Architektur

Gute Beispiele einer wachsenden Stadt

Blickt man auf die Mannheimer Neubauten der letzten Jahren, stellen Experten spannende Trends fest. Das Marchivum präsentiert architektonische Highlights aus der Quadratestadt - bald soll noch mehr folgen

Von 
Peter W. Ragge
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Helle Klinkerfassade, breite Treppe: Der Neubau der Apotheke vom Universitätsklinikum mit Rechenzentrum ist Teil der Ausstellung © Marchivum/Bayer & Strobel Architekten Kaiserslautern

Mannheim. Es ist eine Stelle, wo man gewagte Architektur eher nicht erwartet. Und doch gibt es genau da „einen gewissen Wow-Effekt“, wie Andreas Schenk sagt. Mit diesen Worten lobt der Architektur-Experte vom Marchivum den Neubau der Apotheke und des Rechenzentrums des Universitätsklinikums, von dem eine markante, sehr breite Treppe hinauf zu dem mit Kräutern bewachsenen Dach führt.

Es ist eines der neuen, zwischen 2008 und 2023 entstandenen Gebäude, die nun Thema einer Ausstellung im Marchivum und bald auch eines Buchs sind.

Seit Mannheimer Stadtjubiläum 2007 viel gebaut

Es knüpft an die sechs Bände von „Mannheim und seine Bauten“ 1907 bis 2007 an, herausgegeben vom Mannheimer Architektur- und Bauarchiv gemeinsam mit dem Marchivum. Die Ausstellung dazu gibt es jetzt schon, das Buch – diesmal mit Farbbildern und in modernerem Design als die Vorgängerbände – wird erst im Herbst vorliegen.

Schließlich sei seit dem Stadtjubiläum 2007 in Mannheim enorm viel gebaut worden – über 300 Gebäude, so Martin Krauß, Vorsitzender des Mannheimer Architektur- und Bauarchivs. Die Stadt wächst also. „Je länger es dauerte, umso mehr haben wir entdeckt“, berichtet Krauß über die Vorbereitungen. Schließlich konzentrierte sich das Team aus Krauß, Schenk und Dennis Ewert, auf den auch das Ausstellungsdesign zurückgeht, neben herausragenden Einzelbauten auf die Entwicklung neuer Stadtquartiere wie Franklin, Spinelli, Turley und das Glücksteinquartier sowie auf Bauten im Zusammenhang mit der Bundesgartenschau.

„Wir können nicht alles abreißen“

Dabei stellte Ewert spannende Trends fest. So entwickelten sich viele Wohnungsneubauten „hin zu Häusern mit mehr Gemeinschaftsorientierung“. Der Wohnungsbau habe damit auf die zunehmende Zahl von Singlehaushalten und drohende Einsamkeit reagiert. So gebe es wieder Laubenganghäuser, die dann zu einem gemeinschaftlich genutzten Innenhof angeordnet seien, oder – teils genossenschaftliche – Wohnprojekte mit zahlreichen gemeinschaftlich nutzbaren Räumen, etwa auf Spinelli.

Öffnungszeiten

  • Die Ausstellung „Mannheim und seine Bauten 2008-2023“ läuft bis zum 27. August im Marchivum im Ochsenpferchbunker in der Neckarstadt.
  • Die Öffnungszeiten sind Dienstag, Donnerstag bis Sonntag 10 bis 18 Uhr sowie Mittwoch 10 bis 20 Uhr.
  • Der Eintritt beträgt 7 Euro bzw. 3,50 Euro ermäßigt und berechtigt zugleich zum Besuch der beiden multimedialen Dauerausstellungen „Typisch Mannheim!“ zur Stadtgeschichte seit 1607 und „Was hat das mit mir zu tun?“ zur Zeit des Nationalsozialismus in Mannheim. pwr

Auch auf den Trend zum Homeoffice oder inzwischen häufigere Brüche in Familienbiografien reagiere die Architektur, so Ewert. Ein Beispiel seien Neubauten, bei denen sich der Grundriss der Wohnungen später noch ändern lasse – um sie zu teilen oder zusammenzulegen. Zudem werde „Bauen im Bestand immer wichtiger“, so Ewert – was er begrüßt: „Wir können nicht alles abreißen und neu bauen!“

Und doch ist seit 2007 überraschend viel Neues entstanden, „mit Franklin sogar ein völlig neuer Stadtteil“, wie Andreas Schenk hervorhebt. Einst von 10 000 amerikanischen Soldaten und ihren Angehörigen bewohnt, sei das Areal nun im Endausbau für bis zu 9500 Menschen vorgesehen. Schenk nennt dies „das Ergebnis eines langen, komplizierten Planungsprozesses“. Im Ergebnis stünden restaurierte Altbauten neben Neubauten, hinzu kämen „außergewöhnliche Akzente“ in Form von Hochhäusern sowie der diagonal durch das gesamte Gebiet, auch durch Häuser, hindurch verlaufenden Europaachse.

Ungewöhnliche Glasfassade

Über die neuen Siedlungen – ob auf einstigen Militärflächen oder, wie Glückstein, auf früherem Bahnareal – hinaus hat sich das Autorentrio besonders einzelnen markanten Gebäuden zugewandt. Bei Ewert ist es etwa das neue Verwaltungsgebäude der Stadtentwässerung neben dem historischen Kraftwagenhof in der Käfertaler Straße, bei Schenk die Klinik-Apotheke.

„Spannungsreiche Akzente“ bescheinigt er dem nach Plänen des Büros Bayer & Strobel Architekten, Kaiserslautern, 2014 errichteten Komplex. Dessen helle Klinkerfassade passe zwar zu den denkmalgeschützten Altbauten im Klinikumpark, setze aber doch eigene, moderne Zeichen.

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Als gutes Beispiel für Nachhaltigkeit beim Bauen sieht Andreas Schenk den Neubau des Peter- und Traudl Engelhornhauses in C 4 an. Es ist in dreijähriger Bauzeit im Innenhof des Wohnhauses C 4,12 entstanden, wo vorne am Toulonplatz nur eine zweigeschossige, leicht geschwungene und aus 19 gewölbten Glaselementen mit Spiegeleffekten bestehende Fassade auf die neue Nutzung im Innern hinweist. „Das Gebäude bietet auch einige Überraschungen im Innern“, so Schenk mit Blick auf das zehn Meter hohe Atrium mit Lichtdecke und Empore.

Vergleich mit New York gezogen

Auch der Anbau der Kunsthalle sowie die Umwandlung vom Ochsenpferchbunker in das Marchivum fallen in den Zeitraum, dem sich die Autoren widmen – ebenso Neubauten für Schulen und Universität wie das raffiniert unterirdisch im Schlossgarten realisierte Tagungszentrum der Business School.

Die Existenzgründerzentren Cubex One und C-Hub führt Martin Krauß ebenso als beispielhafte Bauten an wie den sanierten, denkmalgeschützten Lokschuppen Lindenhof oder den vom Architekturbüro Schmucker auf spannende Weise revitalisierten alten Getreidespeicher im Hafen (Speicher 7). Schließlich nennt er das Hilton Garden Inn-Hotel am Hauptbahnhof. „Das sieht aus wie in New York“, bewundert ein Besucher der Ausstellung Fotos vom 13-geschossigen Hochhaus.

Redaktion Chefreporter

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