichte, die demografische Entwicklung, die Region, die Amts- und Landstädtchen mehr erforschen“, meint er.

Carl-Theodor-Jahr: Laut Kümper haben sich Mannheim und Schwetzingen "ins Zeug gelegt"

Aus Sicht von Hiram Kümper haben sich Residenz und Sommerresidenz „ins Zeug gelegt“, also Mannheim und Schwetzingen, um den Regenten zu würdigen. „Dabei war in Schwetzingen nicht nur das Schloss, sondern auch die Stadt aktiv und hat viel gestemmt“, verweist er auf das dortige Stadtmuseum, das „eine ziemliche Aktivität entwickelt“ habe: „Und Mannheim hat dann hinterher gezogen“, so Kümper.

Interessanterweise habe „der deutsche Nordwesten, also Düsseldorf, Carl Theodor „auf einmal wieder entdeckt“, so Kümper: „Das ist auch kein Wunder: Für viele Innovationen, die er in der Kurpfalz voran-trieb, konnte er sich Anregungen in seinen norddeutschen Herzogtümern holen, die schon auf frühindustriellen Kurs einschwenkten.“ Dagegen sei die Kooperation mit Bayern anlässlich des Jubiläums, die er versuchte anzustoßen, „hinter den Erwartungen zurückgeblieben - vielleicht ist der Weg zwischen Neckar und Isar am Ende doch schlicht zu weit“, sagt er lachend.

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Kulturbürgermeister Thorsten Riehle dankt in seinem Rückblick „allen, die sich eingebracht haben, vor allen Dingen aber Helen Heberer und Professor Hiram Kümper, die sehr viel Zeit und Energie aufgebracht haben und ohne deren Enthusiasmus das alles nicht möglich gewesen wäre.“

Carl Theodor sei als „Visionär, Stadtgestalter, Wirtschaftsförderer und Kulturmanager eine absolut prägende Person der Stadtgeschichte“ gewesen, „deren Wirken bis heute Früchte trägt“. Deshalb sei es für Riehle „enorm wichtig“ gewesen, mit unterschiedlichen Veranstaltungen, „dieses kulturelle Erbe zu pflegen und ins kollektive Gedächtnis zu rufen“.

Riehle verweist auf Festkonzert in der Oper

Als Beitrag der Stadt ruft er das große Festkonzert „Ein Tusch für Carl Theodor“ in der Oper am Luisenpark (Opal) in Erinnerung. Da sei es „gelungen, dank des großartigen Zusammenspiels der Mannheimer Musikinstitutionen die Wurzeln unserer Musiktradition in der Gegenwart sichtbar zu machen“. Auch das Schlossfest vom Verein Stadtbild habe gezeigt, wie viel Interesse es am kurfürstlichen Hof, aber auch an dem Gebäude gibt. „Das sollte fortgesetzt werden“, findet Riehle. Bislang steht aber nur fest, dass der Feuerio sein Carl-Theodor-Fest auf den Kapuzinerplanken künftig jährlich im September ausrichten will.

Redaktion Chefreporter

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