Umwelt - Universität Mannheim veranstaltet erstes „Sustainability Festival“ / Studentische Initiativen stellen sich vor / Offenes Plenum zum Thema

Erstes „Sustainability Festival" der Uni Mannheim - Nachhaltigkeit für alle

Von 
Sebastian Engelland
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Auf der Wiese beim ersten Mannheimer „Sustainability Festival“ trifft man sich, vernetzt sich, tauscht sich aus – und informiert sich an den Ständen. © Christoph Blüthner

Ontje Rath überblickt die Mensawiese seiner Uni. Im Hintergrund laufen Beats, wie man sie auch auf Ibiza vermuten könnte. Teils barfuß queren die vielen Studierenden das Grün. Die Mensawiese ist an diesem Freitagnachmittag ein Ort der Begegnung zwischen der hemdtragenden BWL-Studentin und dem legeren Klimaaktivist.

Quer über die Wiese und am Rand des gepflasterten Weges verteilt, gibt es Stände von studentischen Initiativen, von Bewegungen wie Fridays for Future, von Start-ups und von regionalen Essensanbietern. Es gibt außerdem zahlreiche Grußworte von Akteuren aus Mannheim, zudem eine Vorstellung des Kursangebots der Uni zu Nachhaltigkeit und ein offenes Plenum zum Thema.

„Abstrakter Begriff“

„Nachhaltigkeit ist für mich ein ziemlich abstrakter Begriff, nicht wirklich greifbar“, so Rath. Der 21-jährige VWL-Student ist heute zum erstmalig von der Universität Mannheim ausgetragenen „Sustainability Festival“, dem Nachhaltigkeits-Festival, erschienen, um sich Orientierung einzuholen. Das Wort „Nachhaltigkeit“ ist über 300 Jahre alt und entstammt der Forstwirtschaft: Eine nachhaltige Waldwirtschaft, das sei laut Hans Carl von Carlowitz, der zwischen dem 17. und dem 18. Jahrhundert über die Wälder von Freiberg in Sachsen wachte, eine Waldwirtschaft, die nur so viel Wald abholze, wie auch in absehbarer Zeit nachwachse.

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Drei Jahrhunderte später nun ist der Begriff „Nachhaltigkeit“ auf viele Bereiche unseres Lebens umgemünzt worden – und präsent wie noch nie. Mittlerweile ist die Bedeutung des Begriffs „Nachhaltigkeit“ viel stärker mit der Schonung der endlichen Ressourcen unserer Erde und dem Aufhalten der globalen Erderwärmung verbunden. Auch Vertreter des Mannheimer Ablegers der Bewegung Fridays for Future (FFF) sind der Einladung seitens der Universität an diesem Nachmittag gefolgt. Jonas Gunkel ist Teil der Bewegung. „Wir haben es durchaus geschafft, in den vergangenen Jahren viele Menschen zu erreichen“, so der Wirtschaftsinformatik-Student. Gleichzeitig seien aber „radikale Maßnahmen“ notwendig, um den Klimawandel aufzuhalten. Vielerorts sei die Politik zu langsam, aber auch die Bürokratie wirke lähmend.

Bis ein Windrad steht, dauert es in Deutschland vier bis fünf Jahre, oftmals wird gegen den Bau von Windkraftwerken geklagt, was zu weiteren Verzögerungen führt. Überdies hatte die Stadt vor einigen Jahren geplant, im Käfertaler Wald Windräder aufzustellen. Das Projekt liegt jedoch, auch aufgrund der vielen Proteste der Anwohner, vorerst auf Eis. Oberbürgermeister Peter Kurz hat das Problem erkannt. „Wir müssen die uns selbst gesteckten Ziele ernst nehmen.“ Davor gelte es jedoch, alle mit ins Boot zu holen. „Es reicht nicht, wenn nur 80 Prozent der Einwohnerinnen und Einwohner die Dringlichkeit des Handlungsbedarfs erkennen, alle müssen mitmachen!“, so Kurz. Indes wurde Mannheim Ende vergangenen Monats von der EU-Kommission als eine von 100 Modellstädten in Europa ausgewählt, die bis 2030 klimaneutral wollen werden.

Derweil ist das Studierendenwerk Mannheim nach eigenen Angaben das erste deutsche klimaneutrale Studierendenwerk. Mit Unterstützung durch die Umweltberatung Green Vision Solutions. „Das Marktpotenzial für den umweltfreundlichen Wandel in der Wirtschaft ist enorm“, erklärt Jan Bleil, Mitgründer von Green Vision Solutions. „Durch Bewegungen wie Fridays for Future ist vielen klar geworden, dass sich in unserer Art zu wirtschaften etwas wandeln muss.“ Um diesen Wandel zu vollziehen, braucht es allerdings Daten. Thomas Puhl, Rektor der Universität Mannheim, meint: „Ich muss wissen, wie groß mein CO2-Fußabdruck ist. Nur durch Informationen kann ich versuchen, mein Verhalten anzupassen und meinen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten.“ Zusätzlich seien es die „Lächerlichkeiten“, wie etwa das Rasieren mit kaltem Wasser, die das Bewusstsein für mehr Umweltschutz stärkten. Mehr Nachhaltigkeit, das gehe nur Schritt für Schritt durch das Ablegen umweltverschmutzender und unnachhaltiger Gewohnheiten. Gleichermaßen habe jede und jeder einzelne selbst in der Hand, mithilfe des Wahlzettels und durch Kaufentscheidungen Politik und Wirtschaft zu signalisieren, wie wichtig der schonende Umgang mit unseren Ressourcen, auch mit Blick auf nachkommende Generationen, ist. Die Politik sei in der Pflicht, Anreize zu schaffen, die nachhaltiges Handeln fördern.

Auch Ontje Rath ist sich dessen bewusst und möchte einen Beitrag leisten. Er hat im Sommer geplant, mit dem Zug durch Europa zu reisen. „Es gibt noch vier Tage 50 Prozent Rabatt auf Interrail-Tickets. Ich glaube, das Angebot werde ich mir nicht entgehen lassen.“

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