Mobilität

Erteilt Mannheim bald „Lizenzen“ für E-Scooter?

Gebühren für jeden E-Tretroller, strengere Auflagen und ein Bewerbungszwang für Anbieter: Mannheim plant ein neues Sondernutzungsrecht einzuführen. Was dahinter steckt und welche neuen Regeln für E-Scooter kommen könnten

Von 
Lisa Uhlmann
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Mannheim. Ein Drittel weniger E-Scooter in der Stadt, Gebühren und strenge Auflagen für Verleiher sowie feste Abstellzonen und Verteilerzonen: All das könnte bald möglich werden. Denn für den anstehenden Sicherheitsausschuss des Gemeinderats schlägt die Stadt nun vor, eine sogenannte Sondernutzung für E-Flitzer einzuführen. Soll heißen: Wer in Zukunft E-Scooter verleihen will, braucht dafür eine Erlaubnis von der Stadt. Wie die aussieht, was sich auf der Straße und bei Abstellplätzen ändert und wie die Stadt damit das Problem mit falschgeparkten E-Scootern in den Griff bekommen will - ein erster Überblick über die neuen Richtlinien der Stadt dazu.

Was ändert sich bei den Abstellzonen?

Künftig kann die Stadt zusätzlich feste Abstellflächen bestimmen und markieren. In einem Umkreis von 200 Metern lässt sich dann die Miete der Fahrzeuge nicht mehr beenden, sondern eben nur auf der markierten Fläche. Davon gibt es bereits drei in der Stadt, drei weitere sollen am Willy-Brandt-Platz, auf dem Lindenhofplatz und am Kaiserring entstehen. Außerdem könnte die Stadt künftig jederzeit die Abstellverbotszonen ändern oder anpassen, aber auch kurzfristig neue Zonen auf Zeit einrichten, etwa dann, wenn Versammlungen, Veranstaltungen oder Baumaßnahmen anstehen.

Wie viele Fahrzeuge soll es künftig in der Stadt geben?

Besonders im Fuß- und Radverkehr sorgen die E-Scooter laut Stadt für Konflikte. Deshalb soll die Anzahl der E-Scooter für Mannheim auf 2000 Stück begrenzt werden - das ist ein Drittel weniger als aktuell auf der Straße unterwegs sind, nämlich 3000 bis 3500 E-Scooter. Diese Obergrenze orientiert sich dabei an den Empfehlungen des VRN-Leitfadens, der die Zahl der Fahrzeuge an der Bevölkerungszahl der Kommune bemisst: Demnach soll es ein Fahrzeug auf je 150 bis 200 Personen geben. Um einen fairen Wettbewerb unter den Verleihern sicherzustellen, sollen künftig nur noch drei Anbieter ihre Flotte in Mannheim verleihen dürfen. Das Kontingent von 2000 Fahrzeugen wird unter ihnen aufgeteilt.

Wo genau sollen die E-Scooter verteilt werden?

Laut den neuen Richtlinien hat sich gezeigt: Vor allem in den weniger dicht mit dem ÖPNV erschlossenen Bereichen, den weniger dicht besiedelten Vororten, lohnt sich ein E-Scooter. Entsprechend sollen die Verleiher verpflichtet werden, alle bewohnten Gebiete Mannheims zu bedienen, sofern die nicht als Abstellverbotszone ausgewiesen sind. Um die Überfüllung von Stationen oder des öffentlichen Raumes zu vermeiden, müssen die Anbieter Roller bedarfsgerecht umverteilen. Im bisherigen Betrieb hat sich laut Stadt gezeigt, dass zentrale Stellen in der Innenstadt für die Verleiher wirtschaftlich attraktiv sind. Gleichzeitig gibt es dort durch die verkehrliche Dichte auch die meisten Flächenkonflikte. Da die Wege hier zur nächsten Haltestelle kurz sind, braucht es die E-Scooter dafür eigentlich nicht. Damit nicht einzelne Stadtteile durch geparkte Roller überlastet werden, hat die Stadt ein neues Zonenkonzept erarbeitet, das die Verteilung der Fahrzeuge steuern soll.

Wie sieht das neue Zonenkonzept aus?

Das Stadtgebiet wird in drei Zonen eingeteilt: Das Gebiet eins umfasst das Zentrum und die Innenstadt. Darunter fallen auch der Jungbusch, sowie die nordwestlichen Bereiche der Schwetzingerstadt und Oststadt bis zu einer Linie, die von der Traitteur-, Otto-Beck und Ludwig-Ratzel-Straße markiert wird. In diesem Bereich dürfen maximal 25 Prozent der Gesamtflotte bereitgestellt werden. Der Grund: Hier sind Flächenkonkurrenz und -nutzung besonders groß und intensiv. Gleichzeitig ist der öffentliche Nahverkehr sehr gut.

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Das zweite Gebiet beschreibt die „Kernstadt“: Damit sind die Stadtteile Neckarstadt-West, Luzenberg, Herzogenried, Neckarstadt-Nordost, Neckarstadt-Ost, Wohlgelegen, Neuostheim, Neuhermsheim, Lindenhof, Almenhof, Niederfeld, Neckarau gemeint. Hier dürfen maximal 40 Prozent der Flotte stehen. Gründe sind die weitgehend dichte Besiedlung und „eine erhebliche Flächenkonkurrenz. Das dritte Gebiet umfasst die Vororte: Hier gibt es keine Begrenzung. Denn laut Stadt ist hier wegen des dünneren ÖPNV-Netzes der verkehrliche Nutzen der E-Scooter für die letzte Meile im Umweltverbund am höchsten.

Welche neuen Regeln kommen für Anbieter?

Zunächst müssen sich alle Anbieter neu bei der Stadt um eine Sondernutzungserlaubnis bewerben. In einem transparenten Verfahren für einen Zeitraum bis Ende 2025 erhalten drei Anbieter die Erlaubnis. Sie müssen eine Gebühr von sechs Euro pro Fahrzeug und Monat bezahlen - damit sie den öffentlichen Raum für den Verleihdienst nutzen dürfen. Außerdem müssen sie sich verpflichten, bei Beschwerden oder behördlichen Meldungen an allen Betriebstagen tagsüber binnen vier Stunden zu reagieren. Das schließt auch das Entfernen oder Umverteilen mit ein. Die Verleiher müssen sicherstellen, dass die Scooter nicht fahrlässig benutzt werden, und die Nutzenden bei wiederholten Verstößen mit Strafen belegen. Dazu gehört etwa das Fahren auf Gehwegen, unter Alkohol- oder Drogeneinfluss, zu zweit oder mit übermäßigem Gepäck sowie anderes gefährliches und behinderndes Verhalten.

Wie überprüft die Stadt, dass sich Anbieter an die Regeln halten?

Per digitalem Dashboard sollen alle Geo-Daten der Anbieter in Echtzeit abrufbar sein, damit die Position von jedem E-Scooter sich live überprüfen lässt. Die drei Anbieter müssen dafür die Anzahl ihrer Fahrzeuge pro Tag melden sowie die durchschnittlichen Mietvorgänge im Tagesverlauf/am Wochentag/im Monats- mittel. Außerdem die Gesamtanzahl der Fahrten pro Tag, die durchschnittliche Fahrtlänge und -dauer pro Tag/pro Mietvorgang.

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Einblicke soll es auch auf die Kundschaft geben: Wer sich registriert und wie aktiv ist. Auch eine räumliche Analyse von Start- und Endpunkten der Mietvorgänge sowie die Standorte der „Hubs“. Kurz gesagt: Eine komplette Karte über die alle Fahrten samt Eckdaten.

Welche Folgen drohen, wenn Anbieter sich nicht an die Regeln halten?

Im schlimmsten Fall kann die Stadt die erteilte Erlaubnis auch wieder entziehen. Zudem soll die ausgestellte Erlaubnis nur für ein Jahr gelten.

Bleibt das Free-Floating-Modell?

Grundsätzlich ja. Trotzdem sollen die E-Scooter künftig in den ÖPNV eingebunden werden und an Multistationen abgestellt oder gemietet werden können, wie es sie bereits als Testzonen in Mannheim gibt. Um die Anbietenden im Betrieb ihres Angebots nicht über Gebühr einzuschränken, soll mit einem hybriden System gearbeitet werden. Soll heißen: Der Free-Floating-Betrieb ist weiterhin möglich. Allerdings kann die Stadt ihn mit Abstellverbotszonen und festen Parkplätzen einschränken. Mit diesem hybriden System will die Stadt nach Bedarf an besonders stark verdichteten oder konfliktbehafteten Stellen zur besseren Verknüpfung mit dem ÖPNV feste Stationen einrichten, während andere Bereiche nach dem Free-Floating-Konzept so weiterlaufen sollen.

Wer kümmert sich um falsch geparkte Scooter?

Künftig müssen erneut die Anbieter für ein korrektes Parken sorgen. Das soll mit technischen Mitteln und Kontrollen im öffentlichen Raum durch die Verleiher selbst sowie weiterhin durch den Ordnungsdienst überprüft werden. Ist ein E-Scooter nicht mehr betriebsfähig oder verkehrssicher, muss der Verleiher diesen automatisch binnen sechs Stunden entfernen. Wird der E-Scooter drei Tage am Stück nicht ausgeliehen, muss er entweder entfernt oder umgestellt werden. Die Verleiher müssen per App anbieten, dass Nutzende ein Beweisfoto vom Abstellort schießen müssen, um die Ausleihe zu beenden.

Redaktion Seit 2018 als Polizeireporterin für Mannheim in der Lokalredaktion.

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