Mannheim. „Schließt nicht unsere Schule“ oder „Wir sind sehbehindert. Wir sind wertvoll. Wir haben ein Recht auf unsere Schule“ steht auf den Plakaten, die Eltern und Kinder vor dem Ratssaal im Stadthaus N1 hochhalten. Die geplante Schließung der Käfertaler Albrecht-Dürer-Schule für Kinder mit Handicap beim Sehen war zwar nicht Thema der jüngsten Sitzung des Bildungsausschusses des Gemeinderats. Dennoch zeigte sich Bürgermeister Dirk Grunert (Grüne) gesprächsbereit mit den Demonstrierenden.
Die Stadt Mannheim muss sparen. Deshalb, aber auch wegen rückläufiger Schülerzahlen soll die Albrecht-Dürer-Schule geschlossen werden. Die Schülerinnen und Schüler des Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentrums (SBBZ) mit Förderschwerpunkt Sehen sollen künftig an die Schloss-Schule in Ilvesheim gehen. Dorthin wurden auch schon wegen rückläufiger Schülerzahlen die höheren Klassenstufen der Dürer-Schule verlagert.
Laut Beschlussvorlage vom 3. September zum Sparpaket der Stadtverwaltung können die frei werdenden Räumlichkeiten der Dürer-Schule dann genutzt werden, um die bestehenden Platzbedarfe anderer Schulen zu befriedigen, ohne einen kostenintensiven Um- oder Neubau durchzuführen.
Mutter zu Schließung der Albrecht-Dürer-Schule in Mannheim: „ein Schock“
Trotz des bereits erfolgten grundsätzlichen Beschlusses zum Sparpaket sehen die Fraktionen von SPD, FDP und LTK im Gemeinderat aber noch Beratungsbedarf. SPD und LTK haben inzwischen auch entsprechende Anträge gestellt. Auch die betroffenen Eltern sind nicht einverstanden. „Ich habe sehr gekämpft für einen Platz an der Albrecht-Dürer-Schule für meine Tochter“, erzählte Zahra Zeeni aus Käfertal.
Im Kindergarten und in der Regelschule sei ihre Tochter, die Schwierigkeiten mit der visuellen Wahrnehmung habe, schnell ausgeschlossen worden. In der Albrecht-Dürer-Schule habe die Zweitklässlerin endlich Freunde gefunden. Die geplante Schließung sei ein „Schock“ gewesen für die Eltern und die Kinder. „Deshalb stehen wir hier und kämpfen.“
Mannheimer Stadtverwaltung: Inklusions-Schüler werden weiter beschult
„Wir waren alle schockiert über den Beschluss, die Albrecht-Dürer-Schule zu schließen, da wir gar nichts wussten und vorher nicht informiert wurden“, erklärte der Elternbeiratsvorsitzende, Konstantin Rogalas, vor dem Ratssaal im Gespräch mit Bildungsbürgermeister Dirk Grunert (Grüne) und dem Leiter des Fachbereichs Bildung, Bernd Schmid-Ruhe. Rogalas erklärte: „Die geplante Schließung der Albrecht-Dürer-Schule ist ein Angriff auf die Bildung und Zukunft sehbehinderter Kinder.“
Bei ihrem Protest geht es laut Rogalas zudem nicht nur um die Kinder, die dort direkt beschult werden. Sondern auch um die rund 90 Schülerinnen und Schüler mit Sehbeeinträchtigung, die inklusiv am Unterricht in anderen Schulen teilnehmen und durch Fachkräfte des SBBZ unterstützt werden sowie um circa 30 Kinder, die im Krippen- und Kindergartenalter im Rahmen der Frühförderung durch das SBBZ betreut werden.
„Darum geht es uns nicht, sondern nur um die Verlagerung der direkt an der Albrecht-Dürer Schule beschulten Schüler nach Ilvesheim“, sagte Schmid-Ruhe den Eltern. Die 90 Kinder mit Seh-Handicap würden weiter inklusiv beschult. Bürgermeister Grunert räumte ein, das ganze Verfahren sei „schwierig gelaufen, ohne dass mit dem Elternbeirat gesprochen wurde und ohne zu klären, wie gehen wir mit den Eltern um“.
Zur geplanten „Verlagerung“ der Kinder nach Ilvesheim und Nutzung der Räume in der Dürer-Schule für andere Bedarfe erklärte der Bürgermeister: „Wir haben wirklich Druck in Mannheim und die Albrecht-Dürer-Schule wird immer kleiner.“
15 Kinder müssen laut Mannheimer Rathaus künftig nach Ilvesheim
Grunerts Dezernat teilte dem „MM“ zudem mit, an der Albrecht-Dürer-Schule würden aktuell 15 Kinder, davon acht aus Mannheim, in drei Klassen von fünf Lehrkräften beschult. Damit ist die Zahl noch niedriger als in der Beschlussvorlage für die Sparmaßnahmen aufgeführt. Die geplante Schließung sei im Vorfeld mit dem Staatlichen Schulamt besprochen worden, ebenso habe man die Leitung der Albrecht-Dürer-Schule vorab informiert.
Der Bürgermeister und Schmid-Ruhe signalisierten Gesprächsbereitschaft: „Wir werden so vorgehen, dass alle profitieren.“ In dem in den nächsten Monaten gemeinsam von Fachbereich Bildung und Staatlichem Schulamt durchgeführten regionalen Schulentwicklungsprozess sollen alle Beteiligten zu Wort kommen und mit ihrer Expertise sowie den Zuständigkeiten als sonderpädagogische Beratungsstelle den bestmöglichen Weg für eine optimale Lösung für die Verlagerung der vielfältigen Aktivitäten der Dürer-Schule an einen alternativen Standort erarbeiten.
Auf die Frage, ob die Kapazität ihrer Schule ausreicht zur Aufnahme der Kinder der Albrecht-Dürer-Schule, hatte Stephanie Liebers, Direktorin der Schloss-Schule Ilvesheim erklärt: „Als öffentliche Schule übernehmen wir immer dann Verantwortung für ein sonderpädagogisches Bildungsangebot in unseren Räumlichkeiten, wenn dies durch einen sogenannten Lernortbescheid eines Staatlichen Schulamtes Baden-Württemberg so festgestellt worden ist.“
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim_artikel,-mannheim-es-war-ein-schock-eltern-in-mannheim-protestieren-gegen-schliessung-der-duerer-schule-_arid,2336413.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim.html
[2] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/ilvesheim.html
[3] https://www.mannheimer-morgen.dehttps://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim_artikel,-mannheim-mannheimer-gemeinderat-beschliesst-nachtragshaushalt-mit-grosser-mehrheit-_arid,2335675.html
[4] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim/kaefertal.html