Was ist eine Doula?
Lucie Spettmann ist seit 2020 Doula, seit 2022 sogar hauptberuflich. „Eine Doula ist eine nicht-medizinische Begleitung rund um Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett“, erklärt sie. Doulas leisten eine kontinuierliche Einzelbegleitung. Während die Hebamme bei der Geburt zum Beispiel den Raum verlässt, weil sie mehrere Frauen betreut, bleibt die Doula die ganze Zeit an der Seite der Frau. Die Berufsbezeichnung ist allerdings kein geschützter Begriff.
Was macht eine Doula?
Doulas begleiten Frauen mental, physisch und emotional. Die bedeutet zum Beispiel, Kontakte zu vermitteln: In welchen Kliniken ist eine Geburt mit Baby in Beckenendlage möglich? Oder aber auch das Wochenbett zu organisieren. Was hilft, wenn die Mutter zu wenig schläft? Einige Doulas übernehmen sogar Aufgaben im Haushalt, kochen oder putzen in der Zeit des Wochenbetts.
Was unterscheidet eine Doula von einer Hebamme?
Melanie Schöne vom Verein Doulas in Deutschland betont, dass Doulas Hebammen nicht ersetzen. Damit die Abgrenzung zum Hebammen-Beruf deutlich ist, sei die Aufklärung über die Tätigkeit als Doula sehr wichtig. Außerdem müssten Doulas ihre Grenzen kennen. Hierfür weist der Verein einen Doula-Knigge aus und gibt eine Doula-Ethik vor. Auch Sylvia Fischer erklärt als Vereinsvorsitzende des Doula Verbunds Deutschland: „So wie eine Doula niemals eine Hebamme ersetzt, ersetzt eine Hebamme keine Doula.“ Sie hebt außerdem hervor, dass Doulas und Hebammen unterschiedliche Tätigkeiten ausüben würden. „Wir haben uns entschieden, diese geschürte Diskussion nicht weiter oder länger zu befeuern. In jedem Berufsumfeld gibt es Menschen, die gegeneinander auftreten und andere in Frage stellen und sich für besser, richtiger oder wichtiger halten“, so Fischer. „Doulas nehmen niemandem Arbeit weg und stehen auch mit niemandem in Konkurrenz“, schreibt Fischer in einem Blog-Eintrag. „Die systemischen Probleme, mit denen Hebammen sich konfrontiert sehen, sind nicht von Doulas verursacht, und Doulas sind auch nicht deren Lösung.“ Auch Schöne vom Verein Doulas in Deutschland betont diesen Umstand: „Es gibt in der Doula-Tätigkeit nichts, was in den Arbeitsbereich der Doula hineinfällt und die Hebamme in ihrer Arbeit beschränken würde.“
Zur Person: Doula Lucie Spettmann
- Lucie Spettmann hat von 2019 bis 2020 in Österreich die Ausbildung zur Doula absolviert. Sie hat Ethnologie studiert und vor Beginn ihrer Doula-Ausbildung ein Praktikum im Kreißsaal gemacht.
- Seit 2022 ist sie hauptberuflich als Doula tätig und betreut Frauen rund um die Region Heidelberg und Mannheim. Spettmann bietet die Begleitung auch in englischer Sprache an.
- Als Doula spricht Spettmann mit Frauen auch über Erwartungsdruck zur Schwangerschaft. „Ein Realitätscheck ist ganz wichtig. Die Schwangerschaft und Geburt erlebt nicht jeder als schön.“
- Außerdem bietet Spettmann an, Frauen in der Zeit nach einer Fehlgeburt zu begleiten. vs
Wer kontaktiert Doulas?
Laut Spettmann lassen sich die Frauen in drei Gruppen unterteilen. Einerseits Frauen, die schwierige Geburtserfahrungen erlebt hätten sowie andererseits Erst-Gebärende, für die die Schwangerschaft eine neue Erfahrung ist. Außerdem gebe es Frauen, „die erst zu einem späteren Zeitpunkt innerhalb ihrer Schwangerschaft von Doulas erfahren und sich dann für die Begleitung entscheiden“. Laut Schöne vom Verein Doulas in Deutschland würden sich auch Frauen an Doulas wenden, die Erfahrung mit sexueller Gewalt hatten und sich vor allem im Rahmen von vaginalen Untersuchungen während der Schwangerschaft von einer Doula begleiten lassen wollen.
Was kostet eine Doula?
Spettmann schreibt die Preise für ihre Angebote im Gegensatz zu anderen Doulas transparent auf ihrer Webseite aus. Das günstigste Angebot beginnt bei 450 Euro. Das Basis-Paket kostet 949 Euro. Darin beinhaltet sind unter anderem 14 Tage Rufbereitschaft vor der Geburt und zehn Tage nach dem errechneten Geburtstermin. Spettmann erstellt einen Geburtsplan, begleitet bei der Geburt und zeigt der Schwangeren Atemtechniken oder auch Geburtspositionen. Außerdem ist sie die ganze Zeit per Handy erreichbar. „Das klingt anfangs immer teuer für viele. Aber dauerhaft Ansprechperson zu sein kostet viel Zeit Zeit, besonders die knapp vierwöchige ständige Rufbereitschaft.“ Doulas würden sich untereinander austauschen, um faire Preise zu gestalten.
Was sagen Hebammen zum Berufsbild der Doula?
Der Hebammenverband Baden-Württemberg vertrete keine offizielle Haltung gegenüber dem Berufsbild der Doula. „Das Thema wird kontrovers diskutiert“, sagt die Zweite Landesvorsitzende Luisa Seibert. Es gebe sehr gute Kooperationen zwischen Hebammen und Doulas, allerdings auch Fälle, in denen sich die Berufsbilder überschneiden. Deshalb sei laut Seibert die Abgrenzung der Berufe voneinander sehr wichtig. „Aufgaben, die Hebammen ausüben, sind ihnen vorbehaltene Tätigkeiten“, betont Seibert. Eine Doula darf daher keine Aufgaben übernehmen, die in den Zuständigkeitsbereich der Hebamme fallen – vor allem, weil Doulas dafür nicht medizinisch ausgebildet werden.
„Eigentlich wollen Hebammen Frauen so betreuen, dass es Doulas nicht braucht.“
Kompensieren Doulas den bestehenden Hebammen-Mangel?
„Doulas kompensieren den Zeitmangel. Hebammen ist es beispielsweise wegen der oft dünnen Personaldecke nicht möglich, Frauen so intensiv zu betreuen, wie sie gerne würden“, führt Seibert aus. „Eigentlich wollen Hebammen Frauen so betreuen, dass es Doulas nicht braucht.“ Der Hebammenverband sehe vor allem die Politik in der Verantwortung, um bessere Arbeitsbedingungen für Hebammen zu schaffen. Als problematisch bewertet Seibert außerdem die Privatisierung, da die Kosten für eine Doula selbst bezahlt werden müssen. Abgerechnet werden die Termine einer Hebamme wiederum per Pauschale über die gesetzlichen Krankenkassen. Diese Pauschale liegt bei 38 Euro.
Wie viele Doulas sind in der Region Mannheim tätig?
Über die Suchfunktion des Vereins Doulas in Deutschland wird ausgespielt, wie viele Doulas es in der Region gibt. Rund um Mannheim sind zehn Frauen als Doulas tätig. Laut Hebammenverband Baden-Württemberg sind in Mannheim dem gegenübergestellt derzeit 71 Hebammen beim Verband gemeldet, acht davon in Ausbildung, sechs weitere in Elternzeit bzw. im Ruhestand.
„Wenn Doulas in Kliniken angestellt wären, könnten sie nicht mehr frei und unabhängig arbeiten“
Und wie viele Doulas gibt es insgesamt in Deutschland?
Die Vereine Doulas in Deutschland und der Doula Verbund Deutschland schätzen, dass es zwischen 500 bis 600 Doulas in Deutschland gibt – Tendenz steigend, das bestätigen beide Vereine. Das Bewusstsein rund um das Thema Geburt nehme zu und damit auch die Entscheidung, sich von einer Doula begleiten zu lassen. Außerdem, so die Vereine, würden sich immer mehr dazu entscheiden, eine Ausbildung zu machen, um Doula zu werden.
Wie wird man Doula?
Die Ausbildung zur Doula wird in Deutschland privat von Vereinen organisiert. „Uns sind derzeit zwölf Ausbildungsstätten bekannt“, teilt Sylvia Fischer vom Doula Verbund Deutschland mit. Die Zahl der Ausbildungsstätten würden zunehmen.
Ist die Ausbildung zur Doula bundesweit geregelt?
Nein. Die Ausbildung ist nicht staatlich anerkannt. Außerdem sind die Ausbildungskurse, um Doula zu werden, kostenpflichtig.
Voraussetzungen, um Doula werden zu können, gibt es aber trotzdem. Wie sehen diese aus?
Viele Ausbildungsstätten sehen ein Mindestalter von 25 Jahren vor und dass Frauen, die Doula werden wollen, selbst schon ein Kind geboren haben. „Man soll eine gewisse Lebenserfahrung mitbringen. Die Geburtserfahrung kann durch nichts ersetzt werden, aber in einem Kreißsaal-Praktikum kann eine Frau für sich rausfinden, ob ihr die Begleitung als Doula gelingt, so Schöne vom Verein Doulas in Deutschland.
Sollte der Beruf der Doula staatlich anerkannt werden?
„Wenn Doulas in Kliniken angestellt wären, könnten sie nicht mehr frei und unabhängig arbeiten“, meint Schöne vom Verein Doulas in Deutschland. Doulas sollten vertraute Ansprechpartnerin der Frauen sein und dabei stets eine individuelle Begleitung ermöglichen.
Wie viel arbeitet eine Doula?
Doulas bieten ihre Leistungen auf selbstständiger Basis an. Da sie kontinuierlich begleiten, können sie nicht zu viele Frauen gleichzeitig betreuen. „Wenn eine Doula bei acht bis zehn Geburten im Jahr dabei ist, ist das eine realistische Zahl“, so Schöne vom Verein Doulas in Deutschland. Daher sind die meisten nebenberuflich als Doula tätig. Um nur vom Beruf als Doula leben zu können, müssen Doulas laut Schöne ihr Angebotsportfolio erweitern. So wie Spettmann. Sie begleitet Frauen auch zum Thema Fruchtbarkeit und ist zertifizierte NFP-Beraterin (Natürliche Familienplanung).
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