Mannheim. An diesem Dienstag ist es eine Woche her, dass die Stadt den Fahrlachtunnel für den Verkehr komplett gesperrt hat. Bis auf einige Staus am ersten Tag ist das ganz große Verkehrschaos (bislang) ausgeblieben. Trotzdem befürchten die Industrie- und Handelskammern (IHK) links und rechts des Rheins Beeinträchtigungen vor allem für die Innenstadtwirtschaft. „Die Unternehmen der Region sehen sich derzeit mit vielen Herausforderungen konfrontiert und leiden noch immer unter den Auswirkungen der Corona-Pandemie“, schreiben die Präsidenten Manfred Schnabel (IHK Rhein-Neckar) und Albrecht Hornbach (IHK Pfalz) in einem gemeinsamen Brief an die Oberbürgermeister von Mannheim, Peter Kurz, und Ludwigshafen, Jutta Steinruck, den Verbandspräsidenten Stefan Dallinger sowie die Bürgermeisterinnen und Vorsitzenden der Gemeinderatsfraktionen.

Unternehmen brauchen Zeit
Der im Juli geschlossene „Mobilitätspakt Rhein-Neckar“ für die ganzheitliche Koordination des Verkehrs in der Region werde durch die aktuelle Verkehrssituation in Mannheim einer Nagelprobe ausgesetzt. „Eine rasche Kommunikation und Abstimmung zwischen allen Beteiligten in der Region und insbesondere den beiden Kommunen sind aus unserer Sicht dringend erforderlich“, so Schnabel und Hornbach. Solange keine Maßnahmen auf den Weg gebracht seien, die die Verkehrssituation entschärfen, müssten weitere Zusatzbelastungen für die Wirtschaft vermieden werden.
Ein solches „Belastungsmoratorium“ könne den Unternehmen die dringend benötigte Zeit geben, um sich weiter von den Pandemie-Auswirkungen zu erholen und auf die veränderte Verkehrslage mit den entsprechenden Auswirkungen einzustellen. „Wir appellieren an Sie, der Sie regionalpolitische Verantwortung tragen, mit der notwendigen Flexibilität die aktuellen Verkehrsprobleme anzugehen und so den ’Restart’ der regionalen Wirtschaft zum Erfolg werden zu lassen“, schreiben die Kammerpräsidenten.
Der Fahrlachtunnel
- Nach sechs Jahren Bauzeit wurde der Fahrlachtunnel im April 1994 eröffnet. Mit umgerechnet 80 Millionen Euro war er das bis dahin teuerste Straßenbauprojekt in Mannheims Geschichte. Vor dem Spatenstich 1988 war fast zehn Jahre lang darüber diskutiert worden. Gebaut wurde er von Bilfinger Berger.
- Anfangs wurde der Tunnel von den Autofahrern nicht angenommen. Gezählt wurden nur rund 30 000 Fahrzeuge pro Tag. Heute nutzen ihn bis zu 60 000.
„Innenstadt ist erreichbar“
Gleichzeitig bieten sie ihre Mithilfe an und unterbreiten den Kommunalpolitikern Vorschläge, um die Situation zu verbessern. Ausgehend vom Mobilitätspakt schlagen sie kurz-, mittel- und langfristige Maßnahmen für den Kernraum der Metropolregion vor. Kurzfristig müsse das Baustellenmanagement mit der Region verzahnt werden. Aktuelle und geplante Baumaßnahmen rechts- und linksrheinisch sollten geprüft, bewertet und – wenn nötig – verschoben werden.
Für Kunden, Wirtschaftsverkehre und Arbeitnehmer müsse die Botschaft lauten: „Besucher und Kunden sind willkommen, die Innenstadt ist erreichbar.“ Bei allen Baumaßnahmen sollte geprüft werden, wie sie beschleunigt werden können, etwa durch Arbeiten in der Nacht oder an Sonntagen.
Durchgangsverkehre sollen weiträumig über möglichst baustellenfreie Hauptachsen gelenkt werden, um die Innenstädte zu entlasten. Staus sollen vermieden und der Verkehrsfluss verbessert werden, etwa durch verbesserte Ampelschaltungen, Verkehrslenkungssysteme und digitale Echtzeitinformationen.
Alle kritischen Verkehrsinfrastrukturen im Kernraum der Region müssten „rasch auf Ausfallsicherheit überprüft werden“. Mittelfristig sollten – wo es möglich ist – städtische und regionale ÖPNV-Linien angepasst und Takte verdichtet werden. Innovative Projekte wie eine Seilbahn über den Rhein oder Micro-Hubs auf Schiffen „müssen auf Machbarkeit geprüft werden“. Die Kammern fordern, einen Arbeitskreis „Innenstadt-Logistik“ mit der Mannheimer Verwaltung und den Akteuren des Wirtschaftsverkehrs zu gründen.
Dort sollten die aktuellen Probleme diskutiert, Lösungen gefunden und damit die innerstädtische Logistik optimiert werden. Wie schon Heidelberg oder Stuttgart sollte Mannheim einen Wirtschaftsverkehrsbeauftragten einsetzen, um die Belange auch des rheinquerenden Wirtschaftsverkehrs nicht nur kurzfristig, sondern dauerhaft gebündelt und frühzeitig in städtische Planungen einzubinden.
Langfristig müsse eine weitere Rheinquerung im Kernraum der Region zeitnah geprüft werden, um ausreichende Kapazitäten für den rheinquerenden Ost-West-Verkehr zu schaffen. Außerdem sollten Aus-, Neubau- und Erhaltungsmaßnahmen rasch angegangen werden, um die Innenstädte vom Durchgangsverkehr zu entlasten.
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