Neues Spendenbüro - Bahnhofshelfer richten Sammelstelle in FDP-Wahlkreisbüro ein / Aktuelle Bedarfslisten hängen an den Fensterscheiben aus

Flucht aus der Ukraine: Was die Mannheimer Bahnhofshelfer jetzt brauchen

Von 
Lea Seethaler
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Das „Spendenbüro“-Team vor den gefüllten Regalen (oben, von links): Günther Jakob, Daniel Tihonov, Ines Finger und Volker Beisel. Untere Reihe (neben dem Elch von links:) Giulia Vitali, Viktoria Ovcharova und Natice Orhan-Daibel. © Privat

Mannheim. Seit Wochen versorgen die Mannheimer Bahnhofshelfer ukrainische Geflüchtete am Hauptbahnhof - meist abends und in der Nacht. Spenden für die Bahnhofshelfer können nun gezielt abgegeben werden. Im neuen „Spendenbüro“ in der Traitteurstraße 40, wie Helferin Natice Orhan-Daibel berichtet.

Das neue Spendenbüro entstand, weil Orhan-Daibel auf der Suche nach einem „Lager“ in Bahnhofsnähe war, in dem Helfer Ausstattung und Vorräte für die Arbeit am Gleis deponieren können. Die Ausstattung der Helfer besteht etwa aus Taschen, in denen Snacks, Getränke, Suppen, Becher, Windeln, warme Kleidung und Spielzeug für die Geflüchteten sind.

Das wird gebraucht, Abgabetermine und Helfer gesucht

  • Spendenabgabetermine sind montags von 16 bis 18 Uhr und mittwochs von 14 bis 16 Uhr. Zu diesen Zeiten können auch Spenden im Büro abgegeben werden. Dazu wird es aktualisierte Bedarfslisten geben, die dann an den Schaufenstern hängen und auf Facebook (Bahnhofshelfer Mannheim) veröffentlicht werden.
  • Aktueller Bedarf am Bahnhof: Snacks, etwa Suppen (5-Minuten-Terrinen), Obst (zum Beispiel Bananen, Mandarinen), Schokolade, Lollies, Kekse, Süßigkeiten, Nudeln, haltbare Lebensmittel.
  • Getränke: Wasser (wenn möglich ohne Pfand), Saftpacks.
  • Hygieneartikel: Hand- und Gesichtscreme, Zahncreme, Zahnpasta, Deos (für Damen und Herren), Damenhygiene, Wattepads, Wattestäbchen, feuchte Reinigungstücher, Duschgel, Shampoo.
  • Für Babys: Windeln, Babygläschen, Babyhygiene.
  • Sonstiges: Buggys für Kinder, Rollenkoffer, Rucksäcke, Barbiepuppen, Puppen, Autos, Spielsachen (Lego u.Ä.), Malstifte, Malblöcke, Einweglöffel, Einwegsuppenschalen.
  • „Bitte keine Kleidung!“, betont Orhan-Daibel.
  • Interessierte, „egal, ob mit russischen oder ukrainischen Sprachkenntnissen“, können sich bei Orhan-Daibel melden. „Wir sind meistens ab 19.30 Uhr dort. Vorherige Absprache mit mir wäre gut“, so die Helferin.
  • „Wir freuen uns auch über Helfer, die im Spendenbüro mitmachen können beim Annehmen, Sichten, Sortieren und Ausgabe der Spenden.“ Kontakt: 0176/21 61 91 87 (auch WhatsApp). 

 

Das Büro ist indes keine unbekannte Adresse. Genauer ist es das Wahlkreisbüro des FDP-Bundestagsabgeordneten Konrad Stockmeier. Er sagt: „Als wir gesehen haben, dass die Bahnhofshelfer wieder aktiv geworden sind, haben wir sofort geschaut, ob wir irgendwas in Bahnhofsnähe anbieten können.“ Nichts lag da im wahrsten Sinne des Wortes näher als das Wahlkreisbüro.

Trotz kaum Schlaf wieder am Gleis

„Sie haben das Büro schnell und mit Freude angenommen und waren sehr dankbar. Es war uns wichtig, dass das für sie auch wirklich nützlich ist“, so Stockmeier. Die Wahlkreisgeschäfte würden im Büro trotzdem weiter gehen, so der Abgeordnete. Die Mitarbeitenden „arbeiten in einem Raum, das Lager ist im Vorraum“, beschreibt er. „Da ist so viel Platz, das reicht. Sie können in Ruhe weiterarbeiten.“ Stockmeier betont zudem: „Es war mir auch wichtig, dass ich mit den Bahnhofshelfern in Kontakt sein kann, mitkriege, was los ist.“ Und er fügt hinzu: Ich habe den höchsten Respekt vor dem, was sie da aktuell leisten.“

So sieht es im Spendenbüro aus. © Privat

Seit Wochen verbringen die Bahnhofshelfer viel Zeit an Mannheims Verkehrsknotenpunkt. Manchmal kommen große Menschengruppen mitten in der Nacht an. Da sorgen die Helfer auch für zwischenmenschliche Wärme, oft auch für Halt und Trost, wie aus Orhan-Daibels Schilderungen hervorgeht. Obwohl viele Helfer in den letzen Tagen kaum schlafen, schleppten sie sich wieder zum Bahnhof. Orhan-Daibel berichtet etwa von einem ihrer Übersetzer, „der total übermüdet dann doch wieder am Gleis stand“, obwohl er sich eigentlich eine Nacht ausruhen wollte. Sie tun es für die Menschen, sagt Orhan-Daibel.

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Die Mannheimerin berichtet im Netz von den Erlebnissen am Bahnhof. Schreibt etwa: „Ein kleiner Junge sagte zu einem unserer Helfer: ,Ich bin fast gestorben vor Hunger.’“ Und tippt weiter in Richtung der Mannheimer: „Alle bekamen dank eures ,Dönergelds’ Döner’. Alle hatten großen Hunger, da hätten Suppen oder Sandwiches nicht gereicht.“ Das Dönergeld, dass sie anspricht, sind Spenden, die Mannheimer Bürgerinnen und Bürger bei den Bahnhofshelfern in Umschlägen abgeben.

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In letzter Zeit hatten die Helfer „auch sehr viele Spenden gesammelt, die privat bei mir und einer anderen Bahnhofshelferin untergestellt waren“, beschreibt Orhan-Daibel. „Inzwischen haben wir so viele tolle Dinge bekommen, die wir nicht am Hauptbahnhof weitergeben können, die aber Menschen, die gerade erst in Mannheim angekommen sind, brauchen.“ Gut, dass dann Stockmeier und sein Wahlkreisbüroleiter und Kommunalpolitiker Volker Beisel auf sie zugekommen seien. Denn auch da kommt das Spendenbüro und damit die organisiertere Hilfe gerade recht.

Am Büro: Die Ausgabezeiten. © Privat

Mittlerweile habe es im neuen „Spendenbüro“ auch schon eine Spendensammlung für einen Transport in die Ukraine gegeben. „Und jetzt dürfen wir den Vorderraum auch als Ausgabestelle nutzen, weil wir einfach viel zu viele und gute Dinge erhalten, die wir unkompliziert weitergeben möchten“, freut sie sich.

„Wir möchten Frieden“

„Giulia Vitali, eine unserer Bahnhofshelferinnen hat die Organisation und Aufbau übernommen“, so Orhan-Daibel stolz. Und wie lange wird es das „Spendenbüro“ nun geben? Konrad Stockmeier sagt: „Die sollen da jetzt mal so lange sein, wie sie es brauchen. Alles weitere sehen wir dann.“

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Brauchen werden sie es, denn die Lage am Bahnhof zeigt: Sie werden gebraucht. Nachdem nach kürzlich wieder eine Gruppe Geflüchteter am Bahnhof in der Lounge Unterschlupf für die Nacht fand, berichtet Orhan-Daibel, dass zwei Ukrainer irgendwann wach wurden. „Sie boten uns ihre Hilfe an“, so Orhan-Daibel. Einer der beiden habe zu ihrem Dolmetscher dann gesagt, „wir seien die Helden der Zeit , ,heroes of the times’, ... dabei möchten wir diese Zeiten nicht, wir möchten keine Helden sein. Wir möchten Frieden.“

Redaktion Redakteurin und Online-Koordinatorin der Mannheimer Lokalredaktion

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