Ersatzspielstätten

Hier will das Theater vorübergehend spielen

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Ehemaliges Kino

Mannheim. Das alte Kino der Amerikaner in der früheren US-Wohnsiedlung Benjamin-Franklin-Village ist schon lange als Ersatzspielstätte für Schauspiel und Tanz mit 500 Plätzen geplant. Inzwischen haben die Vorbereitungen für den Umbau begonnen. Bauherr ist die städtische Tochter MWSP, der das Gebäude gehört und die einen Generalunternehmer beauftragt. Das Nationaltheater wäre Mieter. Für fünf Jahre werden neun Millionen Euro fällig. Hinzu kommen 740 000 Euro für „notwendige Anpassungen der aus dem Spielhaus einzubauenden bühnentechnischen Anlagen, für die Erstausstattung/Möblierung und für den Aus-und Umzug aus dem Spielhaus“, so das Theater. Für Kulissen muss zudem in der Nähe ein Lager angemietet werden, wofür in den fünf Jahren 325 000 Euro anfallen. Direkt an das Kino werden Garderoben, Foyer und kleine Gastronomie in Modulbauweise angedockt, die danach wieder zurückgebaut werden können.

Ziel ist aber, nach der Nutzung durch das Theater für das Neubaugebiet Franklin „einen gemeinwohlorientierten und emotional aufgeladenen Veranstaltungs-und Kommunikationsort dauerhaft zur Verfügung zu stellen“, so die Stadt. „Wir zahlen Miete also nicht an einen Fremden, sondern eine städtische Enkeltochter, und bekommen danach noch eine neue Einrichtung für ein Gebiet, in dem einmal 8000 bis 10 000 Menschen leben“, sagt Bürgermeister Michael Grötsch.

Pfalzbau

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Der Pfalzbau soll Ersatzspielstätte für die großen Werke der Sparten Oper und Tanz (mit Orchester) sein, denn nur dort gibt es eine entsprechend große Bühne sowie einen Bühnenturm, in dem man die Mannheimer Kulissen weiterverwenden und damit zumindest Teile des Repertoires pflegen kann. Seit 2018 laufen Gespräche zwischen den Oberbürgermeistern von Mannheim und Ludwigshafen, zeitweise war der Deutsche Bühnenverein als Vermittler eingeschaltet. Die Gespräche stehen laut Grötsch „vor dem Abschluss“, ein Vertrag ist aber noch nicht unterschrieben. Es gebe eine Einigung auf 107 Tage pro Jahr, verteilt auf mehrere Nutzungszeiträume jeweils vom 1. September bis zum 10. Oktober, vom 2. Januar bis zum 10. März und von Ende Juni bis Mitte Juli, wobei die Proben-und Einrichtungszeiten bereits enthalten seien. Somit ergeben sich 35 bis maximal 40 Vorstellungstage pro Spielzeit. Neben einer Grundmiete soll sich Mannheim verpflichten, Personal vom Pfalzbau zu beschäftigen. „Es ist mit einem zumindest knapp siebenstelligen Aufwand pro Jahr zu rechnen“, so die Stadt.

Rosengarten

Der Musensaal des Rosengartens soll für ein konzertantes Programm der Oper sowie für Familienstücke genutzt werden. Verabredet sind pro Spielzeit drei Terminblöcke, die im Durchschnitt zehn Tage umfassen – einschließlich der zugehörigen Probentage. Dies entspricht somit drei bis fünf Vorstellungen pro Terminblock. Als Mietpreis berechnet der Rosengartens 8000 Euro pro Belegungstag, dies entspricht 1,2 Millionen über den gesamten Nutzungszeitraum von fünf Jahren.

Rokokotheater Schwetzingen

Mit der Schlossverwaltung Schwetzingen gibt es laut Bürgermeister Michael Grötsch „eine sehr gute regionale Zusammenarbeit“. Das Nationaltheater will im Rokokotheater einen Mozart/Da Ponte-Zyklus, Werke aus dem Barock sowie Stücke aus der Moderne zeigen. Es gibt aber nur 512 Sitzplätze. Geplant sind drei Terminblöcke Anfang September bis Ende Oktober, Anfang Februar bis Mitte März sowie Anfang Juni bis Ende Juli, insgesamt je Spielzeit jeweils 18 Vorstellungen Bauproben und Vorbesichtigungen sind für das Nationaltheater sogar mietfrei möglich, soweit die Räume nicht anders vergeben sind. Statt einer festen Miete berechnet die Schlossverwaltung 30 Prozent der Roheinnahmen, jedoch mindestens 2500 Euro pro Veranstaltungstag. Dies entspricht 225 000 Euro über einen Nutzungszeitraum von fünf Jahren.

Temporärer Bau

Ob Rosengarten, Pfalzbau oder Schwetzingen – weil überall nicht genügend freie Termine zur Verfügung stehen, braucht das Theater eine weitere, ständig nutzbare Ersatzspielstätte für die Oper und große Ballettaufführungen. Nachdem die mal erwogene Nutzung des Theaterprovisoriums „Opéra des Nations“ (OdN) vom Grand Théâtre Genf als reiner Holzbau nicht den deutschen Brandschutz- und Bauvorschriften entspricht und sich eine Anmietung der Halle „Trafowerk“ von einer privaten Spedition in Käfertal als zu teuer („doppelt so hoch wie die Kostenobergrenze der Stadt“) erwies, gibt es laut Verwaltung als „einzig verbleibende Alternative“ den Bau einer temporären Leichtbauhalle.

Als Standort geprüft und schnell wieder verworfen wurde der Untere Luisenpark. Nun soll sie dort errichtet werden, wo bisher das Oktoberfest stattfindet – auf einer Freifläche an der Theodor-Heuss-Anlage gegenüber vom Carl-Benz-Stadion. Dort gibt es genug Parkplätze und eine Stadtbahnhaltestelle vor der Tür. „Wir bemühen uns schon um einen neuen Standort für das Oktoberfest“, betont Grötsch.

Die Kosten werden für die fünf Jahre mit 17,36 Millionen Euro angegeben. Das sind schon 1,78 Millionen Euro weniger als zunächst gedacht, weil das Theater nach einer Aufforderung durch die Verwaltung ein „mögliches Einsparpotenzial“ ausmachte – was aber mit eingeschränkten Lagermöglichkeiten, weniger Chancen für szenische Verwandlungen, geringerer Bühnentiefe, Verzicht auf eine Unterbühne und vielem mehr verbunden ist.

Schon jetzt weist die Verwaltung auf eine „äußerst enge Terminschiene“ hin – fristgerecht fertig werde der Bau nur, wenn es keine größeren Verzögerungen gibt. Daher ist der Teilnahmewettbewerb für Firmen bereits gestartet worden, sagt Architekt Marcus Augsburger, Leiter der Geschäftsstelle für die Generalsanierung: „Wir tun alles, um keine Zeit zu verlieren!“

Noch geprüft wird, ob statt Miete ein Kauf nicht viel günstiger wäre. Durch eine „kulturelle Nachnutzung des Gebäudes könnte dieser Ort längerfristig belebt und gleichsam eine bessere Amortisation der Investitionen in diesen innerstädtisch optimal angebundenen Standort erreicht werden“, so die Stadtverwaltung. Daher ist das Theater beauftragt, ein Nachnutzungskonzept zu erstellen.

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