Mannheim. Stuttgart hat sie seit Kurzem, Mannheim diskutiert auch darüber: Waffenverbotszonen. Die Grünen haben, wie berichtet, im Dezember beantragt, Zonen in der Stadt zu errichten, in denen das Mitführen von Waffen oder Messern mit einer Klingenlänge von mehr als vier Zentimetern verboten wird. Mit der Polizei wolle man Zahlen auswerten und einen Vorschlag präsentieren, erklärte die Verwaltung dazu. Indes hat auch der SPD-Landtagsabgeordnete Boris Weirauch in einer Anfrage an das Innenministerium Rahmenbedingungen für Verbotszonen eruiert.
Was hatte Weirauch beim Innenministerium angefragt?
Weirauch hat das Ministerium zu Kriminalitätszahlen in Mannheim, insbesondere Straftaten mit Messern im öffentlichen Raum, angefragt. Die Auswertung umfasst Straftaten zwischen 2018 und 2021.
Gibt es Aspekte, die in dieser Statistik besonders auffallen?
Dass das Ministerium die Anfrage so detailliert beantwortet hat, deute darauf hin, dass man die Diskussion um Waffenverbotszonen in Mannheim bereits verfolge, meint Weirauch im Gespräch. Zum anderen zeige sich, wie sich Straftaten in Stadtteilen im öffentlichen Raum – um den es dabei ja geht – entwickelt haben: Vor allem Straftaten mit Messern haben demnach zugenommen.
Wie haben sich die Straftaten im öffentlichen Raum entwickelt?
2021 verzeichnete die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) des Landes für Mannheim 223 Straftaten mit Messern, 115 davon im öffentlichen Raum. In den Jahren zuvor – in denen es auch Lockdowns gegeben hat – waren es 113 (im Jahr 2019) und 109 Fälle im öffentlichen Raum. Vor Corona hatte es 125 Straftaten im öffentlichen Raum im Jahr 2018 gegeben. Für 2022 zeichne sich bei Straftaten mit dem Messer im öffentlichen Raum ein Anstieg im Vergleich zum Vorjahr ab, heißt es in dem Dokument. Auffällig sind Häufungen in Innenstadtbezirken sowie der Neckarstadt. Dort hat es 2021 mehr als 20 Straftaten gegeben.
Was ist mit Fällen mit Schusswaffen im öffentlichen Raum?
Im Vergleich zu Straftaten mit Messern bewegen sich die Zahlen auf einem niedrigen Niveau. So weist die PKS für 2021 zehn Opfer von Schusswaffen im öffentlichen Raum aus – 2018 elf. In den Pandemiejahren sind die Zahlen einstellig.
Auch die Stadt hat angekündigt, gemeinsam mit dem Polizeipräsidium Zahlen auszuwerten, die für eine Waffenverbotszone relevant sind. Liegen diese bereits vor?
Nein. Sobald die Polizeiliche Kriminalstatistik für 2022 vorliegt, werde die Stadt die Zahlen mit dem Präsidium auswerten, teilt eine Sprecherin mit. Dabei solle ein Lagebild entstehen, das es erlaubt, Gebiete zu identifizierten, in denen die Voraussetzungen für Waffenverbotszonen in Mannheim vorliegen könnten. Die Statistik des Innenministeriums beinhaltet ebenfalls noch keine konkreten Zahlen für 2022.
Land geht von mehr Messer-Straftaten aus
- Das Landesinnenministerium rechnet damit, dass die Zahl der mit einem Messer begangenen Straftaten im öffentlichen Raum in Mannheim wieder gestiegen ist. Für 2022 zeichne sich bei der Gewaltkriminalität im öffentlichen Raum mit Messern im Vergleich zum Vorjahr ein Anstieg ab, teilte das Ministerium auf eine Anfrage des Mannheimer Landtagsabgeordneten Boris Weirauch (SPD) mit. Vergleichsweise viele Straftaten habe es zuletzt in den Innenstadtbezirken sowie in der Neckarstadt gegeben, geht aus der Antwort außerdem hervor.
- Weirauch hat sich erneut für die Errichtung von Waffenverbotszonen ausgesprochen. Zwar seien die kein „Allheilmittel gegen Kriminalität“, und es wäre „naiv zu glauben, dass sich Kriminelle von einer kommunalen Verbotszone abschrecken lassen“, sagte er dieser Redaktion. „Aber das Verbot erweitert definitiv die Möglichkeiten, Waffen bei Kontrollen aus dem Verkehr zu ziehen.“
- Die Grünen hatten im Gemeinderat die Errichtung solcher Zonen beantragt. Die Verwaltung wertet aktuell gemeinsam mit dem Polizeipräsidium Zahlen der Kriminalitätsstatistik 2022 aus und will dem Gemeinderat auf Basis dessen einen Vorschlag unterbreiten. Für die Errichtung von Verbotszonen müssten etwa Daten nachweisen, dass es eine Gefährdung an bestimmten Orten gebe und eine solche Zone gerechtfertigt sei, sagte Weirauch. Zuletzt hatte die Landeshauptstadt Stuttgart die Errichtung von Waffenverbotszonen an mehreren Orten in der Stadt beschlossen.
Was bedeuten die Zahlen des Landes für die Errichtung einer Waffenverbotszone?
Weirauch, rechtspolitischer Sprecher seiner Fraktion, erklärt, dass man Waffenverbotszonen an öffentlichen Plätzen nicht ohne Grundlage errichten dürfe. Dafür brauche man etwa Daten, die nachweisen, dass es eine Gefährdung gibt und deshalb eine solche Zone gerechtfertigt ist.
Der Jurist interpretiert die Zahlen des Ministeriums „vorsichtig“ so, dass Waffenverbotszonen zumindest in Teilen der Innenstadt und in Teilen der Neckarstadt rechtlich möglich wären. „Die Zahlen der Straftaten sind dort signifikant höher als zum Beispiel in Neckarau oder auf der Schönau.“ Auch die Stadt Stuttgart hatte die Errichtung von Verbotszonen an bestimmten Orten mit einer statistischen Erfassung von Fallzahlen begründet, wie aus der öffentlich einsehbaren Beschlussvorlage des Gemeinderats hervorgeht. Dabei seien etwa Straftaten mit Messern gegen das Leben oder Sexualdelikte berücksichtigt worden. Es wäre naiv zu glauben, dass sich Kriminelle von einer Verbotszone abschrecken lassen, meint Weirauch. „Aber das Verbot erweitert die Möglichkeiten, Waffen bei Kontrollen aus dem Verkehr zu ziehen und Bußgelder zu verhängen.“
Bevor eine Waffenverbotszone beschlossen wird, müssten neben der rechtlichen aber noch weitere Fragen geklärt werden: unter anderem, wo die Waffenverbotszonen gelten, und ob es genug personelle Ressourcen gibt, diese Verbote dann auch zu kontrollieren.
Sieht Weirauch die Gefahr, dass vor allem bestimmte Gruppen kontrolliert werden und das sogenannte Racial Profiling zunimmt?
Nein. Laut Weirauch, der hier die Rechtsauffassung der Stuttgarter Polizei teilt, dürfe man in Waffenverbotszonen nicht ohne Verdacht kontrollieren. „Juristisch darf man das auch in diesen Zonen nur, wenn es tatsächlich einen Anlass dazu gibt“, erklärt er. „Wenn es Racial Profiling gibt, ist das ein Problem – es wird aber durch Waffenverbotszonen nicht verschärft.“
Mit ähnlichen Worten hatte auch Grünen-Stadträtin Christina Eberle argumentiert. Ein Sprecher der Polizei Leipzig hatte dieser Redaktion hingegen erklärt, dortige Waffenverbotszonen werden auch wieder abgeschafft, weil Kontrollen in den Zonen „in manchen Augen, auch in der Politik, als stigmatisierend gegolten“ hätten. In Köln, wo es auch Waffenverbotszonen gibt, sei der Vorwurf noch nicht aufgekommen, hatte eine Sprecherin der dortigen Polizei gesagt.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Waffenverbotszonen in Mannheim? Ein riskantes Unterfangen!