Mannheimer Seniorentage

Heidi Reichinnek begeistert auf Seniorentag in Mannheim

Auf TikTok spricht sie eher eine jüngere Zielgruppe an, nun war die Linkenpolitikerin Heidi Reichinnek zu Gast auf dem Seniorentag im Mannheimer Rosengarten.

Von 
Valerie Gerards
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Mannheim. Heidi Reichinnek mag der TikTok-Star der Partei Die Linken sein und damit ein besonders jugendliches Publikum ansprechen. Bei den Seniorentagen im Mannheimer Rosengarten erreicht die Fraktionsvorsitzende der Linken im Bundestag aber auch analog das Herz der älteren Besucher ganz locker.

„Die Coolsten sind die Senioren. Das ist nicht als Schleimerei gemeint, die sind wirklich am coolsten“, sagte Reichinnek und erntet viel Gelächter, als sie kurz darauf meint, sie sei eigentlich nicht so sehr geeignet für dieses Publikum – sie spreche viel zu schnell. „Ihr dürft mich ruhig einbremsen“, sagt sie.

Ursprünglich sollte der Vortrag in einem kleinen Saal stattfinden, doch dann findet die Veranstaltung doch im großen Musensaal statt. Der ist dann mehr als halbvoll. Während draußen weiterhin die Messestände gut besucht sind, warten drinnen die Besucher, in der überwiegenden Mehrheit ältere Menschen, auf Heidi Reichinnek. Doch es sind auch etliche junge Gesichter dabei, ein paar eingefleischte Fans, wie sich herausstellen wird, sitzen in der ersten und zweiten Reihe.

Fotosession mit Heidi Reichinnek wird in Mannheim beendet, bevor sich eine Schlange bildet

Unter ihnen sind auch fünf Schüler des Goethe-Gymnasiums in Germersheim. „Das Thema Seniorenpolitik ist von den Schülern weit entfernt. Aber sie sind totale Fans“, erklärt ihr Sozialkundelehrer Dirk Wippert. Dann kommt Reichinnek durch die Tür, Schluss mit dem Gespräch.

Die Schüler springen auf, um ein Foto mit ihr zu ergattern. Sie haben Erfolg, es gibt ein Selfie mit der linken Spitzenkandidatin bei der vergangenen Bundestagswahl, den Schülern und ihrem Lehrer. Andere wollen auch, doch die Fotosession wird beendet, bevor sich eine Schlange bildet. Reichinnek muss auf die Bühne.

Bei der Diskussionsrunde sitzt sie mit Christine Pastor, Sprecherin der Landessenioren AG Sachsen, und Lisa Pfitzmann, jugendpolitische Sprecherin und Mitglied des Parteivorstands der Linken, auf der Bühne. Es geht um Altersarmut, soziale Gerechtigkeit, Würde im Alter, bezahlbare Pflege, Wohnen und immer wieder auch um Kinder. Soziale Gerechtigkeit sei kein Kampf von alt gegen jung, sondern von reich gegen arm, sagte Moderatorin Pfitzmann. Die Forderung: ein gutes Leben für alle, kostenloses Mittagessen für alle – vom ersten Kitajahr bis zur letzten Klassenstufe – ebenso, wie eine echte Kindergrundsicherung, mit der kein Kind in Armut leben muss. Die Pflege sei nur zu retten, wenn alle in die Pflegeversicherung einbezahlen würden – auch Selbständige, Beamte und Abgeordnete.

Zur Altersdiskriminierung gehört auch digitale Termin-Vergabe

Christine Pastor spricht über die Wohnungsprobleme von älteren Menschen und Altersdiskriminierung, mit ihrem deutlichen sächsischen Akzent. „Ich hoffe, ihr versteht mich“, fragt sie charmant in die Runde. Zur Altersdiskriminierung gehöre etwa, dass ein Termin beim Amt oder beim Geldinstitut nur noch digital gemacht werden könne. „Die Digitalisierung ist wichtig, aber viele Hochbetagte stehen da außen vor.“ Diskriminierung betreffe aber auf junge Menschen, ergänzt Reichinnek. „Als junge Frau in gebärfähigem Alter einen Job zu kriegen – das ist auch nicht einfach“, konstatiert sie und hält ein Plädoyer für den Mietendeckel, für das Recht auf Wohnungstausch bei gleichbleibender Miete und sozialen Wohnungsbau. „Es darf keine Eigenbedarfskündigung für ältere Leute geben“, fordert die Abgeordnete.

Nach einer Stunde ist Schluss mit dem Vortrag, für den anderthalb Stunden angegeben war. Stattdessen soll es am Stand der Linken die Möglichkeit zur Diskussion geben. Es gibt Gedränge, viele Besucher folgen Reichinnek, Pastor und Pfitzmann, quetschen sich an den anderen Ständen vorbei, die im ersten Stock aufgebaut sind. Selfie-Zeit! Für die nächsten 30 Minuten stehen die Fans Schlange, um ein Foto mit Reichinnek zu ergattern. Sie nimmt jeden einzelnen in den Arm, lächelt strahlend in die Kamera unzähliger Handys, sagt: „Danke fürs Vorbeikommen“.

Extra aus München angereist wegen Reichinnek

Eine junge Frau überreicht ihr zwei selbstgemachte Armbänder, wechselt ein paar Worte mit ihr, ein Mitarbeiter der Linken macht Fotos. „Ich bin vor der Bundestagswahl durch sie auf die Linke aufmerksam geworden. Dann habe ich mich mit dem Thema beschäftigt, das Wahlprogramm gelesen und bin in die Linke eingetreten. Ich beschäftige mich viel mehr mit Politik“, berichtet die 18-jährige Mai. Sie ist extra aus München angereist und hat sich ein Ticket für die Seniorentage gekauft, um Reichinnek zu treffen.

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Wie empfindet die Abgeordnete den Hype um ihre Person? „Ich freue mich natürlich, dass so viele Menschen gekommen sind, um unsere Position zu hören. Ich denke, deswegen sind die Leute da. Das Foto ist so ein zusätzlicher Bonus“, meint Reichinnek. Wichtiger seien die Gespräche, der Austausch, die Vernetzung und das Aktivwerden.

Die Menschen, die zu ihr kommen, ihretwegen aktiv geworden sind und wieder an die Politik glauben, weil die Linke da wirklich einen guten Job gemacht habe, mache sie unfassbar glücklich. „Ich hoffe, dass all diese Leute wirklich aktiv sind und mit uns etwas verändern wollen. Denn ganz ehrlich: Wir werden es allein im Parlament nicht schaffen. Wir brauchen auch die Menschen in der Gesellschaft und auf der Straße.“

Freie Autorin

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