Mannheim. Zwei wichtige Plätze sind frei. Der eine ist der von Michael Grötsch auf der Dezernentenbank. Stadtoberhaupt Christian Specht entschuldigt seinen CDU-Parteifreund, der Wirtschaftsbürgermeister bemühe sich gerade in München um „Ansiedlungserfolge, die wir dringend brauchen“. Ende Februar 2024 muss Grötsch jedoch seine Bemühungen für die Stadt Mannheim einstellen. Dann endet seine Amtszeit.
Hier kommt jener Mann ins Spiel, der seinen Sitz am Donnerstagnachmittag mitten in der Sitzung räumt. Vermutlich nicht, weil Thorsten Riehle die mehr als eineinhalb Stunden lange Etatrede Spechts so gelangweilt hat. Sondern, weil es bei Tagesordnungspunkt 2 indirekt um den SPD-Fraktionschef geht: die von einigen als „Lex Riehle“ bespöttelte Ausschreibung für Grötschs Posten, in der jetzt - anders als bisher bei Dezernenten - kein abgeschlossenes Hochschulstudium mehr verlangt wird. Ein solches wird nun nur noch für „wünschenswert“ erklärt.
Als Riehle dann rund weitere eineinhalb Stunden später in den Ratssaal zurückkehrt, ist die Änderung gerade beschlossen. Nach überaus kontroverser Debatte, aber mit breiter Mehrheit. Dagegen stimmen nur Mannheimer Liste (ML), FDP und AfD. Bei der CDU enthalten sich manche, andere votieren gemeinsam mit Riehles SPD, Grünen und LI.PAR.Tie für die Neuerung.
Entscheidung soll zeitnah fallen
Für die FDP betont zwar Fraktionschefin Birgit Reinemund, sie seien gegenüber geänderten Bewerbungsvoraussetzungen für Dezernenten grundsätzlich offen. Aber nicht in diesem „Hauruck-Verfahren“, das habe “mehr als ein Geschmäckle“. Die Liberale betont: „Ein Lex Riehle machen wir nicht mit.“
Reinemunds ML-Kollege Holger Schmid spricht zwar abstrakter von einem „Lex candidatus“, stößt inhaltlich jedoch ins gleiche Horn. Es dürfe nicht der Eindruck entstehen, die an sich ja sinnvolle Neuregelung werde jetzt nur für einen bestimmten Bewerber gemacht. Das sei „ein großer Meilenstein für weitere Politikverdrossenheit“, so Schmid.
Diesen Vorwurf geben SPD-Stadtrat Reinhold Götz und später Grünen-Fraktionschefin Stefanie Heß umgehend zurück. Politikverdrossenheit schürten eher ML und FDP mit solchen Äußerungen. Götz gibt Schmid mit: „Sie können so gut wie gar nicht für sich beanspruchen, dass sie konstruktiv in der Stadtpolitik mitarbeiten.“ Der SPD gehe es mit der Neuerung darum, dass es unsinnig sei, wenn ein Oberbürgermeister mit viel höherer Verantwortung kein abgeschlossenes Studium brauche, ein Dezernent aber schon.
Mitte Dezember soll neuer Dezernent gewählt werden
Es gibt weitere Wortmeldungen aus allen Fraktionen. Specht mahnt - vor allem, wenn der Name Riehle fällt - immer wieder, es gehe nicht um eine bestimmte Person, sondern um allgemein geänderte Bewerbungsanforderungen. Zur Versachlichung der Debatte trägt das nur phasenweise bei. Es wird auch Unmut darüber laut, dass die drei größten Fraktionen nach der Kommunalwahl 2019 die Dezernenten-Posten unter sich aufgeteilt haben und die SPD nun das Vorschlagsrecht hat.
Götz kündigt darüber eine „zeitnahe“ Entscheidung an. Fraktionsgeschäftsführerin Lena Kamrad wiederholt auf Anfrage nur, die Personalie werde „noch im Oktober“ bekanntgegeben. Mitte Dezember soll der neue Dezernent dann gewählt werden. Ob das in großer Harmonie geschieht, ist sehr zweifelhaft.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Thorsten Riehle wäre als Bürgermeister eine gute Wahl