Mannheim/Heidelberg. Immerhin gibt es jetzt einen neuen Begriff. Vor den nicht ganz so einprägsamen Namen „Health & Life Science Alliance Heidelberg Mannheim“ stellen sie jetzt noch „Innovationscampus“. Wenn Theresia Bauer dieses Wort sagt, meint man, im Videostream von der Pressekonferenz die Augen der Grünen-Wissenschaftsministerin jedes Mal richtig aufleuchten zu sehen. Vielleicht ja, weil von jenem „Innovationscampus“ auch die neben ihr sitzende CDU-Kollegin Nicole Hoffmeister-Kraut schwärmt. Und nicht nur die Wirtschaftsministerin steht nun hinter dem von Bauer maßgeblich angeschobenen Projekt, sondern offensichtlich die gesamte Landesregierung. Sonst hätte das Kabinett jetzt kaum weitere 40 Millionen Euro Starthilfe beschlossen.
Außenstelle von Heidelberg
Das ist nicht zuletzt für Mannheim eine gute Nachricht. Hier weiß man ja, was in der fast einstündigen Jubel-Prosa am Montag in Stuttgart nur ganz am Rande anklingt: dass es in Wirklichkeit nicht den einen „Innovationscampus“ gibt, sondern zwei Campus. Und einer davon soll dann nicht mehr „Universitätsmedizin Mannheim“ heißen, sondern „Universitätsmedizin Heidelberg, Campus Mannheim“. Dass das hiesige Klinikum – für viele Alteingesessene immer noch „s’ Städdische“ – dann nur noch eine Außenstelle ist, mag man aus lokalpatriotischer Sicht bedauern. Aus lokalpolitischer und vor allem finanzieller Sicht, darin sind sich auch alle im Gemeinderat einig, wäre der damit verbundene Übergang in die alleinige Trägerschaft des Landes indes ein Segen.
Ursprünglich sollte die Fusion schon zum 1. Januar 2022 erfolgen. Doch so schnell ließ sich das in der grün-schwarzen Koalition nicht erreichen. Obwohl sich dies dann bald abzeichnete, hielten die Verantwortlichen offiziell am Zieldatum fest. Jetzt bestätigt Oberbürgermeister Peter Kurz indes dem „MM“, es gebe einen neuen Zeitplan: In Anbetracht der Verfahrensabläufe strebe die Stadt nun 1. Januar 2023 an.
Die jetzt beschlossenen Fördermittel für die Allianz nennt Kurz „ein wichtiges Signal der Landesregierung, dass sie den Ausnahmestatus anerkennt, den die Region an Rhein und Neckar im Bereich der Gesundheits- und Lebenswissenschaften innehat“. Nirgendwo sonst in Deutschland gebe es eine derartige Dichte an renommierten Forschungseinrichtungen, exzellenter Universitätsmedizin und thematisch angrenzenden Industrien.
Das Projekt
Die Universitätskliniken Mannheim und Heidelberg wollen fusionieren. Alleiniger Träger wäre dann das Land.
Bisher ist das Mannheimer Klinikum eine städtische Tochter. Das Land ist aber bereits über die Medizinische Fakultät – eine Außenstelle der Uni Heidelberg – mit im Boot.
Zusammen hätten die Klinika mehr als 3300 Betten (1988 in Heidelberg und 1352 in Mannheim). Damit wären sie noch größer als die Berliner Charité, als bisherige Nummer 1 in Deutschland, die an vier Standorten insgesamt rund 3000 Betten hat.
Mit der Fusion soll eine Allianz gegründet werden, an der auch vier sehr renommierte Einrichtungen aus dem Gesundheitsbereich beteiligt sind: das Zentralinstitut (ZI) für Seelische Gesundheit in Mannheim sowie das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ), das Max-Planck-Institut für Medizinische Forschung und das Europäische Molekularbiologie-Laboratorium (EMBL) aus Heidelberg. sma
Betriebsrat hat noch Fragen
Auch Mannheimer Landtagsabgeordnete begrüßen auf Anfrage die Förderung. Die Grüne Elke Zimmer nennt die Allianz „einen Meilenstein in Sachen Gesundheitswirtschaft“. Mit dem Innovationscampus werde die Region zukünftig weltweit zu den Topadressen gehören. Zimmers Parteikollegin Susanne Aschhof erhofft sich neben einem nachhaltigen Nutzen für den Wirtschaftsstandort auch positive Auswirkungen auf die Gesundheit der Menschen.
Sozialdemokrat Stefan Fulst-Blei bezeichnet die 40 Millionen Euro als „gut angelegtes Geld“, aber auch nur als ersten Schritt, um die Region innovativ und zukunftssicher aufzustellen. „Wichtig ist, die Beschäftigten und ihre Interessenvertretungen von Anfang an einzubeziehen, um rechtzeitig notwendige Personalentwicklungsprozesse zu initiieren und Ängste zu nehmen.“
An diesem Punkt sieht der Klinikum-Betriebsrat offenbar noch Nachholbedarf. Der Vorsitzende Ralf Heller begrüßt zwar ebenfalls die Unterstützung des Landes für den Innovationscampus. Aber: „Wir erwarten von der Landesregierung ein klares Bekenntnis zur Weiterentwicklung unseres Krankenhauses. Dies bedeutet, dass uns das Land Baden-Württemberg als Universitätsklinikum übernimmt und die notwendigen Investitionskosten trägt.“ Der Betriebsrat habe beschlossen, die Landesregierung in diesem Sinne anzuschreiben und Ministerpräsident Winfried Kretschmann ebenso wie Ministerin Bauer einzuladen.
Die notwendigen Investitionskosten – speziell der geplante Groß-Umbau „Neue Mitte“ – gelten als Hauptgrund, warum das Land bisher gezögert hat, sich klar zur Fusion der Uniklinika zu bekennen. Daher dürfte die Stadt nicht umhinkommen, sich an der Finanzierung zu beteiligen. Das müsste sie aber auch, wenn das Klinikum doch noch in kommunaler Trägerschaft bliebe.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Fusion des Mannheimer Klinikums mit Heidelberg bringt allen Vorteile