Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Verschobene Innenstadt-Sperrung: Schmerzlich, aber vernünftig

Es hatte sich nach der Vollsperrung des Fahrlachtunnels bereits abgezeichnet, dass der geplante Verkehrsversuch zu einer autofreieren Mannheimer Innenstadt kräftig wackelt. Es ist schmerzlich, aber vernünftig, wenn die Stadtverwaltung das Projekt nun etwas verändert und mit der Sperrung der Durchfahrt von Fressgasse und Kunststraße noch ein halbes Jahr wartet.

Denn zu den Auswirkungen der Tunnel-Sperrung auf den Verkehr in Mannheim gibt es derzeit einfach noch zu wenig Klarheit. Sicher, das ganz große Verkehrschaos ist zunächst ausgeblieben. Aber was, wenn die Sommerferien zu Ende sind und wieder mehr Menschen in die Büros fahren? Würde man durch eine Sperrung von Kunststraße und Fressgasse einen gerade jetzt wichtigen Weg durch die City dicht machen? Oder wäre – gerade im Gegenteil – eine Sperrung dringend nötig, um die Innenstadt-Bewohner vor noch mehr Autoverkehr zu schützen? Über diese Fragen wird es in ein paar Monaten mehr Klarheit geben, auch wenn der Fahrlachtunnel dann immer noch zu ist.

Ein Kompromiss

Beim Verkehrsversuch wollten die Experten vor allem auch sehen, ob bei einer Sperrung von Fressgasse und Kunststraße der Innenstadtring überhaupt in der Lage ist, die zusätzlichen Autos aufzunehmen. Um hier aussagekräftige Ergebnisse zu bekommen, sind einigermaßen „normale“ Bedingungen auf dem Ring nötig. Die sind zumindest derzeit nicht vorhanden, wie der zuständige Bürgermeister Ralf Eisenhauer (SPD) betont. Eine Auswertung wäre deshalb schwierig.

Doch zum Verkehrsversuch gehört ja nicht nur die Sperrung der City-Durchfahrt. Sondern auch, für mehr Aufenthaltsqualität in der Innenstadt zu sorgen. Nach der Devise: mehr Sitzgelegenheiten, mehr Freiflächen, mehr Grün, dafür weniger an der Straße parkende Autos. Es ist gut, dass die Stadt zumindest diesen Part trotz der Tunnel-Sperrung gleich angeht. Damit ist das am Dienstag verkündete Vorgehen ein Kompromiss: Den Verkehrsversuch etwas verändern, ohne ihn aber auf den Sankt Nimmerleinstag zu verschieben. Denn dafür ist das Projekt zu wichtig auf dem Weg zu einer autofreieren Gesellschaft.