Mannheim. „9/11“ - dieser Tag ist seit 2001 untrennbar mit den Terroranschlägen auf das World Trade Center in New York verwoben. Mannheim hatte 19 Jahre zuvor „seinen“ schwarzen 11. September: Als bei den Luftschiffertagen anlässlich des 375. Stadt-Geburtstages ein Hubschrauber mit 46 Menschen, darunter 39 junge Fallschirmspringer, abstürzte. An die Opfer wird an diesem Montag um 11 Uhr an der Stele auf dem Neuostheimer Flugplatz gedacht.
Damals, am 11. September 1982, ahnte natürlich niemand, dass es sechs Jahre später im pfälzischen Ramstein erneut eine Flugtragödie geben würde - mit mindestens 70 Toten und hunderten Schwerletzten. An den 35. Jahrestag des Flugschauunglücks hat der „MM“ gerade (am 28. August) erinnert. Bekanntlich sind die zwei folgenschweren Ereignisse durch unterschiedliche Ursachen ausgelöst worden. Gleichwohl gibt es Parallelen.
Hochsommerliche Volksfeststimmung, sie herrschte sowohl 1982 auf dem Neuostheimer Flugplatz wie 1988 auf der Air Base Ramstein. Bei beiden Veranstaltungen blickten Menschen zwar erwartungsvoll gespannt, aber arglos zum blauen Himmel: 1982 wollten sich Fallschirmspringer aus drei Nationen bei einer luftigen Massenformation symbolträchtig die Hände geben. 1988 sollte eine Flugfigur das Schauprogramm spektakulär beenden.
Die so ungleichen Katastrophen verbindet, dass sie von jetzt auf gleich ihren Lauf nahmen. Nicht etwa Berufsanfänger, nein, erfahrene Piloten saßen jeweils am Steuer. Der 43-jährige US-Offizier, der während des Vietnamkrieges riskante Helikopter-Einsätze zur Rettung von Soldaten geflogen hatte, bemerkte zwar bei der mit Fallschirmspringern und einem Kamerateam voll besetzten „Chinook“ Probleme bei der Balance und kündigte die Rückkehr zum Boden an. Aber die Dimension der Kettenreaktion als Folge verstopfter Öldüsen durch winzige Nussschalenpartikel vermochte er nicht zu erkennen.
Zur Elite seiner Zunft gehörte auch jener Soloflieger, der bei der Ramstein-Flugschau ein Herz aus Kondensstreifen durchstoßen und dabei neun andere Jets der italienischen Flugstaffel überqueren sollte. Obwohl den 38-Jährigen mehr als 4000 Flugstunden, darunter im „Starfighter“, auszeichneten, erreichte er den Kreuzpunkt der Kunstfigur vier Sekunden zu früh, außerdem zu tief - was die Kollision auslöste, die Kerosin „regnen“ und Wrackteile „hageln“ ließ.
Nur durch Zufall überlebt
Der Rückblick offenbart als weitere Gemeinsamkeit: Zufälle spielten Schicksal. Beispielsweise kletterte auf dem Neuostheimer Flugfeld ein Walldörfer Fallschirmsportler aus dem Helikopter wieder heraus, weil er mit seiner Freundin beim zweiten Trainingsflug gemeinsam springen wollte. Dass ein anderer an seiner Stelle in den Tod stürzte, sollte ihn nie mehr loslassen. Auch in Ramstein entschieden Banalitäten über Glück im Unglück: Ein Besucher schilderte später, dass er die auf ihn zurollende Feuerwalze nur überlebte, weil er in der Nähe eines Containers stand, hinter den er sich flüchten konnte.
Und noch etwas verbindet die beiden Tragödien: Viele Menschen hätten psychologische Hilfe gebraucht. Aber die gab es nicht, jedenfalls nicht von offizieller Seite. Es war ein Ehepaar mit therapeutischer Ausbildung, das nach der Ramstein-Katastrophe diese Lücke füllte und dafür sorgte, dass heutzutage bei Unglücken auch Verletzungen der Seele behandelt werden.
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