Mannheim. Bei dieser Zahl sind einige Stadträte und auch Mitarbeiter der Verwaltung erschrocken: 33,1 Millionen Euro kosten die Ersatzspielstätten des Nationaltheaters, und ihr jährlicher Betrieb verschlingt zudem noch einige tausend Euro mehr als der Alltag im Haus am Goetheplatz.
Dass dieses in der kargen Nachkriegszeit noch teils mit schlechtem Baumaterial errichtete Gebäude völlig marode ist, weiß man schon sehr lange. Es dringt Feuchtigkeit ein, einige Sanitäranlagen sind unzumutbar, Kabelstränge komplett veraltet. Hinter und vor den Kulissen herrschen viele Zustände, die heutigen Brandschutz- und Arbeitsschutzvorschriften völlig widersprechen. Eine Generalsanierung des Gebäudes ist deshalb unausweichlich.
Bereits 2018 hat sie der Gemeinderat daher mit sehr großer Mehrheit beschlossen. 2020 wurden die von 200 auf 247 Millionen Euro gestiegenen Kosten ebenso einhellig abgesegnet.
Dass die Ersatzspielstätten weitere Millionen verschlingen werden, war klar. In jedem Beschluss, in jeder Vorlage hieß es stets, dass dafür noch ein Betrag dazukommt. Aber dass er nun so hoch ausfällt, lässt manchen Kommunalpolitiker zusammenzucken – denn durch die Corona-Pandemie hat sich die Welt radikal geändert, auch die Finanzlage der Stadt.
Doch klar ist: Wer A sagt, muss auch B sagen. Wer die Generalsanierung beschließt, muss sagen, wo das Theater während der – auf fünf Jahre veranschlagten – Bauzeit spielen kann, und dies nun halt ebenso finanzieren.
Das Konzept dafür ist prinzipiell schlüssig und nachvollziehbar, die gewählten Orte sind sinnvoll. Man kann zwar bedauern, dass der Pfalzbau Ludwigshafen nicht öfter zur Verfügung steht – es hätte dem oft propagierten Gedanken der Metropolregion entsprochen, hier Mannheimer Akteure öfter und auch langfristig auftreten zu lassen. Schließlich gibt es dort kein eigenes Ensemble. Aber die Chemiestadt besteht auf Eigenständigkeit. Eine vernünftige Kooperation kann man nicht erzwingen, auch wenn dies Mannheim nun leider zusätzliches Geld kostet.
Die räumlichen Dimensionen der Ersatzspielstätten sind im Vergleich zu den Zuschauerplätzen am Goetheplatz bereits reduziert, also keinesfalls übertrieben. Ein paar Abstriche an der Ausstattung scheinen aber immer noch möglich – es sollen ja Provisorien sein. Und so sinnvoll der Gedanke an eine kulturelle Nachnutzung der nun zu bauenden Ausweichspielstätten klingt, muss die Stadt auch bedenken, was das wieder an Folgekosten mit sich bringt.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Peter W. Ragge über die Ersatzspielstätten des Theaters Sinnvolles Konzept für Ersatzspielstätten