Mannheim. Mittwoch, 15 Uhr am Impfbus auf dem Edeka-Parkplatz in Neuostheim: Das Personal muss fünf Leute wegschicken. „Heute haben wir leider nichts mehr frei“, sagt ein Mitarbeiter. Vor dem Bus stehen weitere Menschen in der Schlange. „Die meisten kommen zum Boostern, locker 70 Prozent. Aber wir haben auch rund 20 Prozent Erstimpfungen dabei, und das zusammen ist natürlich schon übel“, sagt Peter Götz, ehemaliger Mitarbeiter des Impfzentrums. Trotzdem harrt er in der Kälte aus, bis die letzte Impfdosis gespritzt ist. Draußen vor dem Bus hat Götz seinen Schreibtisch aufgebaut, wo er Formalitäten klärt und die Impflinge willkommen heißt. Dabei kommt der Humor nicht zu kurz. „Dann mal fröhliches Piksen!“, sendet er die nächsten Besucher in den Bus.
Corona in der Region
„Noch voller kann es nicht mehr werden“, sagt Götz über den Ansturm. Seit zwei Tagen müsse der mobile Impfservice nun Nummern vergeben und Zuspätkommer wieder wegschicken. Ein motiviertes Team aus Ärztin Katja Fischer und einer Impfschwester impft täglich rund 100 Leute. Aber wer einen Termin bekommen möchte, muss früh vor Ort sein.
„Wir arbeiten an der Belastungsgrenze und können leider nicht mehr als drei Minuten für jeden Patienten einplanen“, so Fischer. Die Stimmung werde daher auch etwas schlechter, dennoch seien die Impflinge dankbar. Während die Menschen draußen geduldig auf ihren Piks warten, läuft Musik. „Hier ist durch und durch positive Stimmung, und es ist gut, dass es ein niederschwelliges Angebot ist“, lobt der 20-jährige Student Paul Heierling aus Seckenheim. Er holt sich seine Booster-Impfung ab. Dafür habe er zwar einen Termin bei seinem Hausarzt gehabt, trete den aber lieber an seine 92-jährige Großmutter ab. Weil die Hausärzte kaum Kapazitäten mehr haben, sind auch Impfbusse überlastet: „Wir haben lange gesucht. In Ludwigshafen am Impfbus haben wir vier Stunden gewartet, aber kein Glück gehabt. Deshalb sind wir hierher gekommen“, berichtet Christina Sandu aus Ludwigshafen, deren Partner sich zum ersten Mal impfen lässt.
Appelle an die Politik
Alles andere als zufrieden ist ein Mann, der sich am Donnerstag vor der SAP Arena seine Booster-Spritze im Impfbus abholen und seinen Namen nicht in den Medien lesen möchte. Lange Wartezeiten, zu wenig Impfdosen, moniert er. Für die Erstimpfung sei lange genug Zeit gewesen. „Jetzt sollte man sich um die kümmern, die impfwillig sind und ihre dritte Impfung möchten.“
Ob nervös, herzlich, dankbar, ungehalten - Impfbusmitarbeiter Götz erzählt, dass die allermeisten Menschen unzufrieden seien, dass Baden-Württemberg das Impfzentrum geschlossen hat. „Hier können pro Woche weniger als 1000 Menschen geimpft werden“, äußert sich ein älterer Herr aus Feudenheim empört, während er seinen Booster erhält. Geschlossene Impfzentren, langes Warten - das ist für ihn ein Versagen der Politik. „Ich finde, dass seitens der Politik viel zu spät reagiert wird“, so Conny Schäfer, 47-jährige Erzieherin aus Friedrichsfeld. „Im Sommer in den Problemvierteln, da war der Impfbus super, aber jetzt ist es leider nur noch eine Massenabfertigung. Wir bräuchten dringend ein Impfzentrum“, appelliert auch Katja Fischer. (mit lok)
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